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Der Wolkenpavillon

Der Wolkenpavillon

Titel: Der Wolkenpavillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
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trugen hohe Lederstiefel, in die sie die Hose hineingesteckt hatten. Ihr Grinsen ließ erkennen, dass sie die Hunde nicht zum ersten Mal auf Besucher gehetzt hatten und dass es ihnen Spaß machte, das Spektakel zu beobachten.
    »Ich grüße Euch«, sagte der Anführer zu Sano. Er war Mitte vierzig, ein kleiner, stämmiger Mann mit ergrauendem Haar. Er warf sich in die Brust, um den Eindruck von Kraft und Entschlossenheit zu vermitteln, was er noch unterstrich, indem er ein wenig breitbeinig ging und die Arme leicht vom Körper abspreizte. Seine Augen unter den buschigen Brauen funkelten verschlagen und angriffslustig. Seine Lippen waren wulstig, seine Wangen schlaff. Er streichelte den Hunden über den Kopf und grinste Sano an. »Die haben Euch ganz schön Angst eingejagt, was?«
    Sano fand den Mann sofort unsympathisch. »Nanbu Basai, nehme ich an?«
    »Der bin ich. Und mit wem habe ich die ...?« Nanbu blickte bestürzt drein, als er Sano erkannte. »Ehrenwerter Kammerherr! Wenn ich gewusst hätte, dass Ihr es seid, hätte ich die Hunde nicht auf Euch gehetzt. Ich bitte tausendmal um Vergebung.«
    »Und wer hat jetzt Angst?«, spöttelte Marume.
    Nanbu verbeugte sich. Seine drei Begleiter - sie waren jünger als er, sahen aber ebenfalls so aus, als wäre mit ihnen nicht gut Kirschen essen - taten es ihm gleich.
    »Willkommen in meinem bescheidenen Zuhause«, sagte Nanbu. Obwohl er sich bemühte, freundlich zu klingen, schwang in seiner Stimme Verbitterung mit. Zwar wurde er in seinem Amt gut bezahlt, und es brachte ihm die Achtung des Shōgun ein, aber es hatte auch seine Schattenseiten: Wahrscheinlich bekam Nanbu niemals den Gestank der Zwinger aus der Nase; außerdem war er der oberste Hundefänger des Shōgun, was bedeutete, dass er und seine Helfer die Straßen von Edo durchstreifen mussten, um Streuner einzufangen. Zwar untersagte das Gesetz, sich über die Hundefänger lustig zu machen, aber es wurde kaum beachtet. Doch Sanos Mitleid mit Nanbu hielt sich in Grenzen. Möglicherweise war dieser Mann für die Entführung und Vergewaltigung Chiyos verantwortlich.
    »Darf ich fragen, was Euch hierher führt?«, sagte Nanbu. »Braucht Ihr Wachhunde?«
    »Nennt Ihr sie so?« Sano beäugte die Tiere misstrauisch.
    »Oh ja. Sie sind sehr tüchtig, nicht wahr? Immerhin haben sie Euch in die Enge getrieben«, sagte Nanbu. »Ich richte die Hunde ab und verkaufe sie dann. Fürst Kii und viele andere daimyo haben Hunde von mir auf ihrem Anwesen. Die Tiere fressen Unmengen an Futter. Da können sie sich ebenso gut nützlich machen.«
    »Ich brauche keinen Wachhund«, sagte Sano. »Ich möchte mit Euch reden.«
    »Mit mir?« Nanbu tippte sich an die breite Brust. »Was verschafft mir die Ehre?«
    Allem Anschein nach war er ehrlich überrascht und fühlte sich geehrt, dass der Kammerherr mit ihm sprechen wollte.
    »Wir haben gemeinsame Bekannte«, antwortete Sano.
    »Ach? Darf ich fragen, wer das sein soll?«
    »Jinshichi und Gombei.«
    Nanbu runzelte verwirrt die Stirn. »Tut mir leid, aber diese Namen kommen mir nicht bekannt vor.«
    Sano glaubte ihm kein Wort. Er war überzeugt davon, dass Nanbu die beiden Ochsenkarrenfahrer sehr wohl kannte. »Der Besitzer des Teehauses ›Zur Trommel‹ hat mir etwas anderes erzählt.«
    »›Zur Trommel‹?« Nanbu dachte nach. Sano konnte nicht erkennen, ob er tatsächlich in seinem Gedächtnis kramte oder ob er darüber nachdachte, welche Lektion er dem Besitzer des Teehauses erteilen sollte, weil dieser geplaudert hatte. »Da muss er sich irren. Ich bin nie dort gewesen.«
    »Er hat mir gesagt, dass Jinshichi und Gombei für Euch arbeiten.«
    Nanbu zuckte unbeeindruckt mit den Schultern. »Dann muss er mich mit jemandem verwechseln.«
    »Das glaube ich nicht«, entgegnete Sano. »Ich glaube vielmehr, Ihr habt Jinshichi und Gombei beauftragt, die Frauen zu entführen und zu Euch zu bringen, damit Ihr sie vergewaltigen könnt.«
    »Mit Verlaub, da irrt Ihr Euch!« Nanbu starrte Sano mit einem entsetzten Ausdruck an, dann dämmerte es ihm allmählich, und er fuhr gekränkt fort. »Ich habe schon davon gehört, dass Eure Cousine und ein paar andere Frauen entführt worden sind und dass Ihr herauszufinden versucht, wer das getan hat. Und jetzt wollt Ihr es mir in die Schuhe schieben?«
    Nanbus Gehilfen zogen eine finstere Miene. Ihre Hunde spürten die plötzliche, gegen Sano gerichtete Feindseligkeit. Sie knurrten und kläfften angriffslustig.
    »Bei allem gebotenen Respekt, ehrenwerter

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