Der Wunschzettel - Be Careful What You Wish For
knallt, und blicke zur Windschutzscheibe des Rovers empor. »Tut mir leid«, forme ich lautlos mit den Lippen.
»Er« ist es. Mein Nachbar.
Einen Augenblick lang weiß ich nicht, was ich tun soll, also bleibe ich sitzen, während er mir knapp zunickt, um mich herumf ährt und die Straße hinunterdüst.
Ich werfe einen Blick in den Rückspiegel, sehe die grauen Abgaswolken aus seinem Auspuff und lausche dem tiefen Dröhnen des Vierliter-Motors, als er beschleunigt. Typisch! Wieder einmal habe ich mich in seiner Gegenwart wie eine völlige Idiotin benommen. Deprimiert sacke ich auf meinem Sitz zusammen und lege meine Stirn auf das glänzende MG -Emblem in der Mitte des Steuers. Ich schließe die Augen und lasse die letzte Szene in quälender Langsamkeit noch einmal Revue passieren, den Blick, den er mir zugeworfen hat - und fahre plötzlich hoch. Moment mal! Wenn er weg ist, bedeutet das …
An der Stelle, wo der Range Rover gestanden hat, genau gegenüber von meiner Wohnung, erblicke ich etwas, das jeder Londoner Einwohner als ein modernes Wunder bezeichnen würde. Eine Parklücke.
Ich habe mir nicht überlegt, was ich zu meinem künftigen Mitbewohner sagen könnte. Ehrlich gesagt, habe ich kaum einen Gedanken an den Fremden mit dem amerikanischen Akzent und dem seltsamen Namen verschwendet, seit ich gestern Abend den Hörer aufgelegt habe. Ich war viel zu beschäftigt damit, Zeit mit Lionel zu verbringen und gleichzeitig Rosemary aus dem Weg zu gehen - was nie einfach ist -, ganz zu schweigen von dem ungekannten Gefühl, zu schnell auf der Autobahn zu fahren und einen Parkplatz direkt vor dem Haus zu finden.
Aber jetzt ist es sechs Uhr, und in einer Stunde soll er kommen. Und jetzt denke ich an ihn. Ich frage mich, was um alles in der Welt ich zu ihm sagen, ihn fragen und welche Regeln ich aufstellen soll. Und - das ist wohl die wichtigste Frage, als ich in meinem alten, ausgeleierten Morgenrock und einem um mein nasses Haar geschlungenen Handtuch vor dem Kleiderschrank stehe - was um alles in der Welt soll ich anziehen?
Eine halbe Stunde später - der gesamte Inhalt meines Schranks liegt inzwischen auf dem Boden verstreut - bin ich der Antwort kein Stück näher. Jeans-Mini? Zu Mini. Das Strandkleid von meinem Ibiza-Urlaub letztes Jahr? Zu hippiemäßig. Das schulterfreie Karen-Miller-Top, das ich noch nie getragen habe? Zu bemüht.
Erschöpft lasse ich mich auf die Bettkante sinken und starre auf die leeren Kleiderbügel, die in meinem Schrank hin und her baumeln. Normalerweise rufe ich in Krisensituationen immer Jess an, aber sie ist in Indien. Also zupfe ich ein paar Minuten lang an meinen Nagelhäutchen herum, ehe ich es in meiner Verzweiflung doch bei ihr versuche. Der Anruf wird sofort auf ihre Voicemail umgeleitet. Mist. Ich sehe auf meinen Digitalwecker. 18:50 Uhr.
Ach, du heilige Scheiße. Ich muss mich entscheiden. O.K. Wie üblich habe ich nichts anzuziehen. O.K., ich hasse alle meine Kleider. Aber da ich im Moment weder Kreditkarten noch das Geld noch die Zeit habe, mir etwas Neues zu kaufen, muss ich meinen potenziellen neuen Mitbewohner entweder in meinem alten Morgenrock und einem Handtuch mit Tropenmuster um den Kopf begrüßen oder …
Ich fühle mich wie der Küchenchef bei Kochduell - fünf Minuten, um aus fünf mickrigen Gemüsestücken und einem alten Stück Cheddar eine Köstlichkeit zu zaubern. Scheiß drauf, denke ich, schnappe ein paar Sachen vom Bett und ziehe mich an.
19:05 Uhr. Er kommt zu spät. Nervös ziehe ich an meiner Zigarette, wandere im Wohnzimmer auf und ab und versuche, aus dem Fenster zu spähen, ohne bemerkt zu werden. Nichts. Abwesend fummle ich an meinem Haar herum - als Versuch, die feuchte Pracht in Locken statt in die Krause zu verwandeln, die John Frieda und seine tollen Wunderseren in den Irrsinn treiben würde -, puste den Rauch gegen die Fensterscheibe und halte erschrocken inne. Großer Gott. Ich denke an die Liste der Regeln, die ich nach dem Aufgeben der Annonce zusammengestellt habe.
Regel Nummer 1: Keine Zigaretten in der Wohnung.
Ich reiße das Fenster auf und wedle hektisch mit den Armen, um den Rauch zu vertreiben. Ehe ich bemerke, dass ich noch immer die Zigarette in der Hand halte, was wahrscheinlich nicht gerade hilfreich ist. Verdammt - ich drücke sie in einer alten Kaffeetasse auf dem Kaminsims aus. Mist.
Regel Nummer 2: Das Geschirr nicht als Aschenbecher verwenden.
19:12 Uhr. Vielleicht hat er sich verlaufen. Ich stehe an der
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