Der Zauber des Engels
bin nie weiter als bis nach Frankreich gekommen. Ja, sie stammt aus Melbourne, aber wir haben uns in Glasgow kennengelernt, da waren wir beide zwanzig. Damals habe ich gerade eine Ausbildung in einer Werkstatt für Glasmalerei gemacht. Shona arbeitete in dem Pub, in den ich manchmal ging, um sich neben dem Studium etwas Geld zu verdienen. Sie war unheimlich hübsch und aufgeschlossen; ich bin sofort mit ihr ins Gespräch gekommen.« Ich stellte mir vor, wie sie Zac dazu gebracht hatte, aus sich herauszugehen. Bestimmt war er damals noch schüchterner gewesen als heute.
»Keine Ahnung, was sie in mir sah.« Sein Gesicht sprühte plötzlich vor Freude, als er sich an sie erinnerte. Ich dachte an die beiden Krankenschwestern im Café, die versucht hatten, ihn auf sich aufmerksam zu machen, und verstand den Grund. Mit seinen dunklen Augen, der hellen Haut, dem Bart und seiner nachdenklichen Art war er für viele Frauen attraktiv. Ich hatte das noch nie zuvor bemerkt, aber Zac hatte auch nie den Versuch unternommen, es mir zu zeigen. Er merkte plötzlich, dass ich ihn anstarrte, und ich sagte hastig: »Und dann seid ihr zusammengekommen?«
»Ja. Habe ich dir erzählt, wie meine Mutter gestorben ist? Sie war damals krank geworden und musste unendlich viele Untersuchungen über sich ergehen lassen. Dann stellte sich heraus, dass Shonas Dad auch krank war, und da haben wir uns irgendwie ein bisschen gegenseitig geholfen. Unsere Sorgen haben das Band zwischen uns geschmiedet. Wir wussten, was der andere durchmacht, verstehst du? Ich kam mit meinem Dad nicht allzu gut klar und hatte keine Geschwister. Da tat es gut, jemanden zu haben, mit dem ich reden konnte.«
Ich dachte an meinen eigenen Vater und daran, wie schwer es war, mit der Krankheit eines Elternteils zurechtzukommen. Zac trank einen großen Schluck Bier. Der Jongleur packte bereits seine Bälle zusammen, um nach Hause zu gehen.
»Wir waren fast das ganze letzte Jahr ihres Studiums zusammen«, fuhr er fort. »Sie war die erste richtige Freundin, die ich hatte, und ich war total verliebt. Als sie davon sprach, nach London zu ziehen, war ich völlig dagegen. Damals war Moms Lateralsklerose schon diagnostiziert, und ich brauchte Shona ganz dringend. Im Nachhinein hätte ich mehr auf sie achten und sie gehen lassen sollen. Sie war unruhig, brauchte eine Veränderung. Aber ich dachte, es gäbe eine Zukunft für uns.«
»Was war mit ihrem Vater?«
»Er hatte Herzprobleme, der Ärmste. Aber er hatte gerade eine Operation hinter sich, und es schien ihm besser zu gehen. Daher hatte sie nicht das Gefühl, dringend nach Hause zu müssen. Sie wollte unbedingt eine Zeit lang in London leben. Am Ende hing ich meinen Job an den Nagel und ging mit ihr. Ich hatte ein schlechtes Gewissen, Mom allein zu lassen, aber ich nahm mir vor, sie häufig zu besuchen. Ich dachte nicht darüber nach, was langfristig passieren würde, ob Shona nach Australien zurückkehren und was ich dann tun würde. Wenn man jung ist, lebt man einfach für den Augenblick, oder?«
Ich nickte. Genau das hatte ich auch getan, jahrelang. Für den Augenblick gelebt, ohne zu wissen, worauf ich sonst hoffen konnte. Und jetzt erschien mir die Zeit kostbar. Die Zeit mit Dad und die Zeit, um über meine Zukunft nachzudenken. Ich grübelte darüber nach, während Zac uns neue Getränke besorgte.
Als er zurückkam, fragte ich: »Du bist also auch nach London gezogen?«
»Ja. Wir fanden eine kleine Wohnung in Cricklewood. Shona bekam einen Job in einem Reisebüro in der Nähe der Oxford Street, aber ich hatte kein Glück. Ich hatte meine Ausbildung nicht beendet, und es war Anfang der Achtzigerjahre. Damals hatten wir eine Rezession, und es gab eher Entlassungen als Neueinstellungen. Es war alles schwierig, und Shona und ich begannen, uns auseinanderzuleben. Ich war immer noch verrückt nach ihr, aber ich spürte genau, dass sich ihre Gefühle für mich abgekühlt hatten. Sie fand es schrecklich, dass ich den ganzen Tag zu Hause rumhing, und war der Meinung, dass ich nicht genug im Haushalt half. Das stimmte vermutlich auch, aber ich war von früher gewöhnt, dass meine Mom sich um alles kümmerte. Ich sah nicht, wenn der Mülleimer voll war und sich der Abwasch türmte, und warf ihr vor, sich anzustellen.«
Ich lachte. »Erinnere mich daran, falls ich mal auf die Idee kommen sollte, mit dir zusammenzuziehen.«
»Keine Sorge, inzwischen bin ich der perfekte Hausmann. Wie auch immer, als Nächstes platzte Shona
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