Der Zauber einer Winternacht
andere Antiquitäten aus.
Das alles machte einen nicht geringen Anteil seiner monatlichen Lebenshaltungskosten aus, wohingegen die Ausgaben für den eigenen Bedarf insgesamt eher gering waren. Gillian wünschte sich ehrlich, er würde mehr von seinem schwer verdienten Geld für sich selbst verbrauchen statt für andere.
Nachdem sie stundenlang über den Büchern gesessen hatten, lehnte Bryce sich in seinem roten Ledersessel zurück und erklärte: „Auch wenn deinen Schwestern nicht gefällt, wofür dein Vater das Geld ausgibt, das er übrig hat – seine Bücher sind sauber geführt. Über manche Ausgabe ließe sich vielleicht streiten, aber insgesamt steht die Ranch sehr gut da. Ich sehe keinen Anlass zu der Befürchtung, dass sie sich in den nächsten Jahren nicht mehr trägt.“
Gillian nickte zustimmend.
„Wir sollten uns vielleicht einige dieser Wohltätigkeitsorganisationen näher anschauen“, schlug sie vor. „Nur um zu überprüfen, ob sie seriös sind. Vielleicht können wir Vater davon überzeugen, seine Spenden auf einige wenige Organisationen zu verteilen, die sein Geld besonders dringend brauchen und es am sinnvollsten einsetzen.“
Bryce stand auf und reckte sich. Seine engen Jeans und der dunkle Pullover brachten seinen durchtrainierten Körper sehr vorteilhaft zur Geltung.
„Hör zu, Gill“, sagte er und schaute ihr direkt in die Augen. „Bitte gib mir eine ehrliche Antwort: Steckst du mit hinter den Plänen von Stella und Rose, die Ranch zu verkaufen und vom Gewinn zu leben?“
Gillian empfand diese Frage als Beleidigung. Sie bemühte sich trotzdem, sachlich zu bleiben. Aufgrund ihres Verhaltens musste Bryce tatsächlich glauben, sie teile die Meinung ihrer Schwestern. „Ich will nur das Beste für meinen Vater.“
Bryce schaute sie skeptisch an. „Es wäre relativ leicht, ihn davon zu überzeugen, die Ranch an einen Spekulanten zu verkaufen. Dann bräuchtest du nie wieder zu arbeiten. Du könntest auf großem Fuß leben, anstatt Tag für Tag Hauskäufer mit völlig unrealistischen Vorstellungen von einem Objekt zum andern zu schleppen.“
Gillians Augen funkelten, und sie sprang auf die Füße.
„Jetzt pass mal gut auf. Du musst mir wirklich nicht erklären, dass der Verkauf der Ranch das Letzte ist, was Vater will. Aber die Bilanz ist nicht das allein Entscheidende. Ich denke auch an seine Gesundheit.“
Aufgebracht fuhr sie fort: „Es ist sehr einfach, dich hinzustellen und mir vorzuwerfen, ich sei ihm keine gute Tochter. Du kannst die ganze Geschichte vergessen, wenn du erst wieder zu Hause bist. Ich aber werde vor Sorgen kaum schlafen können, wenn ich wieder Hunderte von Kilometern weit weg bin, weil ich ständig Angst haben werde, dass er fällt und sich was bricht und niemand da ist, der ihm helfen kann.“
Unbewegt von ihrem Gefühlsausbruch, unterbrach Bryce sie mit kühler Logik: „Was hältst du denn von den Errungenschaften moderner Technik? Einem Notrufsystem zum Beispiel?“
„Tolle Sache – wenn man in der Stadt wohnt“, entgegnete Gillian. „Ist dir klar, wie lange es dauern würde, bis Hilfe käme? Selbst unter idealen Voraussetzungen?“
„Und wie steht es mit häuslicher Pflege?“
Gillian verdrehte die Augen. „Möchtest du ihm das vorschlagen?“
Sie wusste genau: Keine Pflegekraft würde es länger als eine Woche bei ihrem Vater aushalten. Er war viel zu sehr auf seine Unabhängigkeit bedacht und würde sich vehement gegen jede vermeintliche Bevormundung wehren.
„Um seinen Stolz zu wahren, könnte man ihm die Pflegekraft als Haushaltshilfe verkaufen. Und zusätzlich eine Köchin einstellen, damit er regelmäßig etwas Warmes zu essen bekommt.“
Das war keine schlechte Idee. Gillian hätte ernsthaft darüber nachgedacht, wenn nicht eine andere Errungenschaft der modernen Technik die Diskussion unterbrochen hätte: Das Handy, das Bryce vor sich auf den Tisch gelegt hatte, klingelte. Sie sah, wie weich sein Gesichtsausdruck wurde, als er feststellte, dass Vi am Apparat war.
„Es ist so schön, deine Stimme zu hören.“
Gillian musste sich gewaltsam daran erinnern, dass sie der Frau eigentlich dankbar dafür sein sollte, dass sie Bryce bereitwillig hatte hierherreisen lassen. Wenn es ihr gelänge, wenigstens kurzfristig ihren Hass zu vergessen, würde sie Vi unter anderen Umständen vielleicht sogar sympathisch finden.
„Mir geht es gut“, sagte Bryce. „Hier ist alles in Ordnung. Aber wir haben eine Menge zu tun, um Johns
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