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Der Zauberstein von Brisingamen

Der Zauberstein von Brisingamen

Titel: Der Zauberstein von Brisingamen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Garner
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hindurchwinden und in der Hoffnung, dass er irgendwann an die Oberfläche käme, die Luft anhalten müssen, und gerade jetzt pumpte seine Lunge wie wild.
    Ein Rückzug war in dieser Lage ausgeschlossen. Und das trieb ihn voran. Lieber schnell als halbherzig dem Schicksal entgegengehen. Freilich verlangte es stählerne Nerven, sich langsam ins Wasser zu schieben und schließlich unterzutauchen.
    Diese Situation hatten noch drei Weitere zu bewältigen: Susan, Colin und Durathror, die ihre Wahl, die keine Wahl war, trafen. Aber kaum hatten sie ihr Entsetzen niedergerungen, da war’s auch schon vorbei. Das Wasser hatte sich nur in einer seichten, u-förmigen und keine zwei Meter langen Kuhle angesammelt, und sie tauchten alle auf der anderen Seite auf, ehe ihren Lungen die Luft ausgegangen war.
    Sie weinten oder lachten, jeder nach seiner Natur, aber es hörte sich beides sehr ähnlich an.
    Nicht viel später vergrößerte sich der Abstand zwischen Boden und Decke, und es war möglich, auf Händen und Knien zu kriechen. Die Kinder kämpften mit ihren durchweichten Rucksäcken und sprachen hastig und laut von den Gefahren, die ihnen begegnet waren, und wie gut es tue, sich wieder frei bewegen zu können.
    «Alles in allem genommen», sagte Fenodyree, «hat uns der Earldelving nicht schlecht behandelt. Ich hatte befürchtet, es würde grausamer werden. Von hier an werden wir kaum noch in Gefahr geraten, vorausgesetzt, wir unterschätzen die kleineren Risiken nicht.»
    Sie eilten nun geschwind voran, denn es blieb wohl nur noch eine knappe Stunde Tageslicht, und die Aussicht, die Nacht in nassen Kleidern verbringen zu müssen, war wenig reizvoll.
    Nach einer Weile glaubte Susan, über Fenodyrees Schulter einen matten grauen Fleck vor ihnen zu erkennen. Sie machte die Lampe aus.

    «He, Sue! Was soll das?»
    «Seht doch! Tageslicht!»
    So war es. Und bald hatten sie es erreicht. Sie befanden sich am Ende des Tunnels und auf dem Boden eines Schachts. Die sich nach oben verjüngenden Linien seiner vor Nässe glänzenden Wände endeten in einem winzigen blauen Quadrat, Welten entfernt.
    «Wir sollen doch nicht etwa diesen Schacht hochklettern?», fragte Colin.
    «Nein», lachte Fenodyree. «Da müssen wir schon in allerhöchste Not geraten, ehe ich das von euch verlange! Unser Weg ist bei weitem einfacher.»
    Er scharrte mit seinen Füßen in einem Schutthaufen herum, der am Boden des Schachtes lag.
    «Irgendwo muss… ah, ich hab’s!»
    Er zerrte einen Haufen morscher Äste beiseite, um ein Loch im Boden freizulegen.
    «Dies ist der Ausgang aus dem Earldelving. Sind wir einmal hier durch, gibt’s kein Zurück mehr.»
    Es war die abschüssige Fortsetzung des Schachts, wenn auch nur halb so breit, von festen Lehmwänden begrenzt, glatt und ohne Vorsprünge oder Risse.
    «Das ist mal eine angenehme Partie», sagte Fenodyree, setzte sich auf den Rand und grinste Susan an. Er spähte zwischen seinen Füßen hinab, nickte und ließ los. Ein ferner Platscher kündete vom Ende seiner Rutschpartie, und aus weiter Ferne klang fröhlich seine Stimme herauf.
    Susan ließ sich mit äußerster Vorsicht in das Loch hinab, aber der Rand bröckelte unter ihren Händen weg, und schon entschwand sie dem Blick wie eine aus einem Gewehr abgefeuerte Kugel. Immer schneller schoss sie über die glitschige Oberfläche und landete schließlich bis zur Hüfte in einer Mischung aus Wasser und Schlamm, die zwar ihren Fall bremste, ansonsten aber wenig Komfort bot.
    «Oh!»
    «Wenn du deine Hand nach links ausstreckst», sagte Fenodyree dicht neben ihr, «wirst du eine Felskante finden: Zieh dich daran heraus. Gut. Nun taste dich zu dem Tunnel vor. Wir werden bald hier raus sein.»
    Der Tunnel stand einen Meter tief unter Wasser und war ganz klebrig von dem Lehm, aber er war hoch und nicht lang. An seinem Ende erhob sich ein Schacht, der nur wenig Probleme bereitete, da er aus einer Reihe schiefer Absätze bestand, die durch breite Sockel miteinander verbunden waren, sodass sie eher eine gigantische Treppe hinaufkrabbelten als einen Schacht hochkletterten. Eigentlich waren nur die letzten vier Meter gefährlich: Hier war der Fels senkrecht, doch bot er reichlich Halt, und man gelangte mühelos nach oben. Von dort führte ein kurzer Gang in eine kreisrunde Höhle – und ins Tageslicht, richtiges, erreichbares Tageslicht. Ein an der Wand lehnender Baumstamm brachte Fenodyree und die anderen, die dicht hinter ihm kamen, in eine Senke, von der aus man die

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