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Der Zimmerspringbrunnen

Der Zimmerspringbrunnen

Titel: Der Zimmerspringbrunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Sparschuh
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mit Strüver »auf Tournee«, und kam ich abends »nach Hause«, wartete auf mich die Routenplanung für den nächsten Tag. (Diese Aufgabe war mir als dem Ortskundigen – dem »Eingeborenen«, wie Strüver es nannte – zugefallen.) Das heißt: Die telefonisch vereinbarten Termine waren mit Spontanbesuchen in ausgewählten, charakteristischen Wohngebieten zu koordinieren; letzteres sollte vor allem der Markterforschung dienen.
    So saß ich also eines Abends wieder über dem Faltplan. Ich versuchte gerade, einen Kundenbesuch in Dahlem, später Vormittag, mit einem Nachmittagstermin, einem »Anbahnungsgespräch«, in Weißensee zu überbrücken und kreiste gerade als Zielgebiet für die Mittagsstunden Hohenschönhausen ein – da nahm ich einen Geruch in der Wohnung wahr. Es roch – unzweifelhaft, wenn auch unbestimmt.
    Daß Freitag sich so auffällig ruhig verhielt, war kein gutes Zeichen. Schweigt er, ist meist Gefahr im Verzug.
    Immer der Nase nach, gelangte ich ins Wohnzimmer.
    Freitag sah fern. Das war in Ordnung, das hatte ich ihm erlaubt. Nach der Tagesschau ließ ich den Fernseher meistens an. Freitag war dann ruhiggestellt, lag dösend vor der Mattscheibe, schlief wohl auch gelegentlich ein. (Ich mußte da natürlich aufpassen, was kam: Sielmanns »Expeditionen ins Tierreich« konnte ich ihn zum Beispiel nicht allein sehen lassen!) Es lief aber an diesem Abend nur ein amerikanischer Familienfilm, nichts Aufregendes, und Freitag lag auch ganz teilnahmslos da.
    Das alles hatte ich, in Sekundenbruchteilen, mit einem Blick erfaßt – mein zweiter Blick aber offenbarte mir die Quelle des Geruchs: Der Walfisch im Wohnzimmerbrunnen hatte gerade seinen Kulminationspunkt erreicht. Doch anstelle der Wasserfontäne, die er jetzt normalerweise ausstoßen müßte, stob er nur eine dünne Rauchwolke aus. Und schon ging es wieder abwärts mit ihm – doch er versank nicht wie vorgesehen in den Fluten: Das konnte er gar nicht, er war gestrandet, das Becken warausgetrocknet, leer! (Was nach Gebrauchsanweisung gar nicht sein darf. Denn das Wasser hat auch eine Kühlfunktion.)
    Das Gerät war heißgelaufen. Es roch verschmort, nach angesengtem Gummi.
    Ich riß den Stecker aus der Dose und öffnete das Fenster. Nachdem das Gerät sich ein wenig abgekühlt hatte, füllte ich vorsichtig Wasser nach. Ich wollte die undichte Stelle finden. Zuerst zischte und dampfte es, doch dann blieb das Wasser stehen – genau auf Eichstrich, keine Absenkung. Aha. Ein Leck war es nicht.
    Beim Wasserauffüllen war Freitag angeschnüffelt gekommen, hatte seine feuchte Hundeschnauze an mich gepreßt. Ich wollte mich schon freuen, daß wenigstens er Anteil an meinen Nöten nahm … und mir fiel ein, daß ich ihm am Morgen gar kein Wasser hingestellt hatte, das wollte ich übrigens gleich nachholen, obwohl er mir gar nicht durstig zu sein schien … Da, in diesem Moment, fiel mein Verdacht schwer und schlimm auf ihn. Natürlich, anders konnte es ja gar nicht gewesen sein. Er hatte das Wasser aus dem Becken geschlürft, wie denn sonst. Obwohl ich ihm das direkt nicht nachweisen konnte – alle Indizien sprachen dafür.
    Inzwischen hatte er sich wieder der Länge nach vor dem Fernseher ausgestreckt. Ohne mich lange auf Erörterungen einzulassen, ging ich hin und schaltete einfach den Apparat aus. Freitag stand auf, ganz arglos. Dann trottete er müde Richtung Flur. Im Hinausgehen warf er mir noch – so wie immer, wenn der Fernsehabend zu Ende war – seinen »Gute-Nacht-Blick« zu.
    Na, gute Nacht!
    Unterdessen nämlich hatte ich feststellen müssen, daß sich der Walfisch, wahrscheinlich infolge der Hitzeeinwirkung, von der Säule, die ihn hob und senkte, gelöst hatte. Als ich ihn nur einmal kurz berührte, hielt ich ihn schon in der Hand.
    Das also war die Bilanz des Abends: Ein ruiniertes Jona-Modell, und ich – ratlos.
    Ich ging erst einmal, da ich mich vorerst außerstande sah, weitere Schritte zu unternehmen, in die Küche. Aus dem Gemüsefach des Kühlschranks nahm ich eine Büchse Bier. Während ich sie langsam austrank, plante ich mein weiteres Vorgehen.
    Zunächst, eine Vorsichtsmaßnahme, schaltete ich nun auch die anderen Zimmerspringbrunnen aus. Dann trug ich die traurigen Reste des defekten Modells in den Hobbyraum, an meinen sicheren Zufluchtsort.
    An der Werkbank besah ich mir die Schäden genauer. Der Walfisch war nicht mehr zu retten. Unten, die Halterung – abgebrochen; oben, der Kopf – durch die heißen Dämpfe

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