Der Zauberspiegel
und bist die Auserwählte, das übertrifft jede Blutsverbindung«, sagte Ranon. »Du bist die Drachentochter.«
Juliane nickte. »Was stellen wir nun mit der Karte an?« Sie sah ihre Freunde der Reihe nach an.
»Talna meinte, Ranon wäre in einigen Tagen aufbruchbereit. Wir folgen der Karte, befreien Moira und kehren in die Blauen Berge zurück«, erklärte Kalira achselzuckend.
»So weit, so gut, aber einfach wird das nicht werden«, bemerkte Juliane. Ihr Blick wanderte zwischen Kalira und Ranon hin und her.
Kalira zuckte mit den Schultern und sah ihrerseits zu Ranon und Aran. »Also, ihr beide seid unsere Strategen. Was unternehmen wir, um Moira zu befreien?«
Juliane berührte die Phiole an ihrem Gürtel. »Ja, wie kommen wir nah genug, um sie mit dem Wasser zu benetzen?« Es schien ihr nahezu unmöglich, bis zu Moira zu gelangen, ohne entdeckt zu werden.
»Die Todesreiter«, sagte Aran. Sie sahen ihn an und er ließ keine Gefühlsregung erkennen. »Wir haben die Uniformen. Zwei von uns könnten sich unter die anderen Soldaten mischen.«
Ranon nickte nachdenklich. »Könnte funktionieren. Wo wird man sie wohl gefangen halten?«
Aran starrte ihn an. »Ihr wisst es nicht?«
Juliane lümmelte sich an das Fußteil des Bettes. »Moira ist in einem riesigen Kristall gefangen.« Zufrieden, dass sie etwas wusste, womit sie Aran überraschen konnte, verschränkte sie die Arme vor der Brust.
Kalira schlug die Hand vor den Mund und erstickte einen erschrockenen Ausruf. »Wir müssen Moira befreien!«
»Welche Fähigkeiten besitzt Moira, dass Kloob sie als so gefährlich einschätzt?«, fragte Juliane. Wenn Moira so mächtig war, vielleicht reichte es aus, sie zu befreien. Aufregung erfasste sie. Sie wagte kaum, den Gedanken zu Ende zu denken.
»Moira beherrscht die Elemente und Heilzauber. Und natürlich Wahrsagerei«, zählte Kalira auf und Juliane erinnerte sich, dass sie ihr das bereits im Rebellenversteck erzählt hatte.
Es klang nicht so, als wäre Moira eine ernste Bedrohung für Kloob. Oder sollte sie das beruhigen? War Kloob am Ende viel ungefährlicher als erwartet? »Das ist alles?« Juliane räusperte sich. Kalira und Ranon starrten sie an, als hätte sie keine Ahnung. Und wahrscheinlich war dem auch so, gestand sie sich ein. »Warum wollte Kloob sie aus dem Weg haben?«
»Kloob duldet keine magisch begabten und zauberkundigen Personen in Goryydon. Moira ist überdies eine Hoffnungsträgerin des Volkes. Sie in seiner Gewalt zu haben, ist für Kloob eine Zurschaustellung seiner Macht«, erklärte Ranon.
Juliane nickte. Moira zu befreien war also nicht nur moralisch, sondern auch strategisch das Richtige. »Dann lasst uns Kloob eine strategische Ohrfeige verpassen«, erwiderte Juliane feixend.
11. Kapitel – Fragen
J uliane atmete tief durch. Es waren nur wenige Tage seit ihrer Rückkehr von der Morvannenkönigin vergangen und endlich brachen sie auf, um dem Weg der Karte zu Moira zu folgen. Ranon sah noch blass aus, aber auch er konnte es nicht mehr erwarten aufzubrechen.
Der Hochsommer hatte seine Finger nach dem Morvannental ausgestreckt. Um die Mittagszeit brannte die Sonne unbarmherzig herab und nur im Schatten der Bäume blieb es angenehm kühl. Der Nebel, der sich über Nacht im Wald angesammelt hatte, verdunstete in der aufsteigenden Morgensonne, als sie sich von den Dorfbewohnern verabschiedeten. »Ihr solltet noch ein paar Sonnenläufe bei uns bleiben«, meinte Talna. »Du bist noch nicht kräftig genug, Ranon.«
Die Sorge der Morvannin zauberte ein leichtes Lächeln in seine blassen Züge.
»Ich werde aufpassen, dass er sich nicht überanstrengt«, versprach Kalira.
Talna reichte ihr eine kleine Flasche mit Medizin. Ranon kam ihr zuvor, öffnete die Flasche und roch daran. Naserümpfend verschloss er das Gefäß und gab es Kalira.
»Es ist ein Kräutertrank. Achte darauf, dass er ihn täglich zu sich nimmt.«
Kalira nickte und steckte die Medizinflasche sorgsam in ihre Satteltasche.
Juliane rutschte unruhig in ihrem Sattel umher. Sie hasste Abschiedsszenen und diesmal fiel es ihr doppelt schwer, weil nun wahrscheinlich das fortgesetzt wurde, was sie so verabscheute: das Morden. Sie wusste, dass dies die einzige Möglichkeit zum Überleben war, aber sie konnte keinen Gefallen daran finden, nur zu leben, indem sie einen anderen verletzte oder gar tötete – was die Götter dieser Welt verhüten mochten! Zyriak und die Dorfbewohner verabschiedeten sich herzlich von
Weitere Kostenlose Bücher