Der Zorn der Götter
Sie etwa spitz, mein Lieber? … Holen Sie Ihr kleines schwarzes Buch raus, dann wollen wir doch mal sehen, ob wir jemanden finden, der heute Nacht zu Ihrer Verfügung steht … Er hatte das Gefühl, als müsste er sie austreiben, wie einen bösen Geist. Er wollte sie noch einmal sehen, und sei es auch nur, damit er ihr die Abfuhr erteilen konnte, die sie verdiente, um sie danach zu vergessen.
Tanner wartete drei Tage, dann rief er an.
»Prinzessin?«
»Wer ist da?«
Am liebsten hätte er den Hörer auf die Gabel geknallt. Verdammt, wie viele Männer nennen sie denn noch Prinzessin? Mühsam bewahrte er die Ruhe. »Hier spricht Tanner Kingsley.«
»Oh, ja. Wie geht es Ihnen?« Ihr Tonfall klang völlig gleichgültig.
Ich habe einen Fehler gemacht, dachte Tanner. Ich hätte sie nicht anrufen sollen. »Ich dachte, wir könnten vielleicht irgendwann noch mal zusammen essen, aber Sie sind vermutlich beschäftigt, also vergessen wir …«
»Wie wär’s mit heute Abend?«
Wieder war Tanner überrumpelt worden. Er konnte es kaum erwarten, dem Luder eine Lektion zu erteilen.
Vier Stunden später saß Tanner Paula Cooper an einem Tisch in einem kleinen französischen Restaurant östlich der Lexington Avenue gegenüber. Er war selbst überrascht, wie sehr er sich freute, sie wiederzusehen. Er hatte ganz vergessen, wie lebhaft und ausgelassen sie war.
»Ich habe Sie vermisst, Prinzessin«, sagte Tanner.
Sie lächelte. »Oh, ich habe Sie auch vermisst. Sie sind wirklich was Besonderes. Etwas ganz Besonderes.«
Sie hielt ihm seine eigenen Worte vor, machte sich schon wieder über ihn lustig. Verdammt.
Es sah ganz so aus, als ob der Abend genauso verlaufen würde wie ihr letztes Beisammensein. Normalerweise war er derjenige, der in trauter Zweisamkeit das Wort führte. Bei der Prinzessin aber hatte er das unangenehme Gefühl, dass sie ihm stets einen Schritt voraus war. Zu allem, was er sagte, hatte sie sofort eine Erwiderung parat. Sie war geistreich, schlagfertig und ließ sich nichts von ihm bieten.
Die Frauen, mit denen Tanner sonst ausging, waren schön und willig, aber zum ersten Mal in seinem Leben hatte er das Gefühl, dass ihm bisher vielleicht etwas entgangen sein könnte. Sie hatten es ihm zu leicht gemacht. Sie waren alle gefällig gewesen, aber vielleicht zu gefällig. Sie hatten ihn nicht gefordert. Paula hingegen …
»Erzählen Sie mir etwas von sich«, sagte Tanner.
Sie zuckte die Achseln. »Mein Vater war reich und mächtig, und ich wurde nach Strich und Faden verwöhnt – Hausmädchen, Butler, Diener, die uns am Swimmingpool Getränke servierten, Mädchenpensionat, in Radcliffe die klassische Ausbildung für höhere Töchter, die ganze Chose. Dann hat mein Vater alles verloren und ist darüber gestorben. Ich arbeite als Büroleiterin für einen Politiker.«
»Macht es Ihnen Spaß?«
»Nein. Er ist langweilig.« Sie gingen auf Blickkontakt.
»Ich suche jemanden, der ein bisschen interessanter ist.«
Am nächsten Tag rief Tanner wieder an.
»Prinzessin?«
»Ich hatte gehofft, dass Sie anrufen würden, Tanner.« Ihr Tonfall war ausgesprochen freundlich.
Tanner war angenehm überrascht. »Aha?«
»Ja. Wohin wollen Sie mich heute Abend zum Essen ausführen?«
Er lachte. »Wohin Sie möchten.«
»Ich würde gern ins Maxim in Paris gehen, aber ich bin zu allem bereit, wenn ich mit Ihnen zusammen sein kann.«
Sie hatte ihn einmal mehr überrumpelt, aber aus irgendeinem Grund taten ihm ihre Worte wohl.
Sie speisten im La Côte Basque an der Fünfundfünfzigsten Straße. Tanner sah sie während des Essen ständig an und fragte sich, was ihn an ihr so reizte. Ihr Aussehen war es nicht; aber ihr Verstand und ihr Charakter schlugen ihn in ihren Bann. Sie sprühte förmlich vor Intelligenz und Selbstvertrauen. Sie war die eigenwilligste Frau, die er jemals kennen gelernt hatte.
Sie unterhielten sich über eine Vielzahl von Themen, und Tanner stellte fest, dass sie über ein bemerkenswertes Wissen verfügte.
»Was wollen Sie mit Ihrem Leben anstellen, Prinzessin?«
Sie musterte Tanner einen Moment lang, bevor sie antwortete. »Ich möchte Macht haben – die Macht, die man braucht, um etwas bewirken zu können.«
Tanner lächelte. »Dann haben wir viel miteinander gemein.«
»Zu wie vielen Frauen haben Sie das schon gesagt, Tanner?«
Er spürte, wie er allmählich wieder wütend wurde.
»Könnten Sie das bitte sein lassen? Wenn ich sage, dass Sie anders sind als alle
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