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Der Zauberspiegel

Der Zauberspiegel

Titel: Der Zauberspiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Carver
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dass sie in ein andauerndes Unwetter geriet.
    Ein erneuter Donnerschlag riss sie aus ihren Gedanken. Verdammt! Mit Erleichterung registrierte sie, dass ihr Schimmel keine Scheu vor dem Donner zeigte. Sie überlegte, ob sie zurückreiten sollte, um in den Wäldern Schutz zu suchen, doch die Hoffnung, einen besseren Unterschlupf zu finden, ließ sie entscheiden, trotz des schlechten Wetters weiterzureiten. Ein greller Blitz durchzuckte den violettschwarzen Himmel und dicke, kalte Regentropfen prasselten zur Erde. Binnen kurzer Zeit war Juliane bis auf die Haut nass und der eisige Wind ließ sie fürchterlich frieren. Verbissen ritt sie weiter. Das Pferd wieherte und sie tätschelte seinen nassen Hals mit schlechtem Gewissen.
     
    Immer öfter blieb der Schimmel stehen. Die Erschöpfung war ihm anzumerken, doch Juliane war selbst am Ende ihrer Kräfte. Wenn sie nun stehen blieben, würden sie hier draußen erfrieren. Sie trieb das Tier weiter an. Der heftige Regen und ein leichter Nebel, der aufgestiegen war, machten es unmöglich, mehr als einige Schritte weit zu sehen. Staubwolke schritt nur noch langsam durch das Unwetter.
    Sie achtete kaum noch auf ihre Umgebung und überließ es ihrem Pferd, einen sicheren Weg zu finden. Tapfer hatte es sich durch das Gewitter gekämpft, Sturmböen und Hagelkörnern getrotzt. Pochende Kopfschmerzen malträtierten sie und selbst die kleinste Bewegung schmerzte. Sie fröstelte, doch als sie über ihre Stirn strich, fühlte sich diese heiß und schweißnass an.
    Zu spät bemerkte sie, sich nicht mehr auf dem Pferderücken halten zu können, da rutschte sie bereits seitlich weg. Das Dornengestrüpp milderte den Fall kaum, doch da verlor sie schon das Bewusstsein.
    Als sich die Schleier um Juliane endlich wieder lichteten, fehlte ihr die Energie sich aufzuraffen. Jeder Atemzug stach in ihrer Lunge, ihr Hals fühlte sich wie Sandpapier an. Wo war Staubwolke?
    Irgendwann ließen Regen und Wind nach, doch sie schaffte es nicht, aufzustehen oder gar nach ihrem Pferd zu rufen.
    Sie stöhnte leise, als sich Schritte näherten, und versuchte erfolglos aufzustehen. Soldaten? Wenn es Soldaten waren, war sie so gut wie tot. Sie unterdrückte ein Wimmern, als sie die Stimmen zweier fremder Männer vernahm, ohne zu verstehen, was diese sagten. Sie hatten sie entdeckt. Blinzelnd versuchte sie, etwas zu sehen, doch ihr Blick blieb trübe. Kurz darauf hob man sie hoch. Sie versuchte, sich zu wehren, doch ihre Arme und Beine hatten sich in Gummi verwandelt.
    Einen Moment gelang es ihr, den Nebel, der sich um ihr Bewusstsein gelegt hatte, zu zerreißen. Verschwommen erkannte sie das Gesicht eines älteren, hakennasigen Mannes, der besorgt auf sie herabblickte. Hinter ihm stand ein zweiter Mann, nicht ganz so alt, aber nicht weniger erschrocken.
    Ihre Wahrnehmung flüchtete sich an einen dunklen, warmen Ort …
    Vor ihr befand sich ein langer, düsterer Tunnel. Ein heller Schein fiel am anderen Ende in den Eingang. Das Licht zog sie an, rief sie auf unwiderstehliche Weise und versprach ewiges Vergessen und Geborgenheit. Sie wollte sich dem Locken ergeben, da keimte Protest in ihr auf. Wie das Licht sich fallen und treiben zu lassen, verhieß den Weg des geringsten Widerstandes. Juliane fühlte diesen zähen Kampf, die Zerrissenheit, doch stärker als alles andere war die Hoffnungslosigkeit und die Angst, die sie beherrschten.
    Nein, sie hatte keine Kraft mehr, sie konnte und wollte sich nicht länger dagegen wehren , nicht für sich oder eine Zukunft, die sie in dieser Welt nie haben würde.
    Juliane starrte in den Tunnel und machte einen Schritt darauf zu.
    »Ich dachte, du besitzt Mut? Ich dachte, du bist die Auserwählte?«
    Juliane fuhr herum und erkannte Zadieyek. Noch nie hatte jemand sie so verächtlich fixiert wie diese Frau. Juliane straffte sich und erwiderte den Blick aus den goldenen Augen trotzig. »Ich habe nicht darum gebeten.«
    »Du wolltest gebraucht werden! Sind Alys und all die anderen umsonst gestorben?«
    Juliane schlug die Hände vor ihr Gesicht. »Das wollte ich nicht! Ich hatte nie gedacht …« Ihre Stimme verlor sich in haltlosem Schluchzen. Schuldgefühle tobten durch ihr Innerstes, drückten sie nieder.
    »Du denkst nie nach«, warf ihr Zadieyek vor.
    Juliane drehte sich um und lief in den Tunnel.
    »Warte!« Die Stimme, die nun erklang, verhieß so tröstliche und liebevolle Anteilnahme, dass sie innehielt. Sie wandte sich der Stimme zu. Der Spiegel schwebte vor ihr und

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