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Der Zeitdieb

Der Zeitdieb

Titel: Der Zeitdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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geträumt, und…«
    »Grofvater Igor meinte immer, die ganfe Angelegenheit fei fehr feltfam gewefen«, sagte Igor. »Die Ekfplofion und fo weiter.«
    »Die Uhr explodierte? Wegen der metallenen Feder?«
    »Ef war nicht in dem Finne eine Ekfplofion«, erklärte Igor. »Mit
    Ekfplofionen kennen wir unf auf, wir Igorf. Ef war… fehr feltfam. Und auch mit feltfamen Dingen find wir vertraut.«
    »Willst du behaupten, eine solche Uhr hat tatsächlich existiert?«
    Igor wirkte verlegen. »Ja«, sagte er. »Und nein.«
    »Dinge existieren entweder, oder sie existieren nicht«, sagte Jeremy.
    »Da bin ich ganz sicher. Ich nehme Medizin.«
    »Fie ekfiftierte«, sagte Igor. »Und anschliefend gab ef fie nie. Daf hat mir mein Grofvater gefagt, und er baute die Uhr mit diefen Händen!«
    Jeremy sah nach unten. Igors Hände waren knotig, und im Bereich der
    Handgelenke zeigten sich viele Narben.
    »In unferer Familie legen wir grofen Wert auf Erbftücke«, sagte Igor, als er den Blick des jungen Mannes bemerkte.
    »Ich schätze, sie werden gewissermaßen von Hand zu Hand
    weitergereicht, ahahaha«, erwiderte Jeremy. Er fragte sich, wo seine Medizin war.
    »Fehr luftig, Herr«, sagte Igor. »Grofvater Igor meinte immer,
    hinterher fei allef wie ein… Traum gewefen.«
    »Ein Traum…«
    »Die Werkstatt war anderf. Die Uhr fehlte. Der übergeschnappte
    Doktor Wingel – der damalige Herr meinef Grofvaterf – arbeitete nicht an einer gläfernen Uhr, fondern an einer Möglichkeit, Fonnenschein auf Orangen fu gewinnen. Die Dinge waren anderf, und fwar von Anfang
    an. Als wäre die Fache mit der Gläfernen Uhr überhaupt nicht
    geschehen.«
    »Aber sie erschien in einem Buch für Kinder!«
    »Ja, Herr. Ein Rätfel, Herr.«
    Jeremy starrte auf das Laken mit seiner Last aus gekritzelten
    55

    Beschreibungen. Eine genaue Uhr. Darum ging es. Eine Uhr, die alle
    anderen Uhren überflüssig machte, hatte Lady LeJean gesagt. Ein
    Uhrmacher, der eine solche Uhr konstruierte, ging in die Geschichte der Zeitmessung ein. Sicher, im Buch stand, dass die Zeit in der Uhr
    eingefangen wurde, aber an erfundenen Dingen hatte Jeremy kein Interesse.
    Eine Uhr, die maß. Entfernungen verhedderten sich nicht an einem Maßband. Eine Uhr zählte nur die Zähne eines Zahnrads. Oder…
    Licht…
    Licht mit Zähnen. Das hatte er im Traum gesehen. Licht, das eine wellenförmige Linie bildete, auf und ab tanzte.
    »Könntest du… so etwas bauen?«, fragte er.
    Igor betrachtete erneut die Zeichnungen. »Ja«, sagte er und nickte.
    Dann deutete er auf mehrere große Glasbehälter an der zentralen Säule der Uhr. »Und ich weif, waf ef damit auf fich hat.«
    »In meinem Tr… ich meine, ich habe mir vorgestellt, dass sie zischen«, sagte Jeremy.
    »Fehr, fehr geheimef Wiffen, die Behälter«, meinte Igor, ohne auf die letzten Worte des jungen Uhrmachers einzugehen. »Kann man hier
    irgendwo Kupferftangen beforgen, Herr?«
    »In Ankh-Morpork? Kein Problem.«
    »Und Fink?«
    »Jede Menge, ja.«
    »Und Schwefelfäure?«
    »Korbflaschenweise, ja.«
    »Offenbar bin ich geftorben und in den Himmel gekommen«, sagte
    Igor. »Bring mich in die Nähe von genug Kupfer, Fink und
    Schwefelfäure, Herr – dann können wir fehen, wie Funken fliegen.«

    »Mein Name…«, sagte Lu-Tze und stützte sich auf den Besen, als der
    zornige Ting die Hand hob, »… ist Lu-Tze.«
    Es wurde still im Dojo. Der Angreifer verharrte mitten in einem
    Kampfschrei.
    »… Ai! Hao- gng ! Gnh? Ohscheiiiiiiiiohscheiiiii… «
    56

    Der Mann brachte es irgendwie fertig, das Bewegungsmoment des
    Angriffs gegen sich selbst zu richten. Er sackte in sich zusammen und wechselte aus der Kampfposition in eine Haltung, die Entsetzen und
    Reue zum Ausdruck brachte.
    Lu-Tze beugte sich vor und entzündete ein Streichholz an einem Kinn, das keinen Widerstand leistete.
    »Wie lautet dein Name, Junge?«, fragte er und steckte sich die dünne Zigarette an.
    »Sein Name spielt keine Rolle mehr, weil er unten durch ist«, sagte der Dojo-Meister. Er trat vor und gab dem reglosen Herausforderer einen
    Tritt. »Nun, Namenloser, du kennst die Regeln. Stell dich dem Mann, den du herausgefordert hast, oder gib deinen Gürtel auf.«
    Einige Sekunden blieb die Gestalt erstarrt. Dann geriet die eine Hand in Bewegung – auf eine Weise, die jedes Risiko vermeiden sollte, Anstoß zu erregen – und tastete nach dem Gürtel.
    »Nein, nein, das ist nicht nötig«, sagte Lu-Tze freundlich. »Es war eine gute Herausforderung.

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