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Der zögernde Schwertkämpfer

Der zögernde Schwertkämpfer

Titel: Der zögernde Schwertkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Duncan
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zerschundenen Füße, unfähig, sich ganz aufzurichten.
    »Meine Güte! Sie sind vielleicht zugerichtet!« sagte der Junge. Er betrachtete Wallie eingehend und zupfte dann ein Blatt von seinem Zweig.
    Wallie spürte, wie er geheilt wurde. Eine Woge der Heilung durchflutete ihn. Sie begann bei dem hämmernden Schmerz in seinem Kopf und spülte ihn hinweg. Seine Sicht wurde klar, dann gewannen seine lockeren Zähne wieder festen Halt im Kiefer, seine Rippen wuchsen wieder zusammen, verrenkte Glieder richteten sich ein, Schnitte schlossen sich, Prellungen gingen zurück, und seine geschwollenen Hoden schrumpften wieder auf normale Größe. Das Wunder erreichte seine Füße und erstarb.
    Er besah sich von oben bis unten, dann setzte er sich und untersuchte seine Füße. Sie waren besser als zuvor, aber noch weit davon entfernt, geheilt zu sein. Seine Augen blieben blutunterlaufen und geschwollen, seine blauen Flecken sichtbar, wenn auch nicht mehr schmerzhaft. Sein Inneres fühlte sich nicht mehr allzu schlimm an, doch sein Äußeres war immer noch eine deutliche Katastrophe, und mit diesen Füßen zu laufen, wäre immer noch die Hölle.
    »Verpaß mir noch einen Schuß!« verlangte er. »Dir ist auf halbem Weg der Saft ausgegangen.«
    Der Junge runzelte warnend die Stirn. »Die Hölle hat Ihnen viel mehr geboten als der Himmel, Mr. Smith. Ich werde Ihnen ein paar Erinnerungen daran lassen.«
    Es hatte keinen Sinn, mit einer solchen Macht zu streiten. Wallie betrachtete noch einmal den merkwürdig gläsernen Wasserfall. Es hatte eines Wunders bedurft, um ihn lebend hierher zu bringen. Sicher war ein zweites vonnöten, um ihn hier wieder rauszubringen. Er fragte sich, woher das Licht wohl kommen mochte. Doch vor allem hatte er immer noch Schmerzen, war wütend und gereizt.
    »Sie haben Ihren Glauben bewiesen«, sagte der Junge. Er stützte sich mit den mageren Unterarmen auf die spitzen Knie und blickte nachdenklich auf Wallie hinab. »Sie haben mir erklärt, Glaube sei der Versuch, dem Leiden einen tieferen Sinn zu geben. Hilft Ihnen das?«
    »Ich hatte den Eindruck, daß dich das erheitert hat«, sagte Wallie, immer noch voller Bitterkeit.
    Diesmal lag eine Drohung in dem Stirnrunzeln. »Vorsicht!«
    »Tut mir leid«, murmelte Wallie, dem es nicht leid tat. »Du hast mich also getestet?«
    »Auf die Probe gestellt. Sie haben die Probe bestanden. Dieser Körper hält was aus, aber Muskeln und Knochen allein genügen nicht.« Er kicherte. »Die Göttin kann andererseits auch keinen Schwertkämpfer gebrauchen, der sich bei jedem Notfall erst einmal hinsetzt und einen Krisenstab einberuft. Sie haben viel Mut und Ausdauer bewiesen.«
    »Und ich vermute, vor drei Tagen wäre ich dazu noch nicht in der Lage gewesen?« Wallie rutschte auf dem Fels herum und suchte nach einer ebenen Stelle, wo er sich hinknien könnte. Er hatte das Gefühl, daß er in die Knie gehen sollte.
    »Natürlich wären Sie es gewesen«, sagte der Gott, »aber Sie wußten es nicht. Jetzt wissen Sie es. Genug davon! Sie haben Ihren Glauben bewiesen, und Sie haben eingewilligt, die Aufgabe zu übernehmen, richtig? Die Belohnung richtet sich ganz nach Ihren Wünschen – Macht, Reichtum, körperliche Kraft, ein langes Leben, Glück … Ihre Gebete werden erhört werden. Vorausgesetzt, Sie haben Erfolg. Die Alternative ist der Tod, oder etwas noch Schlimmeres.«
    Wallie zitterte, obwohl ihn nicht fror. »Paradies oder ewige Verdammnis?«
    »So etwa. Jetzt haben Sie jedenfalls eine Ahnung von beidem. Doch von nun an müssen Sie sich Ihre Belohnung verdienen.«
    »Wer bist du?«
    Der Junge lächelte und sprang auf. Er verbeugte sich und streifte mit seinem Zweig den felsigen Boden, so wie vielleicht ein Höfling mit seinem Federhut den Boden eines Palastes gestreift hätte. Und doch war er nur ein dürrer, nackter kleiner Junge. »Ich bin ein Halbgott, eine untergeordnete Gottheit, ein Erzengel – was immer Sie vorziehen. Sie können mich ›Meister‹ nennen, da es Ihnen verboten ist, meinen Namen zu kennen.« Er ließ sich wieder auf seinen Sitzplatz fallen. »Ich habe diese Gestalt gewählt, weil sie mir Spaß macht und Ihnen keinen Schrecken einjagt.«
    Wallie gab sich nicht beeindruckt. »Was sollen diese Spielchen? Ich hätte viel früher an dich geglaubt, wenn du eine gottgemäßere Gestalt angenommen hättest – sogar ein Halo …«
    Er war etwas zuweit gegangen. Der Junge brauste wütend auf: »Wie Sie wünschen! Aber nur ein ganz kleines.«
    Wallie

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