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Der zehnte Richter

Der zehnte Richter

Titel: Der zehnte Richter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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Meinungsverschiedenheit.«
    »Und warum mußtest du meiner Mutter davon erzählen?« fragte Ben. »War das wirklich nötig?«
    »Du weißt doch, wie sie ist«, verteidigte sich Ober. »Sie hat mich gelöchert, was eigentlich los ist, und zwar erbarmungslos. Als hätte sie gerochen, daß irgend etwas nicht in Ordnung ist. Aber mehr habe ich wirklich nicht gesagt, das schwöre ich.«
    »Bist du sicher?«
    »Absolut. Danach war ich standhaft.«
    »Warum hat sie mir dann erzählt, du hättest ihr das Gerücht bestätigt, daß ich mit meiner Kollegin schlafe?«
    Ein breites Grinsen trat auf Obers Gesicht. »Das habe ich ihr bloß zum Spaß erzählt.«
    »Danke schön«, sagte Ben sarkastisch. »Wegen deiner Blödheit haben meine Eltern Lisa zu Thanksgiving eingeladen.«
    »Sie kommt an Thanksgiving zu euch?« Ober lachte. »Da wird man sie ja bei lebendigem Leib verspeisen! Leute, das ist stark. Oder nicht?«
    »Vielleicht solltest du Lisa raten, eine kugelsichere Weste zu tragen«, schlug Eric vor.
    Ben warf ihm einen finsteren Blick zu, um sich wieder Ober zuzuwenden. »Warte nur, bis ich deine Mutter mal am Telefon habe.« Er hob den blauen Matchsack neben Nathans Füßen auf und ging zur Treppe. »Vielleicht solltest du schon mal die Zwangsjacke aus der Reinigung holen. Könnte ja sein, daß du sie dann nötig hast.«

NEUNTES KAPITEL
    Es war gegen Mittag am nächsten Tag, als Lisa ins Büro zurückkam und verkündete: »Sie haben es schon wieder verschoben.«
    »Was?« Ben hob den Kopf von einer der über zwei Dutzend Eingaben, die sich auf seinem Schreibtisch stapelten. »Es ist doch Samstag, und kein einziger Richter ist im Haus.«
    »Osterman hat Joel gerade von zu Hause aus angerufen. Sie haben immer noch nicht abgestimmt.«
    »Unglaublich«, sagte Ben. »Und aus welchem Grund? Wollen sie Grinnell zur langatmigsten Entscheidung aller Zeiten machen?«
    »Immerhin haben sie sich Dienstag als letzten Termin gesetzt.«
    »Sie haben die Sitzung von Mittwoch auf Dienstag verlegt?«
    »Nur für die nächste Woche«, sagte Lisa. »Sie wollten sicherstellen, daß alle den Tag vor Thanksgiving freihaben, und deshalb soll es bis dahin entschieden sein.«
    »Nett von ihnen«, gab Ben zu.
    »Sie haben durchaus ihre guten Tage.« Lisa setzte sich aufs Sofa, zog die Schuhe aus und sah auf ihre Armbanduhr. »Nur noch acht Stunden bis zum großen Treffen. Bekommst du allmählich Angst?«
    »Auf jeden Fall bin ich ziemlich nervös.«
    »Wenigstens brauchst du dir jetzt keine Sorgen zu machen, daß er es schaffen könnte, dir das Grinnell-Urteil aus der Nase zu ziehen.«
    »Ich hab' meine Lektion gelernt, danke«, sagte Ben säuerlich.
    »Nimm's doch nicht gleich persönlich.«
    »Wie soll ich so was denn nicht persönlich nehmen?«
    »Ich sage ja nicht, daß du damit rausplatzen würdest«, beschwichtigte ihn Lisa, »aber dein Gesichtsausdruck könnte was verraten, wenn er dich nach dem Ergebnis fragt.«
    »Meine Liebe, wenn jemand ein Pokerface wie das meine sein eigen nennt, macht er sich keine Sorgen, unabsichtlich etwas zu verraten.«
    »Dein bescheidener Verstand läßt dich tatsächlich annehmen, daß du ein großartiges Pokerface besitzt?«
    »Ich weiß, daß ich eins habe.« Ben demonstrierte ihr ein eiskaltes Starren.
    »Das soll dein Pokerface sein? Du siehst aus, als hättest du Verstopfung.«
    »Ich sehe grimmig aus.« Ben schaffte es nur mit Mühe, seine Miene unverändert zu lassen. »Ich bin ein Wolf auf der Jagd. Geschmeidig schleicht er durch die Büsche.«
    »Du träumst. Wenn mich jemand so anschauen würde, hätte ich den Eindruck, daß er unter starken Medikamenten steht.«
    Ben gab seine Pose auf und wackelte mit dem Zeigefinger. »Du solltest die Macht eines von Medikamenten verursachten Starrens nicht unterschätzen. Schließlich haben wir so den kalten Krieg gewonnen.«
    »Was du nicht sagst.«
    »Ernsthaft«, sagte Ben. »Auch die Kampagne zur Wiederwahl Reagans hat sich vollständig auf ein solches Starren verlassen.«
    »Ich hör' dir gar nicht zu.«
    »Wenn du dich so verhalten willst, muß ich dir mitteilen, daß Ignoranz furchtbare psychische Konsequenzen hat. Sie schädigt dich auf ganz unvorstellbare Weise.«
    »Schon gut«, sagte Lisa. »Ich liebe die Gefahr.«
    Um halb acht Uhr abends packte Ben seine Aktentasche und holte seinen Mantel aus dem Schrank. »Alles klar?« fragte Lisa. »Ich glaube schon.« Ben legte den Mantel auf seinen Schreibtisch und betastete seine Brust, um zum fünften Mal zu

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