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Der Zeitläufer

Der Zeitläufer

Titel: Der Zeitläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald A. Wollheim
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Ich habe eine Flasche in meiner Reisetasche. Ich könnte sie holen.«
    »Keine schlechte Idee«, gab Joe zu.
    Das Telefon läutete.
    Joe nahm den Hörer ab. »Rosy«, flüsterte er Charley zu.
    Dann lauschte er eine Weile. »Rosy«, sagte er schließlich. »Weißt du das ganz bestimmt? Ja, dann vielen Dank. Du hast dich ja mächtig für uns exponiert.«
    Joe legte auf und starrte an die Wand.
    »Was wollte Rosy denn?« fragte Charley.
    »Er hat uns gewarnt. Da ist irgendwo ein Fehler. Wo und warum, das weiß ich nicht. Alles ist ein Fehler.«
    »Was haben wir denn verkehrt gemacht?«
    »Wir nicht. Washington.«
    »Meinst du wegen Ernie? Wegen seiner bürgerlichen Rechte und so?«
    »Die betrifft es nicht, Charley. Aber Ernie kuriert die Leute gar nicht. Er bringt sie um. Er ist ein Träger.«
    »Das wissen wir doch, daß er ein Träger ist. Andere Leute tragen eine Krankheit mit sich 'rum, aber er trägt ...«
    »... auch eine Krankheit. Sie wissen nur nicht, was es ist.«
    »Aber in der alten Nachbarschaft hat er doch alle Leute gesund gemacht. Überall, wo er war. Auf diese Weise haben sie ihn doch gefunden, oder? Sie wußten, daß da einer oder etwas sein mußte, und dann haben sie ihn eben gejagt, bis sie ...«
    »Ah, halt' doch die Klappe, Charley. Ich erzähl' dir's lieber. In seiner alten Nachbarschaft sterben die Leute wie die Fliegen. Vor ein paar Tagen ging es los damit, und immer noch sterben sie. Vollkommen gesunde Leute, und trotzdem sterben sie. Eine ganze Nachbarschaft im Sterben!«
    »Oh, verdammt, das kann doch nicht sein. Ein Fehler ...«
    »Kein Fehler. Die Leute sterben, die er vorher gesund gemacht hat.«
    »Aber das ergibt doch keinen Sinn!«
    »Rosy glaubt, es handelt sich um ein neues Virus, das alle anderen Viren und Bakterien tötet, die die Leute krank machen. Es tötet die Konkurrenz, damit es den Körper für sich hat. Dann nistet es sich im Körper ein, ohne ihm zu schaden. Aber schließlich kommt die Zeit ...«
    »Das nimmt Rosy doch nur an.«
    »Gewiß, aber es klingt vernünftig, so, wie er es sagt.«
    »Wenn es wahr ist, dann denk' doch an die Millionen Leute, die ...«
    »An die denke ich ja«, sagte Joe. »Rosy hat jedenfalls allerhand aufs Spiel gesetzt, als er anrief. Die legen ihn um, wenn sie davon erfahren.«
    »Sie werden es erfahren. Die Gespräche werden alle notiert.«
    »Aber vielleicht weiß man nicht, daß er das Gespräch geführt hat. Er hat von einer Telefonkabine in Maryland angerufen. Rosy hat Angst. Er steckt doch bis zum Hals in der Sache und hat mit Ernie genausoviel Zeit vertan wie wir. Und er weiß auch genausoviel wie wir, vielleicht sogar mehr.«
    »Er denkt, weil wir immer bei Ernie waren, sind wir auch Träger, was?«
    »Das vielleicht nicht. Aber wir wissen es. Wir könnten reden. Und keiner wird darüber reden dürfen. Kannst du dir vorstellen, was passiert, wenn die Leute davon erfahren?«
    »Joe, weißt du, wie lange Ernie in der Nachbarschaft war?«
    »Vier oder fünf Jahre.«
    »Aha. Soviel Zeit haben wir also. Du und ich und die anderen, wir haben alle vier oder fünf Jahre Zeit, vielleicht ein bißchen weniger.«
    »Stimmt. Und wenn sie uns finden, dann werden wir diese Jahre dort verbringen, wo wir keine Möglichkeit haben, überhaupt zu irgend jemand zu reden. Vielleicht sind sie uns schon auf der Spur. Unseren Fahrplan haben sie ja.«
    »Dann nichts wie weg, Joe. Ich kenne da einen Platz im Norden. Die Familie kann ich mitnehmen. Keiner würde je daran denken, dort nach uns zu suchen.«
    »Was denn, wenn du auch ein Träger bist?«
    »Wenn ich einer bin, dann hat's meine Familie schon. Und wenn nicht, dann möchte ich diese fünf Jahre ...«
    »Und andere Leute ...«
    »Dort gibt's nicht viel andere Leute. Wir werden für uns sein.«
    »Hier«, sagte Joe und nahm die Wagenschlüssel aus der Tasche. Er warf sie Charley zu.
    »Und was machst du, Joe?«
    »Ich muß doch die anderen warnen. Und, Charley ...«
    »Ja?«
    »Den Wagen mußt du loswerden. Noch heute. Nach dem halten sie Ausschau. Und wenn sie dich hier nicht finden, dann belauern sie deine Familie und deine Wohnung. Sei vorsichtig.«
    »Ich weiß. Und du, Joe?«
    »Ich paß schon auf mich selbst auf, sobald es die anderen erfahren haben.«
    »Und Ernie? Wir können ihn doch nicht einfach ...«
    »Das mit Ernie erledige ich auch«, sagte Joe und schlug gegen die Tasche, in der seine Pistole war.

 
Das Ernteschiff
     
    Eine donnernde Brandung erstickte die Schreie der im Sand gefangenen

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