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Der zerbrochene Himmel

Der zerbrochene Himmel

Titel: Der zerbrochene Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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zeigte es allen. Die Reihen lösten sich auf. Die, die am weitesten hinten standen, konnten die Zeichnung nicht sehen und machten ein paar Schritte nach vorn. Scarpin gab ein paar wütende Pfiffe, die Ordnung kehrte wieder ein.
      »Das hier«, sagte die Lehrerin Colapresto, »ist das Kostüm des abessinischen Ras.«
    Sie hatte einen barfüßigen Schwarzen gezeichnet, dessen Hose in der Hüfte weit und unten eng war, nach dem Ziehharmonikaprinzip. Über der nackten Brust trug er lediglich eine Kette aus Leopardenzähnen, wie die Lehrerin erklärte, und eine Art kurzes weißes Bolerojäckchen.
      »Und das hier«, fuhr sie fort und zeigte andere Blätter, die ihr hingehalten wurden, »sind die Kostüme der abessinischen Soldaten«
      Offensichtlich war ein abessinischer Soldat ein Mittelding zwischen einem Wilden und einem Indianer. Alle waren sie barfüßig, alle mit einer Art Röckchen bekleidet, die verschiedene Farben hatten. Außerdem trugen sie Ketten aus Muscheln oder farbigen Steinen. In den Händen hielten sie entweder Wurfspieße oder Pfeil und Bogen.
      »Diejenigen, die für die Rolle der Abessinier ausgewählt werden«, sagte die Lehrerin, »bleiben nach Abschluß dieses Treffens da, damit bei ihnen Maß genommen werden kann.«
      Sie gab dem anderen Mädchen ein Zeichen. Dieses nahm die Schachtel und brachte sie zum Podest. Die Lehrerin bückte sich, öffnete die Schachtel und zog einen ganz kleinen Kolonialhelm heraus.
      »Die Balillas, die unsere Kämpfer darstellen, werden einen solchen Helm tragen, den ihr in perfektem Zustand halten müßt.«
    Scarpin ergriff wieder das Wort.
      »Ich werde jetzt die Namen der Balillas nennen, die ausgewählt wurden, das Fort von Makallé zu erstürmen. Die aufgerufenen Balillas stellen sich in Reih und Glied vor dem Podest auf. Die Manipelführer Palazzolo und Cachìa sind zu Unterweisern der Schlacht bestellt.«
      Palazzolo und Cachìa kamen im Laufschritt vor dem Podest an, salutierten und stellten sich in Habt-acht-Stellung auf.
    Scarpin fing mit dem Verlesen der Namen der italienischen Kämpfer an. Der fünfzehnte war Michilino. Danach wurde die gesamte Mannschaft hinter das Podest gebracht, wo sich jeder den Kolonialhelm aussuchte, der ihm von der Größe her am besten stand. Unterdessen hatte Scarpin den Unterweiser der Bissinier gerufen, der alleine war, den Stellvertretenden Manipelführer Rizzopinna Carmelo, und er hatte die Namen der Schwarzen verlesen, die Makallé verteidigen sollten. Michilino sah, daß als Ras der Bissinier Totò Prestipino ernannt wurde, und unter den anderen befand sich auch Alfio Maraventano, der Sohn des kommunistischen Schneiders, der ihn angefurzt hatte. Die Lehrerin Colapresto fing an, bei den Bissiniern Maß zu nehmen. In der Zwischenzeit wählten die anderen Manipelführer unter Mithilfe ihrer Stellvertreter die Stimmen aus.
      Die mit den tiefsten Stimmen sollten den Lärm der Kanonen machen: »Bumm! Bumm! Bumm!«
      Die, deren Stimme so mittel war, sollten die Maschinengewehrsalven imitieren: »Ratatatatà! Ratatatatà!«
      Die Balillas mit den höchsten Stimmen sollten Gewehrschüsse nachmachen: »Päng! Päng! Päng!«
      Die Kleinen Italienerinnen wurden in zwei Gruppen geteilt. Die erste Gruppe mußte das Schwirren der Pfeile nachmachen: »Sguiiisch! Sguiiisch! Sguiiisch!«
      Die zweite Gruppe das der Wurfspieße: »Frrrsss! Frrrsss! Frrrsss!«
      Die Aufgabe, die Geräusche zusammenzuführen und zu dirigieren, übernahm Scarpin persönlich. Gegen Ende der Versammlung brachte man die Waffen für die Bissinier herbei: Besenstiele, das waren die Wurfspieße, und Bögen aus Schilfrohr, die mit Kordel gekrümmt wurden. Auch die Pfeile waren aus geschnittenem Rohr. Auf jede Spitze aber war ein Flaschenkorken geleimt worden, um zu verhindern, daß die Pfeile wirklich weh tun konnten.
    Am nächsten Tag um vier, als Scarpin gerade eben auf das Podest gestiegen war, präsentierte sich ein hochgewachsener, dicker Mann mit glattem Haar, der wie ein wütender Elefant war.
      »Heh, Scarpin, komm von dem Podest runter, ich muß mit dir reden!«
      Ein Ballila erklärte Michilino, daß dieser Mann auch Sportlehrer sei und Tortorici Gaspano heiße. Sein Sohn Rorò sei ein Baliilajunge.
    »Ich steig' nicht runter! Wir reden hinterher!«
    »Scarpin, komm runter, das ist besser für dich!«
    »Nein!«
    »Dann muß ich eben hochkommen!«
      Und er sprang aufs Podest. Als er Tortorici derart wütend

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