Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wunschtraummann

Der Wunschtraummann

Titel: Der Wunschtraummann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Potter
Vom Netzwerk:
habe keine Lust auf irgendwas von diesen Sachen.«
    Schockiert von diesem heftigen Ausbruch muss ich mich selbst erst wieder sammeln. Ich und meine große Klappe. Warum musste ich wieder so damit herausplatzen? Ich schaue Seb an, und plötzlich tut er mir leid. Er weiß gar nicht, wie ihm geschieht. »Tut mir leid … ich wollte dich nicht so anfahren …« Von Schuldgefühlen geplagt, versuche ich zu erklären. »Sieh mal, es ist so …«
    »Ist das wegen unseres Snowboardtrips?«
    »Was? Nein! «
    »Du brauchst dir nämlich keine Sorgen zu machen, weil wir früher abreisen mussten. Ich habe uns beiden Saisonkarten besorgt!«
    O Gott. Starr vor Entsetzen stiere ich ihn an. Ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll. Aber gleichzeitig weiß ich, dass ich irgendwas sagen muss. Und zwar nicht nur zum Snowboarden, sondern zu dieser ganzen Sache, wie mir nun schlagartig aufgeht. Ich nehme all meinen Mut zusammen und überlege, wie ich ihm das sagen, wie ich es ihm erklären soll. Er wirkt so selbstzufrieden, dass ich gar nicht weiß, wie ich ihm das schonend beibringen soll.
    Also muss ich ihm wohl einfach reinen Wein einschenken.
    »Seb, ich hasse Snowboarden.«
    »Was?« Er runzelt die Stirn, als hätte er sich verhört.
    »Und scharfes Essen. Ich kann das Zeug nicht ausstehen. Könnte sogar sein, dass ich gegen Chilis allergisch bin.«
    »Aber das verstehe ich nicht. Du sagtest doch, du magst scharfes Essen – du hast mir gesagt, du magst beides.« Seb schüttelt den Kopf, als hätte er Wasser in den Ohren.
    »Und ich mag auch keine Science-Fiction-Filme.«
    »Nicht?«
    Ich schüttele den Kopf. »Nein, ehrlich gesagt, finde ich die langweilig. Nein, das stimmt nicht ganz. Ehrlich gesagt, finde ich sie todsterbens langweilig. Diese albernen Kostüme und die Raumschiffe, die aussehen wie aus einer Spüliflasche gebastelte Attrappen aus einer Kindersendung …«
    Jetzt, wo ich einmal angefangen habe, kann ich gar nicht mehr aufhören. Es kommt mir vor, als gebe es irgendwo in mir einen klitzekleinen, vollgestopften Raum, in dem ich mein wahres Ich versteckt und in den vergangenen Wochen all meine wahren Gefühle verstaut habe, in der Hoffnung, sie würden verschwinden. Und dort habe ich meine Meinungen und Gedanken bis unter die Decke gestapelt, so hoch, bis überhaupt kein Platz mehr da war. Und nun hat jemand die Tür aufgemacht, und alles fällt heraus wie eine unaufhaltsame Springflut.
    »Und was die sexy Dessous angeht«, sage ich und verdrehe die Augen, »normalerweise trage ich nie solche Wäsche, die ist mir viel zu unbequem.«
    »Unbequem?« Er wirkt völlig perplex, als wäre er nie im Leben auf einen solchen Gedanken gekommen.
    Ich nicke. »Tangas schneiden einem in die Du-weißt-schon-was, und diesen nippelfreien BH habe ich nur einmal getragen, und der hat so was von gescheuert …«
    »Aber ich dachte, du trägst so was gerne«, sagt er und guckt verwirrt auf die Agent-Provocateur-Tüte, die unbeachtet auf dem Küchentisch steht.
    »Ich wollte ja, dass du das glaubst«, gestehe ich. »Ich meine, würdest du gerne Zahnseide statt Unterhosen tragen?«
    Diese alberne Bemerkung soll ihn eigentlich etwas aufheitern, aber das misslingt gründlich. Seb fährt sich mit den Fingern durch die Haare und schaut mich verwirrt an. »Das ist doch alles völlig verrückt – du bist völlig verrückt.« Er wendet sich von mir ab und setzt sich wie betäubt auf das Sofa.
    »Hör zu, es tut mir leid, das ist meine Schuld, es ist alles meine Schuld …« Ich unterbreche mich und starre angestrengt auf den Linoleumboden in der Küche. Ich fühle mich schrecklich, aber gleichzeitig weiß ich, dass ich das erste Mal seit Langem ausgesprochen habe, was ich wirklich denke. Ich schlucke schwer und schaue ihn an. »Ich glaube, wir sollten uns trennen.«
    »Uns trennen?«, ruft Seb entgeistert, und sein Blick flackert über mich wie ein Stroboskop. »Aber warum denn? Wir haben uns doch so gut verstanden, wir mögen dieselben Sachen …«
    »Nein, tun wir nicht. Verstehst du das nicht? Das versuche ich dir doch die ganze Zeit zu erklären. Wir mögen nicht dieselben Dinge, Seb. Ich habe bloß so getan, damit du mich magst.«
    Verwirrt schaut er mich an und kann anscheinend nicht begreifen, was ich da sage. Wie auch? Wie soll er auch nur ansatzweise verstehen, dass wir schon mal ein Paar waren und er sich von mir getrennt hat und wir jetzt ein zweites Mal zusammengekommen sind und ich alles anders machen wollte, in der Hoffnung, es

Weitere Kostenlose Bücher