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Der Wolkenpavillon

Der Wolkenpavillon

Titel: Der Wolkenpavillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
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packte, dass er sich beinahe zu etwas Unbedachtem hätte hinreißen lassen. »Wollt Ihr Euch in den Hundezwingern verbarrikadieren?«
    »Genau so ist es«, erwiderte Nanbu. »Wenn Ihr versucht, an mich heranzukommen, dann habt Ihr ein Problem.«
    »Ihr könnt Euch nicht ewig hinter den Hunden verstecken«, sagte Sano.
    Nanbus Antwort bestand darin, dass er Sano und dessen Leuten das Tor vor der Nase zuschlug. Sano, Marume und Fukida tauschten einen Blick, aus dem hilfloser Zorn sprach. »Ich würde sagen, das ist nicht ganz so gut gelaufen, wie wir es uns erhofft hatten«, murmelte Marume.
    »Immerhin haben wir eines erfahren«, sagte Sano. »Nanbu hat etwas zu verbergen.«
    »Ein Muttermal oder ein Geschwür?«, fragte Fukida.
    »Das weiß ich nicht. Aber ich bin sicher, dass er mindestens eine der Frauen vergewaltigt hat. Und ich werde herausfinden, welche.«
    »Und wenn Ihr recht habt, Sano -san ?«, fragte Marume. »Wie sollen wir an den Kerl herankommen?«
    Sano wandte sich an drei seiner Begleitsoldaten. »Ihr bleibt hier und behaltet Nanbu im Auge. Sobald er aus dem Zwinger kommt, verhaftet Ihr ihn. Er wird nicht ungestraft davonkommen!«

29.

    Masahiro wollte ein braver Junge sein.
    Beim Frühstück und später beim Unterricht mit einem seiner Lehrer war er aufmerksam und artig. Dass die Soldaten seines Vaters ihn bewachten wie einen Häftling im Gefängnis, nahm er wie ein Mann, denn er wollte seine Eltern davon überzeugen, dass er seine Lektion gelernt hatte. Bestimmt würden sie sich bei seinem Lehrer und den Soldaten erkundigen, ob er artig gewesen war.
    Nun aber, als der Lehrer ihn auf Fehler bei der Lösung der Rechenaufgaben aufmerksam machte, stöhnte Masahiro genervt. Was für eine Quälerei, im Haus eingesperrt zu sein und sich mit Lehrern abplagen zu müssen! Hätte Toda ihn gestern doch bloß nicht erwischt, als er Yanagisawa und die drei Frauen bespitzelt hatte! Hätte er doch nur etwas Wichtiges herausgefunden, sodass seine Eltern ihm verziehen hätten! Wenn er ihnen doch nur helfen könnte, anstatt herumzusitzen und nichts zu tun!
    Dann endlich war die Rechenstunde zu Ende, und Masahiros Lehrer verschwand. Masahiro fragte sich seufzend, wie er die Zeit totschlagen konnte, als er auf seinen Lehrer für Lesen wartete. Der wachhabende Soldat an diesem Morgen war ein junger Samurai namens Hayashi, der so gelangweilt und unausgefüllt dreinschaute, wie Masahiro sich fühlte.
    »Wie wäre es, wenn wir draußen ein bisschen Ball spielen?«, schlug Hayashi vor. »Ich werde Euren Eltern auch nichts davon erzählen.«
    »Ja, gern!«, erwiderte Masahiro.
    Die Worte waren ihm herausgerutscht, bevor er darüber nachgedacht hatte. Aber jetzt konnte er keinen Rückzieher mehr machen, schließlich wollte er Hayashi nicht enttäuschen. Zumindest redete Masahiro sich das ein, als er dem jungen Soldaten nach draußen folgte.
    Der Himmel war grau, der Tag warm und feucht. Masahiro rannte durch den Garten und genoss die kühle Nässe, die durch seine Sandalen bis in die Strümpfe stieg. Übermütig schlug er nach dem Laub an den niedrig hängenden Ästen der Bäume und lachte auf, als Regentropfen auf ihn herunterprasselten. Ein vielleicht dreizehnjähriger Gärtnergehilfe stand auf einer Leiter, die an der Mauer um Sanos Anwesen lehnte. Der Junge hatte seinen kurzen blauen Kimono ausgezogen und den Strohhut abgesetzt; beides lag auf einem Felsen in der Nähe der Leiter. Nur mit einem Lendenschurz bekleidet, beschnitt der Junge eine Pinie.
    Hayashi und Masahiro warfen sich einen Ball zu, als zwei junge hübsche Dienstmädchen aus der Villa kamen. Sie warfen Hayashi kokette Blicke zu und kicherten. Sofort ließ Hayashi den Ball fallen und ging zu ihnen, um mit ihnen herumzuschäkern. Masahiro stand allein da. Er beobachtete, wie der Gärtnergehilfe von der Leiter stieg und verschwand, um irgendetwas zu besorgen. Die Leiter und die Kleidungsstücke bleiben unbewacht zurück. Masahiros Herz schlug schneller, als er zu der Leiter ging.
    Es würde doch großen Spaß machen, so hoch hinaufzuklettern.
    Ohne genau zu wissen, warum, schnappte er sich die Sachen des Gärtnergehilfen und klemmte sie sich unter den Arm. Dann stieg er die Leiter hinauf. Bald war er zwischen den Ästen der Pinie verschwunden und von unten aus dem Garten nicht mehr zu sehen. Als Masahiro das Ende der Leiter erreichte, legte er die Sachen des Gärtnergehilfen auf die Mauerkrone. Ob er wohl einen Blick über die Mauer werfen konnte? Masahiro

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