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Der zögernde Schwertkämpfer

Der zögernde Schwertkämpfer

Titel: Der zögernde Schwertkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Duncan
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grinste und japste weiter nach Luft.
    Hardduju kam gemächlichen Schrittes hinterhergeschlendert. Er mußte ziemlich verdutzt sein – wie war der Gefangene in den Besitz eines Schwertes gelangt? Die nächstliegende Antwort wäre gewesen: Verrat innerhalb der Wache – der Verurteilte war dem Göttlichen Gericht gar nicht überantwortet worden. War dieser Fremde ein Hochstapler, wie es den Anschein gehabt hatte, oder war er ein Schwertkämpfer? Das Signal, das er von Nnanji empfangen hatte, mußte von einem hochrangigen Schwertkämpfer gekommen sein, also von Shonsu. Wenn er also kein Hochstapler war, wieso hatte er sich dann im Tempel wie einer benommen? Ja, Hardduju mußte ziemlich verdutzt sein. Es konnte natürlich sein, daß er mit seiner Vermutung der Wahrheit recht nahekam, wenn er an ein Wunder dachte. Jetzt verstand Wallie, warum der Halbgott seine Wunden nur zum Teil geheilt hatte – Hardduju hatte ihn erst gestern gesehen, und eine offensichtliche Wunderheilung wäre ein eindeutiges Zeichen dafür, daß Götter die Hände im Spiel hatten.
    Wallie rührte sich nicht vom Fleck und ließ den Obersten Anführer so weit herankommen, daß eine Unterhaltung in normaler Lautstärke möglich war. Das verlebte Gesicht war in der Hitze noch dunkler gerötet als sonst. Der Speckbauch glänzte ebenso vor Schweiß wie Nnanjis Rippen. Der Mann hatte keine gute Kondition, und sein Gewicht würde seine Schnelligkeit beeinträchtigen. Ein Teil des Schweißes, der ihm übers Gesicht rann, beruhte sicher auf Angst, und Wallie genoß diese Vorstellung.
    Nnanji stellte sich zu Wallies Linken, der Viertstufler plazierte sich auf der anderen Seite. Wallie lächelte und verharrte eine Weile still, um die Spannung zu steigern. Jetzt kannte er die Rituale. Von ihm als dem Jüngeren und dem Besucher wurde erwartet, mit der Begrüßung zu beginnen. Schließlich zog er sein Schwert. Er sprach die blumenreichen und scheinheiligen Worte und vollführte dazu mit seiner wundervollen Klinge die entsprechenden Bewegungen. Dann schob er sie wieder in die Scheide.
    Ja, er sah die Angst. Die Augen des Obersten Anführers flackerten unruhig hin und her. Er zögerte seine Erwiderung hinaus, wohl wissend, was geschehen würde, sobald die Einleitung vorüber war.
    Wallie fuhr fort und machte das Zeichen der Herausforderung – nicht der Herausforderung eines Siebentstuflers, sondern eine allgemeine Herausforderung.
    »Einen Augenblick«, sagte Hardduju, »Ihr wart dem Göttlichen Gericht überantwortet. Dieses Schwert habt Ihr nicht auf dem Platz der Gnade erhalten. Bevor ich zufriedenstellend davon überzeugt worden bin, daß das Urteil ausgeführt wurde, werde ich Euren Status nicht anerkennen.«
    Wallie machte ein zweites Mal das Zeichen. Beim dritten Mal war keine Erwiderung erforderlich.
    Hardduju blickte hinter sich, dann sah er seinen Sekundanten an. »Lauf los und alarmiere die Wachen«, bellte er. »Ein Gefangener ist entflohen.« Der Viertstufler gaffte ihn mit offenem Mund an.
    Er hatte sich den falschen Gefolgsmann mitgebracht, dachte Wallie; er hatte sich nicht beizeiten eine Strategie ausgedacht. Trotzdem, er durfte nicht zulassen, daß diese Auseinandersetzung noch länger hinausgezögert wurde, sonst würde es seinem Gegner vielleicht noch gelingen, sie ganz zu umgehen.
    »Los!« brüllte Hardduju den Viertstufler an.
    »Hiergeblieben!« schrie Wallie. »Lord Hardduju, werdet Ihr meinen Gruß nach den Regeln der Ehre erwidern? Falls nicht, werde ich Euch öffentlich bloßstellen und gleichwohl ziehen.«
    »Sehr wohl denn«, sagte der Oberste Anführer bissig. »Dann werdet Ihr mir aber die Herkunft dieses Schwertes erklären.«
    Er zog und begann mit dem Großritual – und stürzte dann vor. Wallie hätte er bestimmt überrumpelt, und wahrscheinlich neun von zehn Schwertkämpfern, selbst Siebentstufler, doch Shonsu war der zehnte. Intuitiv hatte er Harddujus linke Schulter nicht aus den Augen gelassen. Als sie sich von ihm abdrehte, warf er einerseits den linken Fuß zurück und zog; die großartige Klinge krümmte sich wie ein Bogen, um ihm entgegenzukommen und einige wertvolle Bruchteile von Sekunden zu gewinnen. Er parierte mit einer Quint, doch er geriet etwas aus dem Gleichgewicht, und seine Riposte ging ins Leere. Doch Hardduju wich zurück.
    Er starrte Wallie einen Moment lang aus zusammengekniffenen Augen an; dies war kein Hochstapler. Dann machte er einen zweiten Ausfall. Parade, Riposte, Parade – ein paar Sekunden lang

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