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Der zehnte Richter

Der zehnte Richter

Titel: Der zehnte Richter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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hier so anders?«
    »Meine Eltern sind hier. Das ist alles. Punkt. Ich will nicht, daß sie da hineingezogen werden.«
    »Deshalb hat Rick ja auch angerufen«, mutmaßte Lisa. »Er wußte, daß dich das auf die Palme bringen würde.«
    »Ach, wirklich?« meinte Ben sarkastisch. »Und ich hab' tatsächlich geglaubt, er wollte eine echte Freundschaft zwischen uns beiden aufbauen. Nach dieser netten Spazierfahrt in seiner Limousine haben wir schließlich tonnenweise Erinnerungen, über die wir fröhlich lachen können.«
    Lisa erwiderte nichts. »Tut mir leid.« Ben tat einen tiefen Atemzug. »Können wir bitte von vorn anfangen?«
    »Absolut.« Ein leichtes Lächeln trat auf ihr Gesicht. »Also erzähl mir mal, was Rick gesagt hat.«
    »Er hat gesagt, er wollte mir bloß ein schönes Thanksgiving wünschen. Ich bin sicher, daß das seine Art ist, mir zu sagen: Vergiß nicht, worüber wir bei unserer Rundfahrt gesprochen haben. «
    »Wir sollten ihn wirklich finden und ihm den Kürbis auspressen.« Lisa ließ ihre Beine baumeln.
    »Du hast ja so unendlich recht«, sagte Ben und lehnte sich wieder zurück.
    »Du weißt ja, wann immer du darüber reden willst, bin ich ganz Ohr.«
    »Nett von dir«, sagte Ben lächelnd. »Können wir jetzt einfach den Sonnenuntergang genießen?«
    »Seid ihr fertig zum Essen?« fragte Bens Mutter am folgenden Abend um Punkt sieben Uhr.
    »Was ist denn mit Dad?« Ben holte einen Krug mit kaltem Wasser und zwei Flaschen Limonade aus dem Kühlschrank.
    »Er hat gerade angerufen. Jemand hat seine Hinterreifen aufgeschnitten, deshalb sitzt er noch in der Redaktion fest.«
    »Ist ihm auch nichts passiert?« fragte Lisa.
    »Soll ich ihn vielleicht abholen?« schlug Ben vor.
    »Ist schon in Ordnung«, erklärte Bens Mutter. »Er hat gesagt, der Pannendienst müßte bald kommen.«
    Ben und Lisa nahmen Platz, während Bens Mutter eine Riesenschüssel Salat auftischte. »Gebt mir eure Teller.«
    Ohne Vorwarnung flog die Tür auf, und Bens Vater trat ins Zimmer. »Guten Abend, allesamt«, verkündete er und gab jedem einen Kuß, bevor er sich ans Kopfende des Tisches setzte. »Gutes Timing, oder?«
    »Das ging aber schnell«, bemerkte Bens Mutter.
    »Ihr werdet kaum glauben, was passiert ist.« Bens Vater zog sich seine Krawatte vom Hals. »Gleich nachdem ich die Pannenhilfe angerufen hatte, bin ich rausgegangen, um den ersten Reifen zu wechseln. Ich dachte, das würde mir Zeit sparen, wenn die guten Leute endlich kämen. Jedenfalls bin ich gerade dabei, meinen Ersatzreifen zu montieren, als jemand neben mir hält und bemerkt, daß auch mein zweiter Hinterreifen platt ist. Er bietet mir seinen eigenen Ersatzreifen an und hilft mir sogar dabei, ihn festzuschrauben. Und als ich ihm am Ende angeboten habe, ihm was dafür zu bezahlen, hat er gesagt, er könnte kein Geld dafür nehmen - schließlich sei heute Thanksgiving und so weiter.«
    »Wie hat er denn ausgesehen?« Ben hoffte, daß seine Frage beiläufig klang.
    »Blondes Haar, ziemlich geschniegelt. Nicht besonders auffällig.«
    Lisa und Ben wechselten einen Blick.
    »Hat er sonst noch was gesagt?« Ben versuchte, ruhig zu bleiben.
    »Nein.« Bens Vater schaufelte einen Berg Salat auf seinen Teller. »Ach, doch: Er kannte mich aus meiner Kolumne. Und du wirst es nicht glauben, aber er wußte, daß du am Obersten Gerichtshof arbeitest. Er hat sich an den Artikel erinnert, den Cary über dich geschrieben hat - damals, als sie dich gerade angenommen hatten.«
    Bens Gabel glitt aus seiner schweißnassen Hand und fiel klappernd auf den Teller.
    »Geht's dir nicht gut?« fragte seine Mutter.
    Ben wischte sich die Hände an den Hosen ab, griff wieder nach seiner Gabel und riß sich rasch zusammen. »Doch, doch. Ich hab' bloß den ganzen Tag noch nichts gegessen.«
    Erstaunt über die Ruhe, mit der Bens Vater auf den Vorfall reagierte, fragte Lisa: »Werden Ihnen oft die Reifen aufgeschlitzt?«
    »Immer mal wieder. Immer wenn ich einen Kommentar über die in der Stadtverwaltung grassierende Korruption schreibe, schlitzt man mir die Reifen auf und wirft Steine in meine Fenster. So ist nun mal das Leben eines Kolumnisten. Zu viele Feinde.«
    »Also war das jetzt wahrscheinlich keine große Sache«, sagte Lisa in der Hoffnung, daß Ben zuhörte.
    »Für mich nicht«, stellte Bens Vater stolz fest.
    Weil sie keiner Rede über das Leben eines Kolumnisten lauschen wollte, fragte Bens Mutter: »War in der Redaktion sonst noch was Besonders?«
    »Eigentlich nicht.

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