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Der zögernde Schwertkämpfer

Der zögernde Schwertkämpfer

Titel: Der zögernde Schwertkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Duncan
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unbeholfene Haltung, die Art, wie er mit der Hand den Schwertgriff festhielt, die geschwollenen frischen Gesichtsmale, der strahlendweiße Kilt und das viel zu kurze Haar verrieten ihn eindeutig als Neuling. Sogar der rastlose Blick seiner dunklen Augen deutete darauf hin. Er hielt ein Seil umklammert, dessen anderes Ende um den Hals einer Sklavin gebunden war, offenbar eines Neuzugangs zu den Gefangenen.
    Sie war groß und für eine Frau äußerst häßlich. Ihr schwarzes Haar war viel zu lang für eine Sklavin – struppig abstehende Locken, die immer noch nach Brenneisen rochen. Ihr schwarzer, alles verhüllender Umhang hätte der berüchtigten Wilden Ani gehören können; er war merkwürdig ausgebeult, als ob der Körper darunter deformiert sei.
    Die Hitze unter den Kissen war unvorstellbar. Wallie wußte, daß das gefährlich war. Selbst wenn er nicht durch einen Hitzschlag zusammenbrach, so wurde er doch ständig schwächer. Er konnte kaum noch etwas sehen, so rann ihm der Schweiß in die Augen, und er wagte nicht, sie sich freizureiben, da er ja so tun mußte, als seien ihm die Hände auf dem Rücken gefesselt. Kein vernünftiger Schwertkämpfer käme je auf die Idee, daß sich Lord Shonsu der Siebten Stufe in dieser Weise verkleiden würde. Er hatte davon abgesehen, sich ein gefälschtes Gesichtsmal anzubringen, zum einen aus Rücksicht auf Nnanjis Gefühle, zum anderen aber auch aus der Befürchtung heraus, daß ihm jemand allzu nahe kommen und die Tarnung durchschauen könnte. Abgesehen von seiner Größe, hätte man ihn aus der Ferne jedoch durchaus für eine Sklavin halten können. Er machte kurze Schritte, er zog die Schultern ein – und er schwitzte sichtbar.
    Bevor das Gefängnis mit einem neuen Dach ausgestattet worden war, hätte vielleicht noch die Möglichkeit bestanden, einen Gefangenen zu befreien, ohne daß die Wachen etwas merkten, doch jetzt war die einzige Öffnung nur noch die Tür, und die führte in den Wachraum. Die Tür stand offen. Die Ankömmlinge marschierten unbeirrt hindurch.
    Briu der Vierten Stufe war mit zwei Zweitstuflern an einem Tisch mit Würfeln beschäftigt. Drei Sklaven saßen in einer Ecke am Boden und zupften Läuse aus Kleidungsstücken. Sie blickten auf und sahen Schwertkämpfer, die eine neue Gefangene hereinbrachten.
    Katanji, der noch ganz am Anfang seiner Karriere stand, hatte bisher erst eine einzige Schwertkämpfer-Verhaltensweise beigebracht bekommen. Es handelte sich dabei um eine Methode, die noch keinem anderen Schwertkämpfer beigebracht worden war. Er wandte sie jetzt an, indem er sich blitzschnell umdrehte und sich mit gesenktem Kopf hinkniete. Die Sklavin zog das Schwert aus seiner Scheide und hielt die Spitze an Brius Kehle, bevor dieser ziehen konnte.
    »Das konntet ja nur wieder mal ausgerechnet Ihr sein, was?« sagte Wallie. »Legt die Hände auf den Tisch, und befehlt Euren Männern, dasselbe zu tun.«
    In Brius leidenschaftslosem Gesicht war so gut wie keine Veränderung des Ausdrucks bemerkbar. Er musterte Wallie mit einem kurzen Blick, nahm Nnanji mit einem Anflug von Überraschung zur Kenntnis und legte dann die Hände auf den Tisch. Die Zweitstufler folgten seinem Beispiel, ohne daß es ihnen befohlen wurde; sie sahen überrumpelt aus.
    »Warum muß ich ausgerechnet immer Euch in die Quere kommen?« fragte Wallie. »Ich hatte nie Streit mit Euch, doch jedesmal, wenn ich etwas unternahm, mußte der Adept Briu darunter leiden. Seid Ihr Tarrus Vasall?«
    »Ich verweigere die Antwort auf diese Frage.«
    »Er veranstaltet eine Treibjagd auf mich. Er beabsichtigt, mich zu foltern, damit ich ihm verrate, wo sich das Schwert befindet. Streitet Ihr das ab?«
    »Nein. Genausowenig, wie ich es bestätige.«
    »Welche Gefühle hat ein Mann von Ehre dabei?«
    Briu kniff die Augen zusammen. »Was macht Euch glauben, ich sei ein Mann von Ehre?«
    »Nnanji hat es gesagt, etwa fünf Minuten bevor Ihr ihn an jenem Morgen herausgefordert habt.«
    »Dann hat er gelogen.«
    »Ich glaube nicht, daß er gelogen hat.«
    Briu zuckte mit den Schultern. »Jedes Verbrechen, das von einem Vasallen begangen wird, wird seinem Gebieter zur Last gelegt. Wenn ich Tarrus Vasall bin, wie Ihr behauptet, dann verpflichtet mich der Eid zu bedingungslosem Gehorsam, und meine Ehre hat keine Bedeutung.«
    »Warum habt Ihr einem solchen Mann den Eid geschworen?« erkundigte sich Nnanji mit leiser Stimme über Wallies Schulter hinweg. Es klang verbittert.
    »Die gleiche Frage könnte ich

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