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Der Zeitdieb

Der Zeitdieb

Titel: Der Zeitdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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drängten sich vor etwas zusammen, das einst ein Gemälde gewesen war – eigentlich existierte es nach wie vor, denn jedes einzelne Molekül war vorhanden. Sie sahen kurz auf und setzten ihre Bemühungen dann fort.
    Frau Rötlich-Oranges Ärger nahm zu, weil sie nicht herausfinden konnte, warum sie sich ärgerte. Ein Grund mochte sein, dass Herr Weiß sie sonderbar angesehen hatte, als er ihr diese Aufgabe übertrug. Angesehen zu werden war in jedem Fall eine neue Erfahrung für einen Revisor – Revisoren sahen sich nur selten an, weil sie alle gleich aussahen. Außerdem waren sie nicht daran gewöhnt, dass man mit dem Gesicht etwas mitteilen konnte. Oder überhaupt ein Gesicht zu haben. Oder einen Körper, der seltsam auf den Ausdruck eines Gesichts reagierte, das in diesem Fall Herrn Weiß gehörte. Wenn er sie auf diese Weise ansah, drängte etwas in ihr danach, ihm die Haut vom Gesicht zu kratzen.
    Was überhaupt keinen Sinn ergab. Kein Revisor sollte solche Empfindungen einem anderen Revisor gegenüber haben. Kein Revisor sollte überhaupt solche Gefühle haben. Ein Revisor sollte nichts fühlen.
    Frau Rötlich-Orange fühlte Zorn. Sie hatten so viele Fähigkeiten eingebüßt. Es war lächerlich, kommunizieren zu müssen, indem man Teile der Haut bewegte. Und was die Zunge betraf… Igittigitt…
    Soweit sie wusste, hatte während der ganzen Existenz des Universums noch nie ein Revisor so etwas wie Igittigitt gespürt. Doch dieser verflixte Körper steckte voller Igittigitt -Möglichkeiten. Sie konnte ihn jederzeit verlassen, aber, aber… Ein Teil von ihr wollte das nicht. Der schreckliche Wunsch, am körperlichen Sein festzuhalten, dehnte sich immer mehr aus.
    Sie verspürte Hunger. Und auch das ergab keinen Sinn. Der Magen war ein Beutel, dazu bestimmt, Nahrung zu verdauen. Er sollte keine Befehle erteilen. Die Revisoren konnten überleben, indem sie Moleküle mit der Umgebung austauschten und lokale Energiequellen nutzten. Das war Fakt.
    Aber es nützte nichts, den Magen darauf hinzuweisen. Frau Rötlich-Orange spürte ihn ganz deutlich. Er hockte da und knurrte. Ihre eigenen inneren Organe belästigten sie. Warum zum… Warum hatten sie auch die inneren Organe kopiert? Igittigitt.
    Es war einfach zu viel. Sie wollte… sie wollte… ihr Empfinden zum Ausdruck bringen, indem sie einige… schlimme Wörter rief…
    »Uneinigkeit! Verwirrung!«
    Die anderen Revisoren blickten sich entsetzt um.
    Aber diese Worte befreiten Frau Rötlich-Orange nicht vom Druck des Zorns. Sie hatten nicht die gleiche Ausdruckskraft wie früher. Es musste noch Schlimmeres geben. Ah, ja…
    »Organe!«, rief sie und stellte zufrieden fest, dass sie ein geeignetes Wort gefunden hatte. »Und warum starrt ihr… Organe mich so an?«, fügte sie hinzu. »An die Arbeit!«
     
    »Sie nehmen alles auseinander«, flüsterte Lobsang.
    »Typisch für Revisoren«, kommentierte Susanne. »Sie glauben, so findet man mehr über die Dinge heraus. Ich verachte sie. Ja, ich verachte sie wirklich.«
    Lobsang musterte sie kurz. Das Kloster war kein Institut, das Jungen vorbehalten war. Es gab dort nur Jungen, aber das war keineswegs ein offizielles Prinzip. Die Möglichkeit, dass auch Mädchen die klösterliche Schule besuchten, war Leuten, die in sechzehn Dimensionen denken konnten, nie in den Sinn gekommen. In der Diebesgilde wusste man, dass Mädchen im Stehlen mindestens ebenso gut waren wie Jungen. Zum Beispiel erinnerte sich Lobsang gern an Steff, die einem das Wechselgeld aus der Gesäßtasche entwenden und sogar noch besser klettern konnte als ein Assassine. Er war mit der Gesellschaft von Mädchen vertraut. Susanne hingegen verunsicherte ihn zutiefst. An irgendeiner verborgenen Stelle tief in ihrem Innern schien ein Feuer des Zorns zu brennen, und bei den Revisoren ließ sie die Flammen sichtbar werden.
    Er dachte daran, wie sie mit dem Schraubenschlüssel zugeschlagen hatte. Das Erinnerungsbild zeigte ihm eine Susanne, die kurz die Stirn runzelte, als sie sich konzentrierte, um das Ziel nicht zu verfehlen.
    »Sollen wir gehen?«, fragte er vorsichtig.
    »Sieh sie dir nur an«, fuhr Susanne fort. »Nur ein Revisor nimmt ein Bild auseinander, um herauszufinden, wodurch es zu einem Kunstwerk wird.«
    »Dort drüben liegt ein großer Haufen aus weißem Staub«, sagte Lobsang.
    » Mann mit großem Feigenblatt «, erwiderte Susanne geistesabwesend. Ihr Blick galt noch immer den grauen Gestalten. »Sie würden eine Uhr demontieren, um nach dem

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