Der Wunschzettelzauber
Métro-Station lenkte, als wüsste Chloe nicht selbst Bescheid, zeigte das ganz deutlich. Chloe lieà ihn gewähren. Sie wollte, dass er glücklich war.
Dabei war es nicht sehr hilfreich, wenn auch sehr verständlich, dass Nicolas ständig von seinem Vater sprach, bei jedem Halt der Métro fragte, ob sein Daddy auch hier gewesen sei. Chloe fand das bewegend, doch sie spielte es herunter, um Guillaume nicht zu verletzen.
Nicolas hatte schon vor ihrer Paris-Reise viele Fragen über AntoiÂne gestellt und wollte alle Fotos von seinem Vater sehen, als bereitete er sich auf eine Pilgerreise vor.
Eine Pilgerreise. Sicherlich kein Date . Schon wieder nicht.
Vielleicht bildete Chloe es sich nur ein, aber als sie zu dritt mit der Métro zum Montmartre fuhren, um Rosine zu besuchen, kam Guillaume ihr ein wenig abwesend vor. In seinem Gesichtsausdruck lag eine Art kindliche Melancholie, die Chloe noch nie an ihm bemerkt hatte. Es war auch kein vorübergehendes Mienenspiel â es stand fest in seinem Gesicht geschrieben. Trotz seiner imponierenden GröÃe und seines selbstsicheren Auftretens hatte Guillaume dabei etwas von einem Jungen, der nie erwachsen wird. Der Gedanke an Peter Pan und seine Jungenbande, die »Lost Boys « , schoss Chloe durch den Kopf. Sie legte eine Hand auf Guillaumes Knie, und er lächelte sie an. Er lächelte sie an wie ein Ehemann, dessen Gedanken bei geschäftlichen Dingen geweilt hatten und plötzlich in die Gegenwart und zu seiner geliebten Frau zurückgerissen wurden. Sie wirkten zu dritt wie eine Familie. Ja, es könnte funktionieren. Es würde funktionieren.
Dennoch war Chloe besorgt. Hätte sie lieber alleine nach Paris kommen sollen, ohne ihren Sohn? Und nun, da sie das nicht getan hatte, bedauerte Guillaume vielleicht seine Einladung? Hoffentlich nicht. Zweifellos wäre es ihm lieber gewesen, sie für ein paar Tage ganz für sich zu haben. Es hätte bestimmte Dinge möglich gemacht: romantische Abendessen, Küsse auf der StraÃe und sogar eventuell ein gemeinsames Hotelzimmer. Da war es offensichtlich, was Guillaume ursprünglich wollte. Auch Chloe hätte es gern gehabt. Wirklich? Ja, natürlich. Sie würde es ihm auch sagen, wenn er sie danach fragte.
Aber auf Dauer würde er sie gar nicht lieben können, ohne auch Nicolas zu lieben. Also war es vielleicht am besten, gleich so zu beginnen, wie sie auch weiterhin zusammenleben wollten â als eine Familie. AuÃerdem hatte Nicolas ein Anrecht auf diesen Paris-Besuch, ebenso wie Chloe selbst.
Da Guillaume bei ihr war, hielt Chloe ihre eigenen Empfindungen unter Verschluss. Dennoch war es bewegend, wieder hierher zurückzukehren, wo die Erinnerungen an Antoine an jeder StraÃenecke lauerten.
Sie bemühte sich auch, nicht an Charlie zu denken, der ebenfalls erst vor wenigen Tagen in Paris gewesen war. Trotzdem fragte sie sich immer wieder, wo er wohl mit Katie gewesen war, wo sie übernachtet, wo sie gegessen hatten. Aber das alles ging sie natürlich gar nichts an. Weitere verbotene Tagtraum-Bilder waren: Charlies dunkler Charme, seine faszinierenden Augen, die Art, wie seine Lippen sich auf ihre gepresst hatten, als sie in ihrer Küche standen. Genug davon. Es war vorbei.
SchlieÃlich war sie froh, als sie die kleine Gasse erreichten, in der Rosine wohnte. Nicolas war begeistert, Rosine wiederzusehen, und er war fasziniert von ihrer Wohnung. Ãberall an den Wänden, die in einem verblassten Rosaton gehalten waren, hingen Dutzende von Schwarz-WeiÃ-Fotografien â eine glanzvolle Sammlung von Zeugnissen aus der Welt der Mode, des Showbusiness und der Kunst in den späten dreiÃiger, vierziger und fünfziger Jahren in Paris.
Zuerst wollte der kleine Junge partout nicht glauben, dass die langbeinige Revuetänzerin mit den Scheinwerferaugen und dem dunkelroten Kussmund Rosine war â jene Frau, die in einem kurzen silbernen Kleid und mit einem imponierenden Feder-Kopfputz auf einem Stuhl saÃ. Das musste wohl einer der seltsamen SpäÃe sein, die Erwachsene nur zu gerne machten.
»Na ja, es war eigentlich auch ein groÃer SpaÃ, mon chéri «, sagte Rosine und bot Nicolas ein Stück glänzender dunkler Schokoladentorte und ein Törtchen mit rubinroten Johannisbeeren zur Auswahl an. Als er sich nicht entscheiden konnte, legte sie von beidem die Hälfte auf ein Porzellantellerchen und stellte
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