Der Zorn Des Skorpions
mein Herausgeber hat so verschrobene Moralvorstellungen.«
»Sie können den Unglücksstern-Mörder entlarven?«, fragte Grayson, dachte aber heimlich:
Was für ein mieser Angeber.
»Ich habe Beweismaterial.«
Das bezweifelte Grayson. »Was für Beweismaterial?«
»Ich muss es Ihnen zeigen.«
»Um was geht es?«
»Ich komme rüber und zeige es Ihnen.«
»Falls Sie Beweismaterial haben, Douglas, werden Sie es mir überlassen.«
»Darüber reden wir dann.«
»Ich habe heute viel zu tun.« Grayson nahm dem dreisten Reporter seine Story nicht ab. Manny war bekannt dafür, dass er gern prahlte und sich aufspielte.
»Für das hier haben Sie Zeit. In einer halben Stunde bin ich bei Ihnen.« Und auf seine brüske wichtigtuerische Art, die Grayson schon immer ärgerte, legte Manny auf. Allerdings ging dem Sheriff so ziemlich alles, was Manny Douglas tat, gehörig auf die Nerven. Und er hatte weiß Gott genug anderes zu tun.
Doch falls der Kerl tatsächlich etwas in petto hatte, irgendeinen Beweisfetzen oder Hinweis auf den Mörder, konnte Grayson es sich nicht leisten, ihn abzuweisen.
Draußen tobte wieder mal ein gewaltiger Schneesturm, obwohl der Wetterdienst für den Nachmittag einen Wetterumbruch angekündigt hatte. Wie sehr er auf besseres Wetter hoffte.
Im Fernseher in seinem Büro lief bei niedriger Lautstärke eine Nachrichtensendung. Es ging wieder einmal ums Wetter, und der Bericht näherte sich seinem Ende.
»Und ich habe gute Nachrichten für alle Mädchen und Jungen«, sagte die flotte blonde Sprecherin der Mittagsausgabe von KBTR Television nach der Präsentation einer Satellitenaufnahme der Umgebung. »Wie es aussieht, schafft der Weihnachtsmann es schließlich doch noch. Also, stellt heute Abend einen Teller mit Plätzchen und einen großen Becher mit heißer Schokolade bereit. Denn es wird eine kalte Nacht.« Sie grinste in die Kamera, und der weiße Bommel ihrer Weihnachtsmannmütze tanzte an ihrer Wange. »Zurück zu Kelly und Darren.«
»Danke, Rhonda!« Kelly, die lächelnde Moderatorin, blickte direkt in die Studiokamera. Ihr Lächeln war breit, ihr Haar blond gesträhnt, ihr Auftreten gewöhnlich fröhlich. Doch an diesem Tag erlosch ihr Lächeln schnell, und ihre Miene spiegelte die ihres ernsteren Kollegen, Darren Faust, eines Nachrichtensprechers mit harten Zügen, dichtem, dunklem Haar und einem bereitwilligen, wenn auch flüchtigen Lächeln.
»Um zu einem eher traurigen Thema überzugehen«, sagte Kelly mit einem raschen Blick auf ihre Notizen, »gestern Abend hat Sheriff Dan Grayson von Pinewood County in einer Pressekonferenz auf den Stufen zum Büro des Sheriffs die jüngsten Informationen über den als Unglücksstern-Mörder bekannten Serienmörder ausgegeben, der seit einigen Monaten die Umgebung von Grizzly Falls in Angst und Schrecken versetzt. Seit Wanderer Theresa Kelpers Leiche entdeckten …«
Grayson richtete die Fernbedienung wie eine Waffe auf den Fernseher und schaltete ihn aus. Er wusste selbst, was er in der Pressekonferenz gesagt, welche Fragen zu dem Mörder er beantwortet hatte. Das brauchte er nicht noch einmal vorgesetzt zu bekommen.
Er reckte sich und ging hinaus in den Flur, wo ein Hauswart geschäftig den Boden aufwischte, auf dem Dutzende von Stiefeln eine Spur von schmelzendem Schnee hinterlassen hatten. Der Hauswart war ein kräftiger Mann, der Teilzeit arbeitete, doch aufgrund des schlechten Wetters hatte das Dezernat neuerdings seine Stundenzahl erhöht.
»Das nimmt nie ein Ende, nicht wahr, Seymore?«, bemerkte der Sheriff.
»Sie sagen es!« Leise lachend arbeitete er sich rückwärts fort von dem orangefarbenen Hütchen, das er im Eingangsbereich zur Warnung vor dem nassen Boden aufgestellt hatte.
Alvarez saß an ihrem Schreibtisch; Grayson hatte sie vor ein paar Minuten kommen sehen. Nachdenklich blickte sie auf den Monitor, der die Abbildung einer Forstverwaltungskarte der zerklüfteten bergigen Region zeigte, von wo aus der Mörder auf die Reifen der Fahrzeuge seiner Opfer geschossen hatte.
»Hast du von den DeGrazios irgendetwas Neues erfahren können?«, fragte er und blieb an der Tür stehen.
Sie blickte auf. »Abgesehen davon, dass jemand ihrem Jungen mal gehörig die Leviten lesen müsste?«
»So schlimm?«
»Ein verwöhntes Einzelkind, erzogen von einer ledigen Mutter, die …«
»Ihn zu sehr liebt.«
»Ich wollte sagen, die ihn ständig in Schutz nimmt. Und, nein, ich habe nichts Verwertbares erfahren. Allerdings ist mir Santana
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