Der Zauber der ersten Seite - Cossé, L: Zauber der ersten Seite - Au bon roman
vage geblieben – und sie um ihre Zustimmung zu gerichtlichen Schritten bitten. Dann können Sie mit ihnen über das weitere Vorgehen beraten.«
Die acht Weisen, er ist so sprachverliebt wie wir, dachte Francesca. Er ist nicht nur auf unserer Seite, er gehört zu uns.
Ivan blickte düster drein.
»Anzeige erstatten und Klage erheben bedeutet ein ordentliches Verfahren«, sagte er. »Dann kommt es unweigerlich zu Indiskretionen, und schließlich werden die acht Namen allgemein bekannt sein. Damit wird Der gute Roman in seinem Grundsatz getroffen, der Bücherauswahl durch ein anonymes Komitee. Genau das wollten wir vermeiden, als wir uns außerhalb des normalen Rechtswegs an Sie wandten.«
»Wenn Sie nicht wollen, dass die noch verschonten vier Weisen ebenfalls drankommen, haben Sie keine Wahl mehr«, wiederholte Heffner. »Sowohl ihre Namen als auch ihre Gefährdung öffentlich zu machen, ist der beste Schutz. Es ist relativ einfach, Sie veröffentlichen ein Kommuniqué, in dem Sie sagen: Die Leute, die uns nachstellen, sind zu weit gegangen, sie haben die Namen der Mitglieder unseres Komitees herausgefunden, vier von ihnen wurden angegriffen. Aber wir lassen uns nicht einschüchtern. Wir erstatten Anzeige und setzen ein neues Komitee ein. Und dann nennen Sie die acht Namen. Immerhin handelt es sich um angesehene Autoren, die das Image der Buchhandlung nur heben können.«
»Früher oder später hätten wir ohnehin ein neues Komitee eingesetzt«, sagte Francesca. »Wir waren nie von einer lebenslangen Mitgliedschaft ausgegangen.«
»Noch einmal von vorn«, sagte Ivan. »Wir trommeln die acht zusammen. Und schon lernen sie sich kennen.«
»Ist das so schlimm?«, fragte Heffner.
»Nun ja«, sagte Van langsam, er dachte laut nach, »wir wollten sie vor allem deshalb voneinander abschotten, um die Geheimhaltung ihrer Namen zu gewährleisten. Jetzt, wo das Geheimnis keins mehr ist, ist auch die Abschottung nicht mehr wichtig.«
Francesca nickte mehrmals in kleinen, abgehackten Bewegungen.
»Wenn wir nur wüssten, wer die Namensliste herausgegeben hat und bei wem sie nun ist.«
Heffner sah sie einige Sekunden lang an.
»Darüber kann ich Ihnen etwas sagen.«
»So?«
»Bei wem die Liste nun ist, weiß ich nicht, obwohl ich auch darüber langsam eine Meinung entwickle. Aber ich glaube zu wissen, wie die Barbaren an die Liste kamen.«
»Dann sagen Sie es doch.«
»Seit mir klar ist, wie es sich wahrscheinlich zugetragen hat, bin ich mir nicht sicher, ob ich darüber sprechen soll. Erstens würde es nichts ändern, das Kind liegt bereits im Brunnen, die Namen sind bekannt. Und dann hat die Information zwei Seiten. Einerseits würde sie Ihnen eine gewisse Beruhigung bieten. Andererseits wäre es für Sie nicht so schön, weil …«
»Nun los doch«, drängte Francesca, die ihr genaues Strafmaß nicht abwarten wollte.
»Die gute Nachricht ist: Es gibt keinen Verräter. Dessen bin ich mir inzwischen nahezu sicher. Niemand hat diese Namen absichtlich verraten.«
»Und?«
»Die Nachricht, die Sie weniger gern hören werden, betrifft die Art der undichten Stelle.«
Heffner hatte keine Beweise, aber er hätte seine Hand dafür ins Feuer gelegt, dass Francesca, als ihr Anfang Juni die Handtasche gestohlen worden war, nicht zufälliges Opfer eines auf Handtaschendiebstahl spezialisierten Täters gewesen war. »Man hatte es auf die Besitzerin des Guten Romans abgesehen und wollte ihre Papiere. Und man wurde nicht enttäuscht. Die Diebe bekamen, was sie wollten, nämlich die Liste der Mitglieder des Auswahlkomitees.«
»Aber die Liste war nicht in meiner Handtasche!«, protestierte Francesca. »Ich habe sie nie niedergeschrieben. Ich habe sie nie bei mir gehabt.«
»Das stimmt«, sagte Heffner. »Die Diebe haben sie anhand Ihres Adressheftes zusammengestellt.«
Francesca verstand nichts mehr. Sie habe nie den Namen auch nur eines einzigen Komiteemitglieds in dieses Heft geschrieben, sagte sie, denn das hätte den elementarsten Regeln der Vorsicht widersprochen. Weder einen Namen noch einen Decknamen.
»Nur die Telefonnummern«, sagte Heffner.
»Ja, aber, um es noch einmal zu sagen, ohne einen Namen davor, ohne den geringsten Hinweis auf eine Person.«
»Glaubten Sie zumindest.«
In Heffners Stimme war nicht der geringste Beiklang von Häme oder Vorwurf. Das Adressheft sei streng genommen gar keins, setzte er hinzu, denn es enthalte nur drei oder vier Adressen und genau einundsechzig Telefonnummern.
»Ja«,
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