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Der Zauberstein von Brisingamen

Der Zauberstein von Brisingamen

Titel: Der Zauberstein von Brisingamen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Garner
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Sand verstopft, aber selbst als sie den hinter sich hatten, war der Tunnel noch so versandet, dass es den Kindern fast unmöglich war, sich überhaupt zu bewegen. Sie lagen lang ausgestreckt, und Wände, Boden und Decke umschlossen sie wie eine zweite Haut. Die Köpfe hatten sie zur Seite gedreht, da durch die niedrige Decke in jeder anderen Lage der Mund in den Sand gepresst wurde und sie nicht atmen konnten. Die einzige Möglichkeit voranzukommen bestand darin, sich mit den Fingerspitzen vorwärts zu ziehen und mit den Zehen abzustoßen, denn es war unmöglich, die Beine auch nur ein wenig zu beugen, und jede Bewegung der Ellenbogen zwängte automatisch die Arme unter ihre Körper.
    Der Tunnel unterschied sich von allen, die sie bis jetzt im Earldelving gesehen hatten, denn er hatte keine Abzweigungen, wenn er auch nicht geradeaus verlief. Dieser Umstand sowie die Verstopfung des Tunnels mit den vier Körpern brachte es mit sich, dass einzig der Erste imstande war, überhaupt richtig zu atmen.
    Es wurde zudem unerträglich heiß. In jeder Hautfalte knirschte der Sand, geriet in Mund, Nase und Ohren. Colin merkte, dass er immer häufiger ausruhen musste. Er dachte an die wohl hundert Meter Fels über sich und an die Kilometer von Felsen unter sich und wie er in einem etwas über zwanzig Zentimeter breiten Spalt dazwischen eingekeilt war. Ich bin ein lebendiges Fossil! Angenommen, ich bleibe hier stecken: Da werden die Archäologen aber Augen machen!
    Vorne kämpfte Fenodyree mit einer neuen Schwierigkeit. Er war an eine Stelle gekommen, wo der Tunnel sich jäh wie eine Haarnadel bog, und Witwenmachers starre Klinge auf Armeslänge durch diese Kurve zu quälen, war keine einfache Aufgabe. Angespannte Nerven und Muskeln sind dem überlegten Handeln nicht gerade zuträglich. Zwar gelang es ihm, doch dauerte es einige Zeit, ehe er halbwegs in der Lage war, seinem Schwert zu folgen. Fenodyree geriet rasch ans Ende seiner letzten Kraftreserven.
    Susan ertastete das Hindernis voller Entsetzen. Das war doch unmöglich! Aber wo war Fenodyree? Er musste einen Weg da herum gefunden haben, und somit war es vielleicht, wie die meisten dieser unterirdischen Probleme, leichter zu bewältigen, als es den Anschein hatte. Jedenfalls würde es nicht viel nützen, dazuliegen und darüber nachzudenken, also zog sie ihren Kopf ein und ließ sich gekrümmt nach unten rutschen.
    Das war zwar unangenehm, besonders als sie mit ihren Fersen an der Decke entlangscheuerte, doch zog ihr Gewicht sie herunter und es war bald überstanden.
    Colin war drei Zentimeter größer als seine Schwester, und das war katastrophal. Seine Fersen verkanteten sich an der Decke: Er konnte sich weder nach oben noch nach unten bewegen, und die scharfe Felskante grub sich in seine Schienbeine, bis er vor Schmerz aufschrie. Aber bewegen konnte er sich nicht.
    Durathror, der nach ihm kam, erfasste die Lage mit einem Blick.

    «Hörst du mich?», brüllte er an Colins Fußknöchel.
    «Ja.»
    Die Antwort war kaum hörbar.
    «Versuche – dich – auf – die – Seite – zu – drehen! Und –
    dann – auf – den – Bauch! Ich – werde – deine – Füße –
    dirigieren! Bist – du – bereit?»
    «Ja.»
    Durathrors Schwert ragte neben Colins Füßen in den Tunnel, und obgleich es in seiner Scheide steckte, hätte es übel ausgehen können, wenn es Colins wild zuckenden Beinen ins Gehege gekommen wäre.
    Colin quälte sich im Tunnel auf die Seite. Es war eigentlich nicht möglich, aber die Verzweiflung gab den Ausschlag, und als er erst einmal auf dem Bauch lag und seine Knie sich um die Tunnelwindung bogen, hatte Durathror gerade genug Spielraum, Colins Beine um die Kurve zu zwängen; und von da an erging es Colin besser als den anderen, denn diese lagen jetzt auf dem Rücken, und in dieser Haltung war die Fortbewegung noch viel anstrengender und unangenehmer als vorher.
    Fenodyree robbte mit frischer Energie voran, denn seines Wissens war diese Kurve das letzte große Hindernis. Man stelle sich daher sein Entsetzen vor, als sein Schwert in Wasser platschte. Er drehte seinen Kopf nach allen Seiten. Er konnte nichts sehen; aber seine Hände übermittelten ihm böse Neuigkeiten: Der Tunnel führte hinunter und war bis zur Decke überflutet. So war’s zu seines Vaters Zeiten nicht gewesen, aber die gehörten wohl endgültig der Vergangenheit an.
    Der Tunnel war noch nicht zu Ende. Wie weit erstreckte sich das Wasser? Ein paar Zentimeter? Meter? Er würde sich

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