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Der Zeitdieb

Der Zeitdieb

Titel: Der Zeitdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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auf und winkte sie weiter.
    Aber Lu-Tze blieb stehen und richtete einen freundlichen Blick auf das Geschöpf in der Mitte des Kreises. Es sah zu ihm zurück.
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    »Guter Fang«, sagte er. »Was habt ihr nun vor, Jungs?«
    »Geht dich das irgendetwas an?«, erwiderte der Anführer.
    »Nein, nein, es war nur eine Frage«, sagte Lu-Tze. »Ihr kommt aus dem Tiefland, nicht wahr?«
    »Ja. Du würdest staunen, wie viel man für einen solchen Burschen
    bekommt.«
    »Ja«, bestätigte Lu-Tze. »Manchmal kann man staunen.«
    Lobsang sah zu den mehr als ein Dutzend Jägern. Sie alle waren
    schwer bewaffnet und beobachteten Lu-Tze aufmerksam.
    »Neunhundert Ankh-Morpork-Dollar für einen guten Pelz und noch
    einmal tausend für die Füße«, sagte der Anführer.
    »So viel?«, erwiderte Lu-Tze. »Das ist ziemlich viel Geld für ein Paar Füße.«
    »Weil sie so groß sind«, erklärte der Jäger. »Und weißt du, was man von Männern mit großen Füßen sagt?«
    »Dass sie größere Schuhe brauchen?«
    »Nun, ja.« Der Jäger grinste. »Es ist natürlich ein Haufen Unsinn, aber auf dem Gegengewicht-Kontinent gibt es reiche alte Knaben mit jungen Frauen, und sie zahlen ein Vermögen für einen zerriebenen Yeti-Fuß.«
    »Und ich habe sie für eine geschützte Spezies gehalten«, sagte Lu-Tze und lehnte seinen Besen an einen Baum.
    »Sie sind nur eine Troll-Art. Wer soll sie hier schützen?«, fragte der Jäger. Die einheimischen Führer hinter ihm kannten die Regel Nummer
    Eins und wandten sich zur Flucht.
    »Ich«, sagte Lu-Tze.
    »Ach?« Das Grinsen des Wächters verlor an Humor und gewann an
    Scheußlichkeit. »Du hast nicht einmal eine Waffe.« Er sah den
    Fliehenden nach. »Du bist einer der seltsamen Mönche aus den Tälern
    weiter oben, nicht wahr?«
    »Stimmt«, bestätigte Lu-Tze. »Ein kleiner, lächelnder, seltsamer Mönch.
    Völlig unbewaffnet.«
    »Und wir sind fünfzehn«, sagte der Jäger. »Noch dazu gut bewaffnet, wie du siehst.«
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    »Es ist sehr wichtig, dass ihr gut bewaffnet seid«, meinte Lu-Tze und zog die Ärmel hoch, damit sie nicht im Weg waren. »Das macht es
    fairer.«
    Er rieb sich die Hände. Niemand schien zum Rückzug bereit zu sein.
    »Äh, kennt einer von euch Jungs irgendwelche Regeln?«, fragte er nach einer Weile.
    »Regeln?«, wiederholte einer der Jäger. »Welche Regeln?«
    »Oh, ihr wisst schon«, sagte Lu-Tze. »Regeln wie… Regel Zwei, zum
    Beispiel, oder Regel Siebenundzwanzig. Regeln solcher Art.«
    Der Anführer runzelte die Stirn. »Wovon redest du da?«
    »Lasst mich noch einmal betonen, dass ich ein kleiner, weiser, alter, ganz und gar unbewaffneter und überaus seltsamer Mönch bin«, sagte
    Lu-Tze. »Ich möchte nur wissen, ob euch das angesichts der derzeitigen Lage ein wenig… nun, nervös macht?«
    »Du meinst, weil wir gut bewaffnet und weit in der Überzahl sind,
    während du langsam zurückweichst?«, fragte einer der Jäger.
    »Ah. Ja«, sagte Lu-Tze. »Vielleicht haben wir es hier mit einer
    kulturellen Angelegenheit zu tun. Nun, wie wär’s… hiermit?« Er stand auf einem Bein, schwankte ein wenig und hob beide Hände. »Ai! Hai-ieh!
    Ho? Ye-hi? Nun? Geht jemandem ein Licht auf?«
    Unter den Jägern entstand eine gewisse Verwirrung.
    »Ist es ein Buch?«, fragte einer, der ein wenig intellektuell war. »Wie viele Worte?«
    »Ich wollte nur etwas feststellen«, sagte Lu-Tze. »Nämlich, ob ihr eine Ahnung habt, was passiert, wenn viele bewaffnete Männer versuchen,
    einen kleinen, älteren, unbewaffneten Mönch anzugreifen.«
    »Meines Wissens wird er dadurch zu einem sehr unglücklichen
    Mönch«, erwiderte der Intellektuelle der Gruppe.
    Lu-Tze zuckte mit den Schultern »Na schön«, brummte er. »Dann
    müssen wir es eben auf die unangenehme Art und Weise hinter uns
    bringen.«
    Ein Schemen traf den Intellektuellen am Nacken. Der Anführer wollte
    vortreten und stellte zu spät fest, dass seine Schnürsenkel miteinander 173

    verbunden waren. Männer griffen nach Messern, die plötzlich nicht mehr in den Scheiden steckten, und nach Schwertern, die unerklärlicherweise auf der anderen Seite der Lichtung an einem Baum lehnten. Jäger gingen zu Boden, als unsichtbare Ellenbogen besonders empfindliche
    Körperteile trafen. Fausthiebe kamen aus der leeren Luft. Wer sich im Schnee wiederfand, lernte schnell, liegen zu bleiben. Ein erhobener Kopf schmerzte.
    Die Gruppe selbstbewusster Jäger verwandelte sich in einen Haufen
    demütig und stöhnend herumliegender

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