Der zauberer von Schreckenstein
Hornhaut!“ witzelte Klaus. Die Ritter johlten.
Ottokar musste abwinken. „Moment! Die Zigarettengeschichte!“
Schlagartig sank die Heiterkeit auf Null.
Der kleine Egon räusperte sich. „Ich wollte nur Böses mit Bösem vertreiben“, begann er mit wichtiger Miene. „Bei Jean hab ich mir eine Zigarette besorgt — der hat vielleicht dumm geschaut — und den Blasbalg fürs Kaminfeuer aus Mauersäges Bibliothek. Da hab ich die Zigarette rein gesteckt — hat genau gepasst —, hab sie vorne an eine Kerze gehalten und den Balg aufgezogen. Dann hab ich sie raus, den Balg zusammengedrückt — da kam vielleicht eine Wolke —, dann wieder rein gesteckt, aufge...“ Sein Bericht ging in befreitem Gelächter unter.
„Miniraucher mit Maxilunge!“ alberte Hans-Jürgen.
„So“, sagte Ottokar schließlich. „Dann hat sich ja alles aufgeklärt, und wir können endlich mit den Wachen aufhören.
Die Flucht nach vorn war ein Klasserezept! Schlechte Streiche für einen guten Zweck — das hatten wir noch nicht! Aber Schwamm drüber. Den ganzen anderen Zauber wollen wir nicht auch noch aufwärmen. Jetzt ist es genug.“
„Was sagt denn unser Zauberer dazu?“ fragte Fritz höchst vergnügt.
„Na, was sagst du?“ Andi stieß Armin an, der ganz vorne saß und es mit hochrotem Kopf genoss, wieder im Mittelpunkt zu stehen.
Mitleidig lächelten die Ritter über den Möchtegerngrößten. „Ich weiß noch nicht“, zierte sich Armin.
„Komm, hör auf mit dem Quatsch!“ fuhr Mücke ihn unvermittelt an. „Du bist genug aufgefallen. Mehr ist nicht drin!“
Ruhig schüttelte Armin den Kopf. „Ihr glaubt mir ja nicht!“
„Aber ja doch!“ höhnte Stephan. „Als Geschichtenerzähler bist du der größte Zauberlehrling auf Schreckenstein! Absolute Burgspitze!“
„Ich werd es euch beweisen!“ knurrte Armin. Keiner hörte mehr hin. Die Ritterschaft wandte sich ihren zehn Vorwärtsflüchtlingen zu. Alle redeten durcheinander und verließen in bester Stimmung das Wohnzimmer. Es wurde eine unbewachte, ruhige Nacht.
Beim Dauerlauf am nächsten Morgen und beim Duschen war es noch ein Gerücht, über das die Ritter lachten. Beim Frühstück schließlich gab es keinen Zweifel mehr: Armin war verschwunden!
Ein völlig neues Streichgefühl
Angeregt von den Ereignissen, hatte Mücke eine großartige Idee: Die Gesetzmäßigkeit, nach der Streiche sich anbahnen und ablaufen, zu erforschen und die Ereignisse seiner Denkspiele in der Schulzeitung zu veröffentlichen. Damit die Ritter sich in Zukunft die Köpfe weniger zerbrechen mussten und bereits im voraus wissen konnten, ob etwas geschehen würde und vor allem, wann! Während des Mathematikunterrichts widmete er seinen ganzen Scharfsinn diesem Thema und machte sich laufend Notizen. Schießbude fragte nicht, was er denn da schreibe. Schießbude war überwältigt, dass dieser überdurchschnittlich intelligente Ritter seinem Unterricht offenbar soviel Lehrreiches entnahm, dass er es aufschreiben musste. Missverständnisse können auch einen Menschen glücklich machen...
Diesen Satz schrieb Mücke indes nicht auf. Er blieb bei seinem Thema: Streiche liegen entweder in der Luft oder gar nicht. Liegen sie gar nicht in der Luft, liegen sie besonders in der Luft. Hat sich ein Streich ereignet, der gar nicht in der Luft lag, liegen in den folgenden Nächten meist zwei Streiche in der Luft. Die Seite, der er galt, unternimmt eine Gegenaktion; die Seite der Verursacher ahnt das und versucht ihr zuvorzukommen...
Letztere Lage war nach Armins Verschwinden gegeben. Das sagte Mücke jedem, und er fügte noch hinzu: „Heute nacht laufen zwei Streiche. Um erfolgreich zu sein, sollten wir drei daraus machen. Einen, der den Gegenstreich vereitelt, und einen eigenen.“
Dem stand nichts im Wege. Das Verschwinden eines Schreckensteiners war für den Rex kein Grund, gleich die Polizei zu rufen.
„Ritter laufen nicht nachts heimlich zu Mama und Papa, wie das in anderen Internatsschulen mitunter vorkommen soll!“ hatte Dr. Waldmann einmal festgestellt. Und das stimmte.
Muttersöhnchen und andere Flaschen hielten sich im rauhen Burgklima erfahrungsgemäß höchstens vierzehn Tage. Armin aber war, obzwar noch ein junger, doch schon ein alter Ritter. Hinzu kam, dass er, wie angekündigt, einen Beweis erbringen wollte. Nach Sachlage und Erfahrung vermutlich in nächster Nähe.
„Deine Theorie stimmt nicht ganz!“ bemängelte Hans-Jürgen.
„Was passiert, wenn ein
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