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Der zauberer von Schreckenstein

Der zauberer von Schreckenstein

Titel: Der zauberer von Schreckenstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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Begleitumstände erfuhren sie jedoch nicht. Er sei mit der Post gekommen, ganz normal, berichtete Sonja. Im Wagen gab es die nächste Überraschung. Sonjas Handtasche fehlte. Sie hatte sie unter einem Schal auf dem Beifahrersitz liegen gehabt, und da stand jetzt eine große altmodische Milchkanne, wie sie früher in der Landwirtschaft verwendet wurde. In dieser Kanne lagen Tasche und Schal. Doch bis sie darauf kamen, war einige Zeit vergangen.
    „Wir sind schon ganz schön bescheuert. Nicht mal auf das Nächstliegende kommen wir mehr!“ klagte Ottokar.
    Dann stand plötzlich im Nordflügel Mückes Schrank offen, und der gesamte Inhalt lag davor auf dem Boden. Ohne Zettel. Im Südflügel waren die Schubladen der Klappbetten vertauscht. Zum Teil auch deren Inhalt — ein besonders geistreicher Streich, wie nicht nur die Betroffenen fanden. Auch hier fehlten die bekannten Zettel.
    „So langsam werd ich abergläubisch!“ sagte Stephan, als Ottokar ins Zimmer trat. „Eben geh ich an den Schrank, und stell dir vor, mein Akkordeon ist wieder da! Was sagst du jetzt?“
    „Komm mal mit!“
    Sie gingen in den Westflügel, wo Dampfwalze sie vor seinem Zimmer erwartete. Mit finsterer Miene forderte er Stephan auf: „Riech mal da rein!“
    Stephan öffnete die Tür und schnupperte. „Rauch. Zigarettenrauch. Einwandfrei!“
    Ottokar nickte. „Bei Mücke ist es auch. Und bei Armin!“
    „Das geht zu weit! Hier wird absichtlich Misstrauen geschürt. Jetzt müssen wir andere Saiten aufziehen!“
    Betroffen saß die Ritterschaft beim Abendessen. Diese Grenze hätte nicht überschritten werden dürfen.
    „Du hast nur zu recht gehabt“, sagte Andi zu Hans-Jürgen und zitierte dessen Vers:
    „Harmlos sind, wenn ich vergleiche, unsre allertollsten Streiche
    gegen dieses dumpfe Lauern. Mann! Das rüttelt an den Mauern.“
    Die Umsitzenden waren tief beeindruckt.
    Dass es sich bei dem Zauberer um ein Mädchen handeln könnte, glaubte nun auch niemand mehr. Zu sehr hatten sich Ereignisse überstürzt, zu allen Tageszeiten. Wenn es auch keiner zugeben wollte, das Vertrauen war angeknackst. Wer auf Streife ging, konnte sicher sein, dass ihm Dutzende von Augenpaaren folgten. Konnte nicht er der Zauberer sein? Und jetzt die Sache mit den Zigaretten!
    „Schreckenstein ist nicht mehr Schreckenstein!“ klagte Fritz. „Jetzt sind wir wie jede andere Schule.“
    „Schnauze!“ antwortete Eugen, und Beni meinte: „Wir dürfen uns nicht unterkriegen lassen. Das wäre ja noch schöner!“
    Der Rex läutete die Schweigezeit ein. Ottokar trat ans Schwarze Brett, schepperte mit der Kuhglocke und begann seine Ansage: „In drei Zimmern riecht es nach Zigarettenrauch. Wer hat hier geraucht?“
    Mit angehaltenem Atem sahen sich die Ritter um. Die Sekunden krochen, aber es hob sich keine Hand. Ottokar räusperte sich, weil er einen Knödel im Hals hatte, und wiederholte dann mit fester Stimme: „Wer hat hier geraucht?“
    Umsonst! Es meldete sich niemand. Die Ritter saßen wie gelähmt. War das das Ende von Ehrlichkeit und Vertrauen, das Ende von Schreckenstein?
    Als wolle er es einfach nicht wahrhaben, machte Ottokar einen dritten Versuch. Diesmal mit anderem Wortlaut: „Wer hat hier geraucht oder weiß, wie der Rauch in die Zimmer gekommen ist?“
    Sofort hob sich eine Hand. Sie gehörte dem kleinen Egon. Trotz der Schwere des Falles wurde Erleichterung spürbar.
    Das Aufatmen der Ritter hörte sich an wie das Entlüften einer Druckluftbremse. Was es mit dem kleinen Egon auf sich hatte, würde sich bald erweisen. Nur nicht zu früh verdächtigen! Ottokar war noch nicht am Ende. „Bei den merkwürdigen Begebenheiten, die uns zur Zeit heimsuchen, hat es eine Sachbeschädigung gegeben. Das ist kein Streich mehr! Ich muss deshalb fragen: Wer hat in den letzten achtundvierzig Stunden an solchen Unternehmungen teilgenommen oder weiß etwas davon?“
    Eins... zwei... drei... vier... neun Ritter hoben die Hand. Armin, der angebliche Zauberer, war nicht unter ihnen. Doch, da! Nein, das durfte nicht wahr sein! Noch eine Hand hatte sich erhoben.
    Sie gehörte — dem Rex.
    Die Ritter waren geplättet. Auch ohne Schweigezeit hätte keiner einen Ton herausgebracht.
    Allein Ottokar blieb ganz bei der Sache. „Gleich nach Tisch ist Schulversammlung im Wohnzimmer!“
    Ohne sich sofort nach der Schlussglocke auf die neun zu stürzen und sie mit Fragen zu piesacken: „Was hast denn du gemacht? Und was hast du gemacht?“ begaben sich die Ritter ins

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