Der Wunschzettelzauber
der Arbeit im Bon Vivant als auch nachts, wenn sie im Bett lag. Guillaume würde Samstagmorgen ankommen, sein Gepäck in sein Hotel in der Nähe der London Bridge bringen, und dann würden er und Chloe (die in einem neuen und bisher nur in der Fantasie existierenden Outfit schick und hinreiÃend schön sein würde) zusammen durch die StraÃen gehen (Hand in Hand? Nein, das wäre zu früh, nur nichts übereilen) bis hinunter zum Borough Market. Der würde Guillaume gefallen. Die Franzosen liebten diese Märkte, und auf dem Borough Market herrschte eine besondere Atmosphäre. Danach würden sie einen Kaffee trinken, und dann würde sie mit ihm zum Mittagessen ins Brindisa gehen, wo es wunderbare spanische tapas gab. Falls es regnete, könnten sie sich danach im IMAX -Kino einen Film ansehen â irgendetwas Stimmungsvolles in Schwarz-WeiÃ. Und während des Films Händchen halten? Ja, vielleicht. Oder wäre das unpassend? Und was war mit Schmusen? Chloe kniff die Augen zusammen. Sie konnte sich das irgendwie nicht so recht vorstellen. Zweifellos würde alles klarer werden und ihr natürlicher vorkommen, wenn sie ihn wiedersah. Egal. Und was, wenn es nicht regnete? Na ja, dann kein Kino. Stattdessen ein romantischer Spaziergang (Hand in Hand, ja!) am Fluss entlang, bis zur Tate Modern, dann über die Brücke zur St.-Pauls-Kathedrale. Schmusen auf der Brücke? Vielleicht â¦wenn der Zeitpunkt dazu gekommen schien. Es wäre eine gute Idee, irgendwann während des Wochenendes in trauter Zweisamkeit einen oder zwei richtige Küsse unterzubringen. Ja, das war höchst wichtig. Tja, also, und dann (nachdem sie es trickreich zuwege gebracht hatte, sich umzuziehen â aber wo und wie? â, na, egal, diese letzten Problemchen würde sie auch noch ausbügeln) käme das Abendessen, irgendwo in einem scharfen Lokal wie Polpo oder Hakkasan , und dann ⦠was? Zurück zu seinem Hotel? Chloe kam an dem Punkt nicht weiter. Sie konnte es sich nicht vorstellen.
Das hatte drei Gründe. Der erste: Hey, beruhige dich!, wie Sallys Kollege Craig es ausdrücken würde. Preschte sie nicht mit Gedanken an Sex mit Guillaume weit über sich selbst hinaus? SchlieÃlich kannte sie ihn ja noch kaum. Ja, aber andererseits wusste sie, was sie wollte: Sie wollte ihn als festen Freund, wollte eine Beziehung mit ihm. Schwierig, das zusammenzubringen.
Der zweite Grund war, dass es ihr seltsam schwerfiel, sich Guillaume auÃerhalb Burgunds vorzustellen. Sobald sie sich ihn nach London verpflanzte, verlor er an Substanz, genau wie der Unsichtbare Mann , als er die Kleidung entfernte, die seine Gestalt formte, dann die Bandagen und die dunkle Brille, die sein nicht existierendes Gesicht verbargen. Deswegen fiel es ihr so schwer zu entscheiden, wann am besten das Schmusen und so weiter ins Spiel kommen sollte. Es kam ihr einfach komisch vor. Vielleicht, weil sie Guillaume bisher nur in seiner eigenen Heimat erlebt hatte. Er war ganz und gar mit Frankreich verbunden, mit dem Leben in Montbard und mit der Vorstellung, dass sie und Nicolas vielleicht eines Tages dort mit ihm leben könnten.
Und das brachte sie zum dritten Problem: Wo blieb Nicolas in diesem Szenario? Sicher, es wäre ein Date mit Guillaume, aber sollte Nicolas nicht auch dabei sein? Aber was dann mit dem Abendessen und so weiter? Na, denk nach. Nicolas bei ihrer Mum abliefern, dann schnell in ein schickes Kleid und hochhackige Schuhe schlüpfen, und dann mit Guillaume im Taxi ins Hakkasan ? Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Das Ganze kam ihr ein wenig hektisch vor, wie eine Fernseh-Soap, in die zu viele parallele Geschichten hineingestopft waren. Halt. Tief durchatmen. Streiche ein paar Szenen. Sie trieb in Gedanken alles viel zu sehr voran. Das kam davon, weil sie alles bis ins Letzte planen und bedenken wollte. Sobald sie Guillaume in Fleisch und Blut vor sich hätte, würde alles viel einfacher â sie würden ihren eigenen Rhythmus finden.
Es wäre vielleicht ein Kompromiss, an dem Samstag einen romantischen Tag mit Guillaume allein zu verbringen und am Sonntag dann einen Familientag zusammen mit Nicolas zu veranstalten. Jawohl, hervorragend. Sie konnten zu dritt irgendwo hingehen und etwas zusammen tun, zum Beispiel FuÃball spielen im Hyde Park. Und dann zu Giraffe oder zum Pizza Express .
Aber halt, schlieÃlich war Guillaume Franzose. Wollte er wirklich im
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