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Der Zeichner der Finsternis

Der Zeichner der Finsternis

Titel: Der Zeichner der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilsa J. Bick
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nicht so nennen«, äffte er mich nach. »Kommst du jetzt runter oder muss ich hochkommen?«
    Was blieb mir anderes übrig? Ich hob mein zerknülltes T-Shirt auf und zog es über. Es war durchgeschwitzt und klamm, und ich fröstelte. Wohl oder übel musste ich den dreien beim Runterklettern den Rücken zudrehen. Ich machte mich darauf gefasst, dass das Gerüst einstürzen würde, aber ich kam heil unten an. Ich drehte mich um, verschränkte die Arme und fragte: »Also, was ist?«
    »Ich muss mir dir über deinen Onkel reden.« Dekker hatte von der Arbeit noch Ruß im Gesicht, und seine Fingernägel waren eingerissen.
    »Was ist mit ihm?«
    »Soll ich dir sagen, was er jetzt wieder für’n Scheiß gemacht hat?« Dekker beugte sich vor. Sein Atem stank nach Qualm. »Er ist bei meinem Alten aufgekreuzt. Hat behauptet, dass eigentlich ich die Schmiererei da wieder wegmachen müsste …«, er zeigte mit dem Daumen über die Schulter, »… dass ich dich nachgemalt hätte, weil ich mich an ihm rächen will.«
    Erstaunlicherweise bekam ich sofort wieder ein schlechtes Gewissen – und Dekker tat mir sogar ein bisschen leid. Wie gesagt, er war ein Arsch und hatte das, was ihm schon alles passiert war, höchstwahrscheinlich verdient. Aber, na ja … das Gleiche konnte man von mir wahrscheinlich auch sagen.
    »Tut mir leid.« Mehr fiel mir nicht ein. Ich konnte schließlich nicht rückgängig machen, was Onkel Hank getan hatte. »Das war unfair.«
    Dekker stieß mir den Zeigefinger vor die Brust. »Unfair? Dein Onkel kreuzt jedes Mal bei meinem Alten auf, wenn’s in dieser Stadt irgendwelchen Ärger gibt.«
    Auch darauf fiel mir keine Erwiderung ein.
    »Und weißt du, was mich am meisten ankotzt?« Er piekte mich noch mal vor die Brust. »Dass du immer davonkommst! Okay, Miss Stefancyzk hat selber den Kopf in die Schlinge gesteckt, aber wer hat sie dazu gebracht? Wer hat sie damals verflucht, hä?«
    Ich wusste, worauf er hinauswollte – auf das, was alle in dieser miesen kleinen Stadt dachten und worüber sie hinter meinem Rücken redeten. Es war immer dasselbe.
    »Und als deine Tante ’nen Abgang gemacht hat, was glaubst du, wer da gleich in Dads Werkstatt gerannt ist? DeinOnkel! Er hat Dad lauter Sachen angehängt, die irgendwelche Besoffenen angestellt haben. Das waren angeblich alles mein Vater oder seine Kumpels. Und dann wurde Dad verknackt, dabei war an den Anschuldigungen nichts dran, alles erstunken und erlogen!«
    »Ich war damals noch klein.« Ärgerlicherweise klang das, als wäre ich immer noch klein. »Ich hatte damit nichts zu tun.«
    »Klein, von wegen.« Dekker verzog das Gesicht. »Ich war damals auch noch klein. Aber rate mal, wer von uns beiden das Ganze ausbaden musste? Wer von uns beiden musste denn ins Heim, hä? Du schon mal nicht. Dabei weiß jeder, was damals passiert ist! Würde mich nicht wundern, wenn du auch deine Tante umgebracht hättest. Ich wette, sie hat eins von deinen Bildern gesehen. Das hat sie nicht ausgehalten, und dann hat sie …«
    Weiter kam er nicht, weil ich ihm in die Fresse schlug.

VII
    Okay, das war nicht besonders schlau. Besser gesagt, es war glatter Selbstmord. Vielleicht musste ich Dekker aber auch das Maul stopfen, weil jedes Wort … Ich hatte keine Lust, mir auch noch von ihm anzuhören, was ich schon selbst über mich dachte.
    Als meine Faust seine Nase traf, fühlte es sich an, als würde in meiner Hand eine Bombe explodieren. Seine Zähne bohrten sich in meine Knöchel. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass es dermaßen wehtun würde. Der Schlag und der Schmerz pflanzten sich durch meinen Arm bis in die Schulter fort.
    Dekker taumelte und wankte rückwärts. Dabei ließ er den Abbeizerkanister los. Der Kanister flog durch die Luft, knallte gegen Dekkers Maschine, der Deckel ging ab und die gelbliche Pampe ergoss sich gluckernd über den schwarzen Lack und die verchromten Auspüffe. Es sah aus wie Rotz.
    Den beiden anderen Typen verschlug es die Sprache. Dann stiegen sie von ihren Motorrädern.
    »Blöde Sau!« Aus Dekkers Nasenloch lief Blut. Er war knallrot im Gesicht. »Meine Maschine ist hin!«
    Seine Kumpel kamen angestapft und die drei drängten mich in Richtung Scheunenwand, wahrscheinlich damitDekker einen Widerstand hatte, wenn er auf mich einprügelte. Ich sah ihn kommen, wie im Alptraum, wenn das Monster in Zeitlupe auf einen zutappt und man weiß, dass man weglaufen muss, aber nicht kann …
    »Ich schneid dir die Eier ab«, verkündete Dekker. In

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