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Der Zauberspiegel

Der Zauberspiegel

Titel: Der Zauberspiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Carver
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ungelenk ihr Körper sich anfühlte. Sie nippte an der Fleischbrühe und erkannte hinter Elyna ein rothaariges Mädchen, das Elyna wie aus dem Gesicht geschnitten war.
    Sie ließ sich in die Kissen sinken und spürte, wie Müdigkeit sie wieder zu übermannen drohte. »Wo bin ich?«, krächzte sie unter Aufbietung all ihrer Kräfte.
    »Du bist bei den Rebellen.« Elynas Antwort war das Letzte, das sie noch mitbekam.
     
    Juliane drehte sich auf die Seite und verharrte reglos. Weder Gliederschmerzen noch das Reißen und Brennen der Schnittwunden plagten sie. Vorsichtig setzte sie sich auf und sah sich in dem Raum um. Die Wände ringsum bestanden aus grauem Felsen. Es gab kein Fenster, durch das Licht dringen könnte. Die trübe Beleuchtung im Inneren stammte von zwei Fackeln, die in Halterungen an der Wand befestigt waren. Den Eingang verdeckte ein brauner Vorhang. Als einziges Mobiliar in der Kammer erwiesen sich außer dem Bett, in dem sie lag, ein Tisch am Kopfende und ein Lehnstuhl, auf dem das rothaarige Mädchen saß und schlief. Sie hing schief auf der Sitzgelegenheit, und die Flammen zeichneten Muster auf ihr Gesicht. Juliane schätzte sie auf siebzehn oder achtzehn Jahre alt. Sie besaß die Figur einer erwachsenen Frau. Im Gegensatz zu den Bäuerinnen trug sie ein leinenes Hemd, Hosen aus weichem Leder und ebensolche Stiefel. Kleidung, die Juliane bevorzugte, die für goryydonische Frauen jedoch ungewöhnlich und gewagt wirkte.
    Juliane richtete sich leise auf und schwang die Beine aus dem Bett. Sie streckte sich. Erneut warf sie einen Blick auf die junge Frau und bemerkte, dass diese sie beobachtete.
    Juliane überkam das unbestimmte Gefühl, sie bereits seit sehr langer Zeit zu kennen. »Hallo«, grüßte sie unsicher. »Ich bin Juliane.«
    Die Rothaarige erhob sich. »Ich bin Kalira. Wie fühlst du dich?«
    »Es geht mir schon viel besser. Wie lange war ich krank?«
    »Torus und Trian haben dich vor zwei Wochen hergebracht«, antwortete Kalira.
    Fassungslos sank sie auf das Bett zurück. »Zwei Wochen?« Sie schluckte. »Sag, wo bin ich hier?«
    »Du befindest dich in einem geheimen Unterschlupf der Rebellen.«
    Juliane dachte kurz nach. Sie hatte von Goryydons Land überhaupt keine Ahnung. Sie hielt sich in irgendwelchen Bergen auf und könnte durchaus nicht bei den Rebellen gelandet sein, zu denen sie eigentlich wollte, sondern bei Abtrünnigen des Nachbarlandes, die ein Bündnis mit den Todesreitern geschlossen haben könnten. Sie war ihnen ausgeliefert. Doch die beiden Rothaarigen hatten sie gerettet. »Seid ihr Anhänger des wahren Königs von Goryydon?«, erkundigte sich Juliane vorsichtig.
    Kalira warf ihr einen seltsamen Blick zu, anscheinend hätte sie das nicht fragen dürfen. »Ja.«
    In Julianes Magen löste sich der eisige Klumpen der Angst, der sich gebildet hatte. Oder war sie naiv, so leicht zu vertrauen? Was blieb ihr übrig? Nichts. »Dann stehen wir auf der gleichen Seite«, flüsterte sie.
    »Ja«, antwortete Kalira und schlug die Bettdecke zurück. »Versuch, noch ein wenig zu schlafen. Es ist mitten in der Nacht.«
    Juliane legte sich wieder hin und wurde von Kalira fürsorglich zugedeckt.
     
    *
     
    Obwohl Juliane aufgeregt wirkte, als sie sich in die Decken kuschelte, schlief sie kurz darauf tief und fest.
    Kalira blickte nachdenklich auf die schlafende Gestalt. Etwas in den hellen Augen berührte sie tief. Ohne genau zu wissen, was es sein mochte, so ahnte sie doch, dass Juliane Veränderungen mit sich brachte. Bedeutende Veränderungen, über deren Ausmaß sie sich noch nicht sicher war. Sie ahnte, dass sie es herausfinden würde, wenn es an der Zeit war.
     
    *
     
    »Wie geht es dir?«, fragte Elyna.
    Kalira und Elyna standen nebeneinander. Eindeutig Mutter und Tochter. Die Ähnlichkeit war verblüffend. Beide besaßen die gleiche Figur, schlank und hochgewachsen. Ihre Bewegungen waren geschmeidig, ihre Haltung stolz, was an Löwinnen erinnerte. Sie hatten sehr langes, gelocktes Haar, dessen Farbe de r dunklen, schweren Wein e s ähnelte. Nur die Augen unterschieden sich voneinander. Die Augenfarbe der Frau erinnerte an das tiefe Grün dichter Eichenwälder, dagegen waren Kaliras Augen von dem klaren, leuchtenden Grün eines Smaragds, in dessen Herz ein helles Feuer brannte. »Viel besser, danke.«
    »Sehr schön.« Elyna knetete ihre Hände. »Sag, weshalb warst du um diese Jahreszeit in den Bergen unterwegs? Weißt du nicht, wie gefährlich das sein kann?«
    Einen Moment nagte

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