Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Zauber der ersten Seite - Cossé, L: Zauber der ersten Seite - Au bon roman

Titel: Der Zauber der ersten Seite - Cossé, L: Zauber der ersten Seite - Au bon roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Cossé
Vom Netzwerk:
mir fern zu glauben, es sei die gesamte Verlagswelt, die gesamte Presse und Kritik oder der gesamte Buchhandel. Es ist eine Untermenge von Personen, deren gemeinsames Merkmal die Vorstellung ist, ein Buch sei etwas, womit man viel Geld machen könne, und die Literatur eine erstklassige Goldader.
    Ervé war der Stratege, der Anstifter. Aber allein wäre er nicht weit gekommen. Und er wollte sich nicht exponieren. Er hat diejenigen meisterhaft manipuliert, die ich die Dreißig nennen möchte, vielleicht sind es in Wirklichkeit zwanzig, vielleicht auch fünfzig: viertklassige Autoren, die immer noch auf den Durchbruch hoffen, weil sie sehen, dass die Vernebelungstaktik des Marketings immer wirksamer wird, und die im Schatten zu bleiben fürchten, sollte Der gute Roman durch seinen Erfolg zur unerwarteten Wiedergeburt einer völlig veralteten Praxis beitragen, der Ein- und Wertschätzung von Talent.
    Es ist ziemlich deutlich, zu Beginn der Offensive gegen den Guten Roman begegnet man Ervés Handschrift unzählige Male. So hatte er zum Beispiel fünfundzwanzig Mailadressen, also auch fünfundzwanzig Identitäten im Internet. Und dann sieht man ihn seltener persönlich am Werke, dafür hinterlassen seine Gefolgsleute vermehrt ihre Unterschrift.
    Wenn auch natürlich in ganz anderem Maßstab, ist hier etwas geschehen, das vergleichbar ist mit dem, was von al-Qaida ausging und in ihrem Umfeld passiert. Anfangs der starke Angriff eines harten Kerns. Doch bald schon ist der Kopf schlau genug, die Propaganda genauso wichtig zu nehmen wie die Aktion, und das mit solchem Erfolg, dass er mehr Gefolgschaft findet als erhofft. Es gibt neue Zentren und Kerne.
    Ich sage nicht, Ervé hätte von den Angreifern des Guten Romans jedem die Hand geführt, doch er hat einige Leute animiert, die wohl nur darauf warteten und sich dann ihrerseits böse Streiche ausdachten und sie selbst oder über andere ausführten.«
    »Nennen Sie Namen«, sagte Ivan.
    »Sie werden sich gar nicht so sehr wundern«, erwiderte Heffner. »Breigne, Jovis, Levron, Dabant, Piéfort, Marin-Larmier und, warten Sie … Der elegante Miguel, die liebliche Olivia Venette. Viele Autoren von Malinovic, viele auch, die fürs Fernsehen schreiben. Eine ganze Reihe einflussreicher Leute aus den Buchkonzernen.
    Anders gesagt«, fuhr Heffner fort, »je härter die gegen den Guten Roman geführten Schläge werden, desto mehr verschwimmen die Verantwortlichen; je mehr Anstifter es gibt, desto mehr Mittelsmänner und Ausführende gibt es, und desto schwieriger werden die Ermittlungen. Man bräuchte zum Beispiel noch mehrere Wochen, um sicher zu wissen, wer die Idee hatte, Anschläge auf die Komiteemitglieder zu verüben, wer sie plante und wer sie ausführte.
    Die Gemeinheiten, für die ich dem Richter Beweise liefern konnte, sind ja nicht die schlimmsten: Hetze im Internet, Beeinflussung von Journalisten, Verbreitung von Verleumdungen – das nennt der Richter dann freie Meinungsäußerung, Lobbyarbeit, normales Konkurrenzverhalten …«
    »Wie einfach es im Grunde ist«, sagte Francesca. »Nur hundert entschlossene Personen können die Meinung beeinflussen, die Presse, sie können Unwahrheiten Geltung verschaffen, andere zu Sündenböcken machen …«
    »Das gibt es seit Anbeginn der Welt«, sagte Heffner.
    »… Mittel beschaffen«, setzte Van Francescas Satz fort, »frustrierte Gemüter erhitzen, zur Tat schreiten …«
    »… belohnen«, fiel Heffner ein, »bezahlen. Das ist alles nichts Neues. Die Mechanismen der Gewalttätigkeit sind immer gleich. Gewalttaten werden angezeigt, wenn sie geltendes Recht verletzen – und wenn sie überhaupt erkannt werden. Doch solange sie innerhalb der Legalität bleiben, werden sie naturgemäß toleriert.«
    »Ja, aber sagen Sie mir doch bitte, wer hat die nötigen Mittel, um eine Buchhandlung am Odéon zu eröffnen?«, fragte Francesca.
    »Hunderte von Menschen und Dutzende von Unternehmen«, sagte Heffner. »Ihre Frage überrascht mich. Sie zum Beispiel, Ihr Mann, jede Menge Leute, die keine Verbrecher sind, aber bestimmte Interessen vertreten. Sie dürften einige solcher Leute kennen.«

54
    A m 20. Februar – es war wieder ein Montag – wurde in unmittelbarer Nähe des Guten Romans ein neues Geschäft eröffnet. Die riesige medizinische Buchhandlung unten an der Rue Dupuytren war in eine allgemeine Buchhandlung umgewandelt worden. Und die hatte man ohne Umschweife Für jeden Geschmack genannt.
    Und so war es auch, ein neues Konzept,

Weitere Kostenlose Bücher