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Der Wunschtraummann

Der Wunschtraummann

Titel: Der Wunschtraummann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Potter
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ordentlich auf Trab?« Mit fiesen kleinen Knopfaugen mustert sie meinen Schreibtisch, während sie mit ihren Hush Puppies vorbeigeht. Jemand meinte mal zu mir, die trüge sie, weil man die Kreppsohlen auf dem Teppich nicht hört und sie sich so immer heimlich von hinten anschleichen kann.
    »Ja, genau«, entgegne ich fröhlich. »Ich kümmere mich gerade um sein Visum für Indien«, füge ich hinzu, als mir der Klebezettel am Computer ins Auge fällt. Mist. Darum muss ich mich wirklich ganz dringend kümmern, das darf ich auf keinen Fall vergessen.
    »Nun, sorgen Sie dafür, dass alles reibungslos abläuft, schließlich wird das seine letzte Reise als Firmenchef. Bald bekommen Sie einen neuen Boss …« Sie lächelt vielsagend, und der knallrote Lippenstift wirkt wie eine klaffende Wunde in ihrem blassen Gesicht: Sie trägt immer so viel helles Make-up und roten Lippenstift, dass ihr Gesicht aussieht wie eine japanische Kabuki-Maske. »Dann wird sich hier eine Menge ändern …«
    »Und was wird sich Ihrer Meinung nach ändern?«, fragt Sir Richard, der gerade den Kopf mit den zerstrubbelten Haaren aus der Bürotür steckt. Neben seinen neuen grünen Grundsätzen ist er zudem zu der Überzeugung gelangt, das Unternehmen müsse »Barrieren niederreißen und alte Hierarchien über Bord werfen«, weshalb er erst kürzlich sein Büro zu uns ins Erdgeschoss verlegt hat. Die meisten anderen Führungskräfte fanden das eine »tolle Idee«, nur um sich dann umso fester in ihren schicken, großzügigen Eckbüros in den oberen Stockwerken einzunisten. Einschließlich Wendy, die gehört wurde, wie sie Sir Richard einen alten Hippie nannte und kreischte: »Nur über meine Leiche!« Was sich im Nachhinein leider als leere Drohung entpuppte.
    Verdattert angesichts seines unverhofften Erscheinens klappt Wendy den Mund auf und zu wie ein Goldfisch. »Ah, Sir Richard, ich wusste gar nicht, dass Sie heute im Haus sind«, stammelt sie.
    Manche Leute brauchen eben ein Weilchen, sich daran zu gewöhnen, dass der Chef jetzt im Erdgeschoss sitzt.
    »Warum sollte ich denn nicht im Haus sein? Schließlich führe ich die Geschäfte hier«, sagt er in einem schneidenden Tonfall. So habe ich ihn ja noch nie gehört. In seinem glänzenden braunen Anzug, der heute noch zerknitterter wirkt als sonst, kommt er aus dem Büro und mustert Wendy kritisch.
    »Nun ja, natürlich, natürlich«, murmelt sie sichtlich betreten. »Ich meinte die großen Veränderungen, die nötig sein werden, um den Verlust Ihres Fachwissens und Ihrer Führungsstärke auszugleichen …« Sie schluckt schwer und blinzelt hektisch mit den kleinen Knopfaugen. »Und … ähm, Ihrer wertvollen Erfahrung, Sir. «
    »Wirklich?« Sir Richard zieht eine seiner buschigen Augenbrauen hoch. »Nun, in dem Fall wird es sicher schwierig, einen geeigneten Nachfolger zu finden, meinen Sie nicht?«
    »Nun, ich bin mir sicher, ich … ich meine, wer auch immer der erfolgreiche Bewerber ist, er muss ganz sicher überragende Qualifikationen aufweisen können …« Und damit richtet sie sich zu ihrer vollen Körpergröße von etwas über eins sechzig auf, reckt das Kinn und wirft sich in Positur, als müsse sie allein dadurch schon überragend wirken. So hat sie auch für das Foto in der Firmenbroschüre posiert. Angeblich hat sie sich die Pose bei Hillary Clinton abgeschaut.
    »Allerdings«, murmelt Sir Richard. Ehrlich gesagt wirkt er nicht sonderlich beeindruckt.
    Mein Blick geht zu Wendy, die noch immer mit rausgestreckter Brust stocksteif dasteht, und irgendwie tut sie mir fast ein bisschen leid. Sie hält sich selbst für eine herausragende Managerin – und merkt gar nicht, dass die anderen in ihr eher eine traurige Gestalt sehen.
    Aber Wendy bekommt von alledem nichts mit, und in der fälschlichen Annahme, einen guten Eindruck hinterlassen zu haben, versucht sie jetzt, ein bisschen lockeren Smalltalk zu machen. »Haben Sie schon Pläne, wenn Sie in Rente gehen? Sicher haben Sie und Lady Blackstock eine Menge vor.«
    Als sie seine Frau erwähnt, wirkt Sir Richard plötzlich befangen und versucht, die Haare auf seiner überkämmten Glatze glattzustreichen. Doch es wehrt sich wie ein aufsässiger Teenager und richtet sich gleich wieder auf. »Nun … ähm, ich weiß nicht«, brummt er verlegen.
    »Sie sollten eine Kreuzfahrt machen, eine Weltreise«, johlt Kym begeistert. Sie hat die ganze Zeit mit gespitzten Ohren zugehört. »Haben meine Oma und mein Opa auch gemacht, als er damals bei der

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