Der Zeitläufer
winzigster schwarzer Punkte fiel langsam an der schillernden Bergflanke herab. Sie sahen kein Wasser aufspritzen, als das Ding auf die Seeoberfläche schlug. Erkelens und Rosskidd schauten einander besorgt an. »Diese Burschen haben etwas vor«, vermutete der Captain.
Plötzlich explodierte das Wasser am Fuß von Lejours Berg in einem schwarz-roten Sprühregen. Sekunden später war auch das Donnern der Explosion zu vernehmen.
»Haben die vielleicht versucht, ihren Wurm ein bißchen anzuregen?« fragte Rosskidd lachend. »Auch eine Möglichkeit.«
Erkelens und Skunder sagten nichts dazu. Sie beobachteten den Sprühregen, der sich allmählich wieder legte. Durch den dicken schwarzen Rauch, der ihnen entgegentrieb, sahen sie ein sich schnell ausbreitendes rotes Glühen. Dann verwehrte ihnen der immer dicker werdende Qualm jede Sicht.
»Er hat die See angezündet!« schrie Erkelens. »Der Bastard hat die See angezündet, und der Wind wird das Feuer zu uns treiben!«
»Na und?« meinte Rosskidd, hustete und wischte sich die tränenden Augen. »Wir können's in unserer Kuppel doch abwarten.«
»Sie scheinen nichts zu begreifen«, meinte Skunder ruhig. »Es könnte unseren Wurm töten.«
»Wie? Der ist dort unten doch in Sicherheit.«
»Das glaube ich nicht.« Skunder rieb ein Tuch im Schnee und band es sich als Filter um die untere Gesichtshälfte. »Ein Wurm kann eine panische Angst entwickeln. Er ist ja nicht ganz blind. Um das Maul herum hat er lichtempfindliche Körperzellen. Er ist jetzt schon sehr nervös wegen des Öls.«
Der Wind peitschte die schwarzen Rauchwolken um die Bergflanken und über das ölige Wasser. Die Flammen waren inzwischen zu einem roten Band von etwa dreihundert Metern Breite geworden, und der Berg zitterte.
»Der Wurm hat Angst«, sagte Skunder.
Rosskidd schaute sich nervös um. »Was können wir tun?«
»Nichts. Nur warten.«
Der Feuersee wälzte sich ihnen entgegen. Lejours Berg stand im ruhigen Wasser. Die kleinen Gestalten der Mannschaft schauten herüber.
»Paßt auf!« schrie Rosskidd.
Fünfzig Meter vor ihnen zerteilte ein heller Schimmer die schwarze Wand. Dann kam ein Geräusch, das wie das Stöhnen eines Riesen klang, ein gequältes, mühsames Atemholen. Der Kopf des Bergwurms erschien über dem Rauch, und öliges Wasser troff von der groben Haut. Rosskidd stand in staunendem Entsetzen wie gelähmt da und hatte die Hände vor den Mund geschlagen. Immer höher hob sich der Kopf aus der See und schwang langsam von einer Seite zur anderen. Der Wurm brüllte seine grauenvolle Angst hinaus, als die Flammen immer näher rückten.
»Er kann den Kopf nicht mehr unter Wasser bekommen!« schrie Skunder. »Das Feuer ist schon zu nahe!«
Das hörte Erkelens nicht. Seine Lippen bewegten sich lautlos, als er den Seeriesen anflehte, sich doch selbst zu retten, in sein natürliches Element zurückzukehren. Aber das Feuer hatte sich nun direkt bis unter den Kopf des Ungeheuers weitergefressen. Der Berg schüttelte sich, als der ungeheure Körper sich unten durch die engen Tunnels bewegte. Der höhlenartige Schlund des Untiers kehrte sich dem Himmel zu, und das Monstrum richtete sich neben dem Berg immer höher auf. Die drei Männer zogen sich, sehr blaß geworden, immer weiter zurück.
»Er geht!« rief Skunder.
Die Spannung drohte den Berg zu sprengen. Es knirschte und krachte. Die Flammen leckten nun am Hals des riesigen Wurmes, und der Kopf schüttelte sich erst, versuchte sich wieder aufzurichten und fiel schließlich zurück in die brennende See. Der donnernde Aufprall schickte eine Feuersäule in die Höhe.
Rosskidd und Erkelens wurden zu Boden geworfen. Nur Skunder blieb stehen, um Zeuge des Endes zu sein. Der riesige, schlangenähnliche Körper wand sich in der Feuersee. Noch einmal tauchte kurz der Kopf auf und spie aus den ungeheuren Körperhöhlen einen Sturzbach öligen Wassers. Dann erstarrte das Untier und sank langsam unter die Oberfläche. Die Flammen rasten weiter, vorbei an der Bergflanke. Der Berg war tot.
Skunder ging weg. Die beiden Männer ließ er im Schnee liegen.
Erkelens bewegte sich als erster. Er rollte sich herum, schaute zum Himmel hinauf und setzte sich auf. Er stieß Rosskidd an, dessen Kopf auf den Armen lag.
»Okay, Rosskidd, du kannst jetzt aufstehen. Alles ist vorüber.«
Rosskidd stöhnte und sah verängstigt den Captain an. »Gott«, murmelte er.
»Nimm's leicht. Passiert ist uns ja nichts.« Erkelens klopfte sich den Schnee aus seinem
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