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Der zehnte Richter

Der zehnte Richter

Titel: Der zehnte Richter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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Gerichtshof wirklich das wahre Recht darstellt und daß jeder Fall mit demselben Ergebnis enden würde, ganz gleich, wer gerade drinsitzt. Wenn also 1973 in Roe gegen Wade das Recht auf Abtreibung festgeschrieben wurde, dann sollte diese Entscheidung nicht umgestoßen werden, bloß weil ein paar konservative Richter neu auf der Bank sitzen. Aber mit der Zeit ist mir klar geworden, daß genau das den Reiz des Rechtswesens ausmacht. Wir entscheiden jeden Fall für sich. Kein Fall ist absolut identisch gestrickt, und jeder Richter zieht sämtliche Tatsachen in Betracht. Wenn wir jedesmal dasselbe Urteil haben wollten, brauchten wir keine Richter - wir würden Roboter aufstellen, um die Tatsachen einzuspeisen, worauf sie immer dieselbe kalte, logische Entscheidung fällen würden. Aber wer will schon, daß ein Roboter über sein Leben bestimmt?«
    »Das kommt darauf an, ob es konservative oder liberale Roboter sind.«
    »Genau darauf will ich ja hinaus. Du solltest aufhören, alles in Schwarzweiß zu sehen. Keine zwei Menschen beurteilen irgend etwas absolut gleich. Deswegen ist die Sache ja so großartig. Wir liefern uns zwar den individuellen Wertvorstellungen bestimmter Menschen aus, aber im Gegenzug gewinnen wir ein individualisiertes Rechtssystem. Würdest du denn wirklich in einer Welt leben wollen, in der es keine Ostermans oder Veidts gäbe?«
    »Im Grunde würde ich das durchaus«, sagte Ben. »Aber ich schätze, daß das auch den Zusammenbruch des gesamten Markts für Madras-Golfhosen bedeuten würde.«
    »Ben, laß doch mal die Witze.« »Ich weiß, ich weiß.« Ben zerbröselte die harten Überreste seines Croissants. »Aber das heißt noch nicht, daß ich mich nicht ärgern darf, wenn ein Verfahren auf der Basis von Kungeleien entschieden wird.«
    »Ärgern solltest du dich durchaus. Mir geht es nur darum, daß diese menschliche Seite eines juristischen Verfahrens auch eine Menge Vorteile schafft, die uns unsere Demokratie so erhalten, wie wir sie kennen.«
    »Das ist wirklich phänomenal, General Washington. Ich werde mir das jedesmal ins Gedächtnis rufen, wenn ich die Geschichte erzähle, wie Veidt sein Votum verhökert hat.«

ACHTES KAPITEL
    Als Ben und Lisa am Abend zu Lisas Apartmenthaus kamen, warteten Ober und Nathan schon vor der Tür. »Wo zum Teufel wart ihr denn?« fragte Ober. Er lief auf der Stelle, um sich warm zu halten. »Wir erfrieren hier draußen.«
    »Warum habt ihr denn nicht in der Halle gewartet?« fragte Lisa.
    »Weil dieser Idiot von Portier uns nicht reinlassen wollte. Er sagte, wenn unser Gastgeber nicht da sei, müßten wir draußen warten.«
    »Das kann doch nicht wahr sein.« Lisa stürmte durch die Tür und ging auf den freundlich lächelnden Portier zu. »Warum zum Teufel lassen Sie meine Freunde draußen warten?«
    »Ma'am, der Gastgeber war nicht da.«
    »Ich bin die Gastgeberin«, verkündete Lisa. »Und wenn ich mich fünf Minuten verspäte, will ich nicht, daß meine Freunde draußen in der Kälte warten müssen. «
    »Ma'am, auch wenn Sie die Gastgeberin sind, haben wir eine Hausordnung, nach der Gäste nicht ohne das Einverständnis der Gastgeber eingelassen werden. Als Portier ist es meine Aufgabe, dafür zu sorgen, daß niemand in unserer Eingangshalle herumlungert.«
    »Tatsächlich?«
    »Ja, Ma'am, tatsächlich«, bellte der Portier. »Die Mietervereinigung hat mir die Vollmacht gegeben, Herumtreiber, Stadtstreicher und andere kriminelle Elemente aus diesem Anwesen zu entfernen.«
    »Sind Sie da ganz sicher?« fragte Lisa.
    »Oh je.« Ben hielt sich die Hand vor die Augen, nicht ohne durch die Finger zu schielen. »Das wird langsam ernst.«
    »Jetzt will ich Ihnen mal ein paar Dinge klarmachen.« Lisa hielt dem Portier den ausgestreckten Zeigefinger vor die Nase. »Erstens ist mir völlig egal, wer Sie sind, aber sobald Sie meine Gäste in diesem Haus haben, werden die auch zu Ihren Gästen. Und wenn Sie meinen, Sie hätten die Befugnis, Gäste in der Kälte stehenzulassen, ist bei Ihnen wohl 'ne Schraube locker. Wir sind hier zwar nicht in der Tundra, aber es ist draußen trotzdem kalt. Zweitens sind allgemeine Weisungen bezüglich unerwünschten Aufenthalts ungesetzlich, weil sie Schmalspurbullen wie Ihnen erlauben, nach Belieben Leute zu diskriminieren. Wenn Sie also keine wirklich plausiblen Gründe haben, meine Freunde zu verdächtigen, sollten Sie besser Ihren Mund halten. Und drittens: Wenn Sie meine Freunde Stadtstreicher oder Kriminelle nennen, schleppe

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