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Der Zeitenherrscher

Titel: Der Zeitenherrscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Gemmel
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Erde und trat mit
    Schwung auf das Spatenblatt, als ein knirschendes Geräusch
    ihn innehalten ließ. Er war auf etwas gestoßen.
    Endlich!
    Gerade wollte er sich danach bücken, als eine vertraute Stimme ihn unterbrach: „Christian, was … was machst du da?“
    Er wandte sich um und sah seiner Frau in die Augen. Sie stand mit verschränkten Armen und überraschtem Blick in der Hintertür des Hauses.
    Jetzt erst wurde Christian bewusst, wie lächerlich er aussehen musste, unrasiert, in seinem Nacht-Shirt und in seiner uralten Arbeits-Jeans, die er sich vorhin übergestreift hatte, knöcheltief in aufgeworfener Erde, den Spaten noch in der Hand. „Ich …“
    „Ist alles in Ordnung?“
    „Nun ja …“
    Sie kam verwirrt auf ihn zu. „Was suchst du denn hier? Und seit wann gräbst du schon hier herum?“ Sie roch noch immernach Bettdecke und Kissen. „Ich dachte, du liegst oben und schläfst und …“
    „Jessica, ich kann dir das erklären. Ich …“
    Sie blickte ihn an wie einen Außerirdischen. „Da bin ich gespannt, wie du mir das erklären willst.“
    „Ich …“ Christian rang nach Worten.
    „Ja?“
    „Vorhin, als … Ich meine: Heute Nacht, da habe ich … Oder anders: Ich muss hier nach etwas suchen, mit dem ich …“ Er seufzte laut und ließ die Schultern hängen. „Entschuldige, Liebes.
    Ich kann dir das nicht so einfach erklären. Es ist zu … zu …“
    Ihr erstaunter Blick änderte sich nicht. „Wonach suchst du denn? Und warum so früh am Morgen? In deinem Nacht-Shirt. Wenn Simon dich so sieht, was soll der Junge denn von dir denken?“
    Der Junge! Christian zuckte zusammen.
    Jessica entging diese Reaktion nicht.
    „Ist etwas mit Simon?“, fragte sie augenblicklich, und ihr Ton wurde schärfer. „Hat es etwas mit ihm zu tun, was du hier tust?“
    Christian blickte zur Seite. Auf die Stelle, an der er gerade auf das gestoßen war, was er seit über einer Stunde sehnsüchtig gesucht hatte.
    In Jessica keimte ein Verdacht auf. „Ist etwas mit Simon? Ist ihm was zugestoßen?“ Ihre Stimme wurde lauter. Hektischer. „Hat er etwas ausgefressen? Nun sag schon!“ Ihre Stimme überschlug sich: „Lass mich hier nicht so dumm herumstehen. Was ist los?“
    Hilflos sah Christian seine Frau an. Wie hätte er ihr das erklären sollen? Wie würde sie reagieren, wenn er ihr von einem Magier, Zeitreisen und Entführungen berichten würde?
    „Es gibt da etwas in meinem Leben, von dem ich dir noch nie erzählt habe“, begann Christian vorsichtig.
    „Ja?“
    „Etwas, das mir in meiner Jugend widerfahren ist, und das …“
    „Christian, du machst mir Angst.“
    Er legte den Spaten zur Seite und kam auf sie zu. „Entschuldige, das möchte ich nicht. Es ist bloß … ich …“
    Zauberformeln, Krähenschnäbel. Mit einem Mal jagte ein kalter Schauer Christian über den Rücken. Hatte Simon sich vielleicht auch gefragt, wie er seinen Eltern von alledem erzählen sollte? Von seinen Albträumen der vergangenen Wochen? Von den Bildern, die ihn im Schlaf heimgesucht hatten?
    „Was grübelst du denn nur?“ In Jessica wuchsen Verzweiflung und Ungeduld weiter an. „Nun sag mir schon, was ich wissen muss. Was ich wissen will.“
    Doch Christian verfiel wieder in sein grüblerisches Schweigen, und Jessica verlor alle Geduld. „Dann eben nicht!“, kreischte sie so laut, dass zwei Spatzen, die auf dem Dach die Szene verfolgten, sich umgehend in die Lüfte erhoben und flüchteten. Rasend vor Wut drehte sich Jessica auf dem Absatz um und lief zurück ins Haus. „Simon?“
    Jetzt!, fuhr es Christian in den Sinn. Die wenigen Sekunden, die ihm bis zu Jessicas Rückkehr blieben, könnten vielleicht schon ausreichen.
    Er ließ sich auf die Knie fallen und grub seine Finger in die feuchte Erde, bis er das umklammerte, was er für die Lösung seines Problems hielt. Das, was ihm seinen Sohn wiedergeben sollte. Mit einem kräftigen Ruck zog Christian eine kleine Kiste aus der Erde heraus. Eine Zigarrenkiste: alt, vermodert und morsch.
    Nach einem prüfenden Blick zur Hintertür des Hauses, wo noch alles ruhig war, öffnete Christian den Deckel der Kiste und förderte ein graues Stück Stoff zutage sowie eine Krähenfeder und ein Taschentuch, in das sorgfältig etwas eingerollt war.
    Christian bettete das Tuch in seine linke Hand und strich mit der rechten beinahe liebevoll darüber.
    Er hatte geglaubt, dies nie wieder in die Hand nehmen zu müssen.
    Vor seinem geistigen Auge liefen noch einmal Bilder aus einer

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