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Der Wunschzettel - Be Careful What You Wish For

Titel: Der Wunschzettel - Be Careful What You Wish For Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Potter
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ihm?«
    Ich wappne mich innerlich.
    »Die Operation ist gut verlaufen …«
    Wie eine Ertrinkende schnappe ich nach Luft, während mich eine Woge der Erleichterung erfasst.
    »Wir mussten eine Angioplastie vornehmen, um die Blockade in der Koronararterie zu beseitigen …«
    Rosemary faltet die Hände unter dem Kinn, als bete sie.
    »… was völlig normal in einer solchen Situation ist«, fährt der Chirurg mit seiner tiefen, beruhigenden Stimme fort. »Wir haben ein EKG und einige andere Untersuchungen gemacht, um die Diagnose zu bestätigen. Im Moment ist er sediert und schläft.«
    Ich stehe stocksteif da, wie betäubt vom Schock über alles, was um mich herum passiert. Ganz im Gegensatz zu Rosemary, die zusammenbricht und hysterisch zu schluchzen anfängt. »Oh, danke, Doktor. Danke, danke …«
    Der Chirurg sieht mich an. Mir ist klar, dass er von mir erwartet, dass ich sie tröste, doch ich rühre mich nicht vom Fleck - ich kann nicht. Ich habe noch nie eine emotionale Regung an Rosemary beobachtet und starre sie mit ausdrucksloser Miene an.
    Verlegene Stille breitet sich aus.
    »Ich weiß, dass es ein enormer Schock war …« Der Chirurg legt Rosemary den Arm um die Schultern und schiebt sie behutsam zum Stuhl, ehe er einer Schwester ein Zeichen gibt. »… und ich weiß auch, dass es schwer für Sie ist, aber Sie müssen versuchen, stark zu sein. Ich fürchte, ich muss Sie warnen, dass Ihr Mann noch nicht endgültig über den Berg ist. Die ersten 48 Stunden nach einem Infarkt sind kritisch, und Sie müssen jetzt für ihn da sein.«
    Die Schwester kommt herüber. Er bedeutet ihr, seinen Platz einzunehmen, worauf sie sich vor Rosemary hinkniet, ihr ein paar Papiertaschentücher reicht und sie mit mitfühlenden Worten tröstet.
    »Miss Hamilton?« Die grauen Augen des Chirurgen suchen meinen Blick, und einen Moment lang denke ich, dass er mein Verhalten verurteilt. Doch dann lächelt er freundlich. »Möchten Sie gern Ihren Vater sehen?«, fragt er, und mir wird klar, dass ich die Einzige hier bin, die mein Verhalten in Frage stellt.
     
    Bis auf das leise Piepsen des Überwachungsmonitors ist es still im Zimmer, das mir nach der Nüchternheit des Korridors seltsam beruhigend vorkommt. In der Ecke steht das Bett inmitten einer Ansammlung von Geräten und Monitoren mit zahllosen Kabeln, Schläuchen und Infusionen, die meinen Vater am Leben erhalten.
    Leise trete ich ans Bett und blicke auf sein aschgraues Gesicht hinunter. Meine Beine geben nach, so dass ich mich an der Metallstange des Bettes festhalten muss.
    Dieser Mann da ist nicht mein Dad. Mein Dad ist ein Riese von einem Mann, der Ed und mich als Kinder gleichzeitig hochheben und herumwirbeln konnte, bis wir um Gnade winselten. Der mich stets mit einer so kräftigen Umarmung begrüßt, dass meine Rippen zu brechen drohen. Der Essen, Kunst und das Leben mit glühender Leidenschaft liebt. Der mich vom Moment meiner Geburt an in eine Decke bedingungsloser Liebe gehüllt hat, die mir ein Gefühl von Sicherheit und Schutz vermittelt.
    Hier in diesem Bett hingegen liegt eine blasse, geschrumpfte Gestalt, deren Brust sich langsam hebt und senkt. All seine Kraft ist aus ihm gewichen. Er sieht schwach, verletzlich, zerbrechlich aus. »Ich bin hier, Dad«, flüstere ich, lege meine Finger um seine Hand und halte sie.
    In diesem Augenblick löst sich meine gesamte Welt auf. All diese dummen Listen der Dinge, die ich erledigen muss. All die Sorgen wegen Trivialitäten wie Cellulite, die Wahl des richtigen Kleides oder die Suche nach dem richtigen Mann. All meine Unzufriedenheit und die Dinge, die ich unbedingt anders haben wollte, einen neuen Job finden, mehr Geld verdienen, festere Oberschenkel bekommen. Nichts von alldem spielt noch eine Rolle.
    Ich drücke seine Hand ganz fest und starre in sein Gesicht. Ich war so dumm und egoistisch, habe so viel Zeit damit vergeudet, mir irgendwelchen Kram zu wünschen, den ich nicht habe, all dieser … ich denke an die banalen, unwichtigen Wünsche... all dieser Mist. Mist, den ich nicht brauche und nun, da ich ihn habe, eigentlich auch nicht will. Ich habe alles als selbstverständlich betrachtet und den Wert dessen, was ich hatte, nicht geschätzt. Und nun besteht die Gefahr, dass ich es verliere.
    Sanft drücke ich meine Lippen auf die Stirn meines Dads. Bis zu diesem Augenblick war es Teil meines täglichen Lebens, mir irgendwelche Dinge zu wünschen. Aber ich habe einen Fehler gemacht. Wünsche sind heilig. Sie haben

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