Der Zirkel Des Daemons
bemerkten gewöhnlich sehr schnell, wenn ein Kind verschwand oder von einem Dämon besessen war. Diese Eltern allerdings wohl nicht.
Es erklärte auch Maes rebellisches Wesen, hinter dem wohl der Wunsch steckte, ihre Eltern zu bestrafen oder ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen. Und es erklärte auch Jamies Verhalten, der in seiner Kindheit in einen häuslichen Krieg geraten war und seitdem versuchte, sich aus allem Ärger herauszuhalten. Leider hatte das nicht funktioniert.
Nick konnte all das verstehen, aber er war nicht sicher, wie er darauf reagieren sollte.
»Die Magier wussten also, dass man dich nicht vermissen würde«, sagte er.
Das war wohl nicht die richtige Antwort gewesen, denn Jamie wurde leichenblass.
»Vermutlich glaubten sie das tatsächlich«, sagte er. »Mum ist sehr beschäftigt, und ich glaube nicht, dass sie ein Leben als Alleinerziehende geplant hatte. Ich glaube auch nicht, dass wir die Sorte Kinder sind, die sie haben wollte. Aber sie wäre niemals absichtlich böse.«
Wenn Nicks Mutter ihre Anfälle hatte, schlug sie manchmal um sich. Alan hatte auf diese Weise schon das eine oder andere blaue Auge bekommen. Seine Mutter wollte ihm nie wehtun, aber so war es nun einmal.
»Was ist das?«, fragte Nick unvermittelt und deutete auf die Pfanne.
»Ich weiß nicht genau«, sagte Jamie hilflos und stocherte in der undefinierbaren Masse herum. »Es sollte ein Omelett werden.«
»Ich dachte, es wäre überbackener Toast.« »Es sieht irgendwie aus wie gebratenes Gehirn«, bemerkte Jamie traurig.
Beide betrachteten einen Moment lang die Pfanne, dann traf Nick eine Entscheidung.
»Okay, geh aus dem Weg! Ich kriege das schon hin. Du kannst Käse reiben.«
Jamie blinzelte ihn überrascht an. »Du kriegst das hin?«, fragte er zweifelnd.
»Ja«, sagte Nick. »Stell dir vor, ich kann auch noch kochen. Jetzt zieh Leine!«
Er schob Jamie zur Seite, was für ihn kein Problem war, denn der Junge war ein solches Fliegengewicht, dass er bei einem härteren Stoß womöglich durchs Fenster gesegelt wäre. Jamie wirkte trotzdem verunsichert, aber er ging zum Kühlschrank und holte ein Stück Käse heraus. Er wollte zeigen, dass er sich Mühe gab.
»Kann ich dich etwas fragen?«, sagte er.
Nick schaute von den Zwiebeln auf, die er gerade klein hackte. »Ohne dass ich dich gleich in Stücke haue, meinst du?«, sagte er ausdruckslos. »Ja.«
»Welche Absicht verfolgen die Magier?«
»Warum fragst du mich das?«, gab Nick zurück und sah, wie Jamie bei seinem Ton zusammenzuckte. »Ich bin
kein Magier.« Er funkelte Jamie an und merkte überrascht, dass Jamie den Blick nicht abwandte. »Ich bin wirklich keiner!«, wiederholte er.
»Das … das habe ich auch nicht geglaubt«, sagte Jamie, aber er log ganz offensichtlich. »Ich meinte nur … sie bringen all die Menschen um. Warum tun sie das? Was könnte einen solchen Preis wert sein?«
Es war klar, dass er glaubte, Nick hätte eine Art dunkles Wissen über die Psyche der Magier. Nick fragte sich, warum Jamie nicht einfach zu ihrer Mutter ging, wenn er so neugierig war. Aber vielleicht war es doch besser, wenn er ihm antwortete.
»Es geht um Macht«, sagte Nick. »Soweit ich das verstanden habe, sorgt die Macht dafür, dass man immer mehr davon haben will. Es ist wie ein Rausch; es macht süchtig. Aber das ist es nicht allein. Hat man erst einmal genug Macht, kann man alles haben, was man will. Manche Magier sind mächtige Politiker. Manche sind Schauspieler. Manche sind völlig normale Leute, Menschen in einer Bank oder in einem Postbüro, die nur zufällig die Fähigkeit haben, ihre Gestalt zu verändern oder das Wetter zu kontrollieren. Manche Magier sind reich, andere sind berühmt, andere sehen umwerfend gut aus.«
Jamie warf Nick einen skeptischen Blick zu.
Nick hob die Augenbrauen. »He, manche Menschen sehen auch ohne Magie einfach gut aus.«
»Ähm«, sagte Jamie und schnitt sich am Reibeisen.
»Ich habe meine Meinung geändert«, verkündete Nick. »Du kannst mir beim Kochen helfen, indem du dich da
in die Ecke stellst und nichts anfasst. Und sei vorsichtig dabei.«
Er sprach ohne Zorn. Die Omeletts sahen allmählich tatsächlich wie Omeletts aus, und er hoffte, dass er die Fragen über die Magier ausreichend beantwortet hatte.
Jamie schwieg und spielte mit einem Ofenhandschuh, der auf der Arbeitsplatte lag.
»Tu dir nicht weh damit«, ermahnte ihn Nick.
Jamie grinste. »Okay.« Er spielte weiter mit dem Handschuh, während Nick eine
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