Der Zorn des Highlanders
»aber es wird nichts nützen. Er hat all unser Flehen kalt zurückgewiesen.«
»Ja, du hattest auch keinen anderen Köder außer deiner Liebe und Schönheit, die er dumm genug war, zurückzuweisen.« Cameron meinte, Avery leise sagen zu hören, dass er seine Schmeichelei umsonst verschwende, aber er beschloss, es zu überhören. Als der Page das Schreibmaterial vor ihn hinstellte, nahm er den Federkiel zur Hand. »Ich wünschte, Katherine, es wäre für dich anders gekommen. Doch ich habe die Mittel, deinen Liebhaber zu seiner Pflicht zu zwingen.« Er fuhr zusammen, als Avery und Gillyanne sich so abrupt erhoben, dass ihre Stühle auf den Boden krachten, und wurde sich bewusst, dass er eben ungewollt herzlos gewesen war. »Avery?«
»Ich denke, ich möchte jetzt in meine Unterkunft gebracht werden«, sagte Avery mit festem Blick auf Iain.
Cameron ergriff ihre Hand. »Ihr habt gewusst, dass ich das tun würde, dass ich es tun muss.«
»Ja.« Sie entriss ihm ihre Hand. »Ich habe es gewusst, aber ich habe nicht erwartet, dass Ihr mich dabei zusehen lasst.« Sie sah wieder auf Iain. »Mein Gemach?«
»Bringt sie in den Gemächern meiner Mutter unter«, wies Cameron Iain mit weicher Stimme an, »und Klein-Gilly gleich nebenan.« Er beobachtete, wie Iain Avery wegführte. Als er sich wieder umwandte, stand Gillyanne vor ihm und funkelte ihn wütend an. »Gilly?«
»Ich hoffe, Ihr stecht Euch mit diesem Federkiel die Augen aus«, schnappte sie.
»Gilly«, rief Avery, blieb am Eingang stehen und sah sich fragend nach ihrer Cousine um.
»Ich habe nur Sir Cameron für das gute Essen gedankt«, antwortete Gillyanne.
Sobald sich die Tür hinter Iain und den Murrays geschlossen hatte, entspannte Cameron sich, um aber gleich darauf Leargans leises Gelächter mit einem wütenden Blick zu quittieren. »Was findest du daran erheiternd?«
Leargan berührte den Brief, den Cameron eben aufsetzen wollte. »Das da? Nein, nicht im Mindesten. Aber Gilly? Ja. Sie ist eine liebenswerte kleine Göre. Wenn ich nicht fast doppelt so alt wäre wie sie, könnte ich versucht sein zu warten, bis sie ausgewachsen ist, um sie dann zu heiraten.«
»Aber Leargan, ihre Augen passen ja gar nicht zusammen«, warf Katherine – offensichtlich entsetzt – ein. »Und ihre Haare sind so unordentlich.«
»Katherine, Vollkommenheit ist nicht immer so schön wie Einzigartigkeit!« Leargan sprach, als würde er einem ausgesprochen begriffsstutzigen Kind etwas beibringen müssen, schüttelte dann aber den Kopf, als sie ihn immer noch so anstarrte, als sei er der Begriffsstutzige. »Cameron, forderst du auch deinen Sohn ein?«, fragte Leargan, als er sich von Katherine abwandte.
»Welchen Sohn?«, wollte Katherine wissen. »Sag nicht, dass diese dürre Hure behauptet, sie hätte ein Kind von dir?«
»Du beleidigst Lady Avery«, fuhr Cameron sie mit harter und kalter Stimme an.
»Tue ich das? Hast du sie in deinen Nachbargemächern untergebracht, damit du sie strenger bewachen kannst?« Plötzlich schnappte sie nach Luft und legte sich die Hand auf die Brust. »Oh, Bruder, tust du das für mich? So wie ich benutzt und in Schande gebracht wurde, so soll sie es auch werden? Das ist ein großes Opfer, das du mir bringst.«
Obwohl er sich sagte, dass Katherine ein Recht darauf hatte, gegenüber einem oder einer Murray keinerlei Mitgefühl zu empfinden, war Camerons Wut unvermindert. »Was zwischen Lady Avery und mir geschieht oder nicht geschieht, hat nichts mit dir zu tun, Katherine. Es geht dich nichts an, und ich wäre sehr ungehalten, wenn du versuchen würdest, es zu einer öffentlichen Angelegenheit zu machen.« Er hielt ihrem verärgerten Blick stand, bis sie knapp und zustimmend nickte. Danach erklärte er in einem, wie er hoffte, gelassenen Ton: »Der Junge, den Leargan meint, ist ein uneheliches Kind von einer Frau, mit der ich vor drei Jahren das Bett geteilt habe. Durch eine seltsame Fügung des Schicksals haben Averys Cousine Elspeth und ihr Gatte Sir Cormac Armstrong das ausgesetzte Kind gefunden und aufgenommen.«
»Nun, das war nett von ihnen. Es befreit dich von dieser Bürde. Ja, ich glaube, du solltest dich bei ihnen bedanken.«
Cameron starrte sie an, zwinkerte langsam, dann blickte er auf Leargan. Es erleichterte ihn, zu sehen, dass sein Cousin ebenfalls sprachlos dasaß. Er wusste nicht, welche Schlussfolgerung er aus der überraschend herzlosen Bemerkung seiner Schwester ziehen sollte. Sein Sohn mochte zwar unehelich sein, aber
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