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Der Zeitdieb

Der Zeitdieb

Titel: Der Zeitdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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konzentrieren, deine Gestalt zu
    wahren«, sagte Unity. »Und übrigens: Das waren unsere letzten
    Pralinen.«
    »Nein, wir haben noch sechs in einer ›Goldenen Auswahl‹ von W &
    B«, meinte Susanne. »Drei bestehen aus weißer Schokoladencreme in
    dunkler Schokolade und die drei anderen aus Schlagsahne in
    Milchschokolade. Das sind die im silbernen Papier… Seht mich nicht so an. Ich schlage vor, wir setzen den Weg jetzt fort. Ohne Schokolade zu erwähnen.«

    Du hast keine Macht über uns, sagte der Revisor. Wir leben nicht.
    ABER IHR LEGT ARROGANZ, STOLZ UND DUMMHEIT AN
    DEN TAG. DAS SIND EMOTIONEN UND SOMIT ZEICHEN
    VON LEBEN.
    »Entschuldigung?«, sagte die strahlende, weiße Gestalt.
    Aber du bist ganz allein hier!
    »Entschuldigung?«
    JA, fragte Tod. WAS IST?
    »Dies ist die Apokalypse, nicht wahr?«, erkundigte sich die weiße Gestalt verdrießlich.
    ICH HABE GERADE MIT JEMANDEM GESPROCHEN.
    »Ja, aber ist dies die Apokalypse? Das tatsächliche Ende der 313

    tatsächlichen Welt?«
    Nein, antwortete der Revisor.
    JA, antwortete Tod. DIES IST DAS ENDE DER WELT.
    »Großartig!«, sagte die Gestalt.
    Wie bitte ?, fragte der Revisor.
    WIE BITTE?, fragte Tod.
    Die Gestalt wirkte verlegen. »Nun, ich meine natürlich nicht großartig in dem Sinne. Nicht großartig. Aber, äh, deshalb bin ich hier. Es ist mir so bestimmt.« Sie hob das Buch. »Äh. Ich habe die entsprechende Stelle markiert. Meine Güte! Ich musste ziemlich lange warten…«
    Tod sah auf das Buch. Einband und Seiten bestanden aus Eisen.
    DU BIST DER GANZ IN WEISS GEKLEIDETE ENGEL AUS
    DEM EISERNEN BUCH VON TOBRUNS PROPHEZEIUNG,
    HABE ICH RECHT?
    »Ja, das stimmt!« Es klapperte, als der Engel hastig blätterte. »Ganz in Weiß gekleidet, so sieht es die Prophezeiung, und hier bin ich, weiß wie’s weißer nicht geht.«
    Was geht hier vor?, fragte der Revisor.
    ICH WEISS NICHT, WIE ICH ES DIR BEIBRINGEN SOLL, sagte
    Tod an den Engel gewandt. DU BIST NICHT OFFIZIELL.
    Das Eiserne Buch klapperte nicht mehr. »Was soll das heißen?«, fragte der Engel misstrauisch.
    SEIT HUNDERT JAHREN GILT DAS BUCH TOBRUN NICHT
    MEHR ALS OFFIZIELLES KLRCHENDOGMA. DER PROPHET
    BRUTHA ZEIGTE, DASS DAS GANZE KAPITEL NUR EINE
    METAPHER FÜR DEN MACHTKAMPF IN DER FRÜHEN
    KIRCHE DARSTELLT. ES IST NICHT TEIL DER REVIDIERTEN
    VERSION DES BUCHES OM. SO WURDE ES BEI DER
    KIRCHENVERSAMMLUNG VON IIEEH BESCHLOSSEN.
    »Das Kapitel ist nicht mehr Teil des Buches?«
    TUT MIR LEID.
    »Man hat mich einfach so gestrichen, so wie die verdammten
    Kaninchen und die großen sirupartigen Dinge?«
    314

    JA.
    »Auch die Stelle, an der ich die Fanfare erklingen lasse?«
    JA.
    »Bist du sicher?«
    DAS BIN ICH IMMER.
    »Aber du bist der Tod, und dies ist die Apokalypse«, beharrte der
    Engel und wirkte sehr unglücklich. »Deshalb…«
    LEIDER BIST DU KEIN INTEGRALER BESTANDTEIL DER
    EREIGNISSE MEHR.
    Aus dem Selbstwinkel beobachtete Tod den Revisor. Revisoren hörten
    immer zu, wenn Leute miteinander sprachen. Je mehr Leute sprachen,
    desto näher kamen Entscheidungen dem Konsens und desto weniger
    Verantwortung trug jeder. Aber dieser Revisor offenbarte Anzeichen
    von Ungeduld und Ärger…
    Emotionen. Durch Emotionen wurde man lebendig. Und mit
    lebendigen Dingen wusste Tod fertig zu werden.
    Der Engel sah sich um und ließ den Blick durchs Universum
    schweifen. »Aber was soll ich dann machen?«, jammerte er. »Ich habe auf diesen Augenblick gewartet! Seit Jahrtausenden!« Er starrte auf das
    Eiserne Buch. »Tausende von trostlosen, langweiligen Jahren…«,
    murmelte er.
    Bist du jetzt fertig?, fragte der Revisor.
    »Ein großer Auftritt. Mehr hatte ich nicht. Das war der Zweck meiner Existenz. Man wartet und übt… Und dann wird man einfach gestrichen,
    weil Schwefel nicht mehr als modische Farbe gilt?« Die Stimme des
    Engels klang jetzt nicht nur bitter, sondern auch zornig. »Und mir hat
    man natürlich nichts gesagt…«
    Er betrachtete die angerosteten Seiten. »Eigentlich sollte jetzt Pestilenz erscheinen«, brummte er.
    »Bin ich spät dran?«, tönte eine Stimme durch die Nacht.
    Ein Pferd näherte sich. Es glänzte ungesund wie eine brandige Wunde, kurz bevor der Chirurg mit der Säge kam.
    ICH DACHTE, DU WOLLTEST NICHT MITKOMMEN, sagte
    315

    Tod.
    »Ich wollte es wirklich nicht«, erwiderte Pestilenz, und es klang nach hervorquellendem Eiter. »Aber Menschen haben so interessante
    Krankheiten. Ich würde gern einen Ausbruch von Grasern beobachten.«
    Ein verkrustetes Auge

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