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Der zögernde Schwertkämpfer

Der zögernde Schwertkämpfer

Titel: Der zögernde Schwertkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Duncan
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Handtuch, Kopf und Füße nach unten. Der Krach war ohrenbetäubend, hämmerte in seinem Kopf und wirbelte ihn allein durch die Kraft des Geräuschs herum, im Dunkeln mit einem schwachen Lichtschimmer, bei dem er soeben erkennen konnte, daß der Balken eingeklemmt war zwischen zerklüfteten Steinen, wo mächtige Wellen ihn packten, hochhoben und fallenließen. Er umfaßte seine Knie und hielt sich verbissen fest, während das Wasser ihn hochriß und überspülte wie einen Ring an einem Stock. Es leckte gierig an ihm und tauchte ihn gleich darauf mit schmerzlicher Wucht unter, bis ihn die nächste Woge erreichte.
    Keuchend und verzweifelt kletterte er auf den Balken, als das Wasser gerade wieder anfing zu steigen. Er sprang von dem Balken auf die Steine, gegen die er geschleudert wurde, fand einen Halt für die Hände, zog sich hoch, und umklammerte einen anderen Stein mit beiden Händen und Knien. Die nächste Welle schwappte ihm bis zur Taille hoch. Seine Finger rutschten ab, bevor sie abebbte.
    Dunkelheit und schrecklicher Lärm.
    Es gab keine Hoffnung, daß ihn jemand hören würde, doch einer weiteren Welle würde er nicht mehr standhalten können. Er versuchte zu schreien, brachte jedoch nur ein verzweifeltes Krächzen heraus: »Kurzer! Hilf mir!«
    Plötzlich herrschte Stille. Frieden. Die Wellen hatten aufgehört.
    Er dachte, daß er taub geworden oder gestorben sei. Der Schmerz in seiner Brust brachte ihn beinah um. Er hatte die Hälfte seiner Haut an den Felsen abgeschürft.
    Licht kroch rings um ihn herauf. Er blinzelte, dann erkannte er die Form der Felsen und des Balkens unter sich, und dann sah er weitere Felsen, eine steile Geröllhalde mit Gesteinsbrocken so groß wie Häuser oder klein wie ein Tisch, übersät mit Strandgut wie der Balken – der offenbar Teil eines Schiffsmasten war – und Planken und Baumstämmen und Ästen, aufgetürmt zu einem chaotischen Haufen. Es war ein Hügel, der Müllberg eines Riesen, an dem er wie eine Fliege klebte.
    Seine Brust drohte zu zerspringen. Er atmete in japsenden Stößen und erlebte jedesmal einen kleinen Tod.
    Es gab keine Quelle für das Licht, und doch strahlte es immer heller auf, wie die Wintersonne. Alle Felsen glitzerten darin, und das Holz glänzte wie Spiegel. Über ihm bildete ein vorspringender Felssims ein Dach. Der Platz darunter war eingeschlossen von leuchtenden Schleiern aus Kristall und Silber, eine gefrorene weiße Pracht – in allen Regenbogenfarben schillernde, zerrissene Vorhänge aus Eis. Und unter ihm, fast direkt zu seinen Füßen, hatten sich die vom Wasserfall aufgewühlten gewaltigen Wellen in erstarrte Tümpel aus dunkelblaugrünem Obsidian verwandelt, mit einer Kruste aus Holzstämmen und anderem leblosen Treibgut; an den tieferen Stellen war der Farbton Indigo bis Schwarz. Die Luft funkelte von Abertausenden von Brillantsplittern, einem Dunst von schwebenden Diamanten. Dies war der Raum hinter dem Wasserfall, der wie durch ein Wunder gefroren war.
    Er war nicht in der Verfassung, ein Wunder zur Kenntnis zu nehmen. Er sah einen flachen Felsen, zog sich hinauf und brach zusammen. Ströme von Wasser ergossen sich, begleitet von schmerzhaften Krämpfen, aus seiner Lunge. Er würgte und übergab sich und blieb dann nach einem letzten tiefen japsenden Luftholen reglos liegen.
    Nach einer ganzen Weile klärte sich sein Geist langsam. Die Schmerzen ließen so weit nach, daß er den Kopf heben und sich in dieser lautlosen Kathedrale aus Kristall und Stein umsehen konnte, einer Gletscherhöhle in glitzerndem Weiß wie der Palast der Schneekönigin. Der zerklüftete Abgrund unter seinem Sims war erschreckend, mit gewaltigen erstarrten Wellen – wie zornige Riesen, denen vorübergehend die Beute vorenthalten wird.
    »Sie sind also angekommen«, sagte die Stimme des kleinen Jungen, »sicher, wenn auch nicht ganz gesund?« Er saß mit überkreuzten Beinen auf einem nahen Fels, höher, flacher und behaglicher aussehend als Wallies. Er hielt seinen belaubten Zweig in der Hand. Und er entblößte die Zahnlücke in einem spöttischen Grinsen.
    »Ich glaube, ich sterbe«, sagte Wallie schwach. Es machte ihm nichts mehr aus. Jedem Menschen war eine Grenze gesetzt, und er hatte seine bereits überschritten. Sollten die Götter mit einem anderen ihre Spielchen treiben.
    »Nun, das läßt sich regeln«, sagte der Junge. »Stehen Sie auf.«
    Wallie zögerte, gehorchte dann jedoch und kam stolpernd und gefährlich schwankend auf die blutigen,

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