Der Zorn Des Skorpions
Nicht nur, weil ihr Name so gut in meine Botschaft passt, sondern auch, weil ich es Dan Grayson am besten heimzahlen kann, wenn ich eine von seinen Leuten eliminiere.
Aber du hast Brady Long erschossen. Er ist ein Einheimischer. Die Polizei wird durch die Kugel eine Verbindung zu den anderen Morden erkennen.
Das war vielleicht ein bisschen waghalsig, vielleicht sogar tollkühn, das gebe ich zu, als ich unter dem Vordach der Tankstelle herausfahre, von dem ein schwarzes Bein herabbaumelt; der Stiefel eines Weihnachtsmanns, der versucht, aufs Dach der Bitterroot-Tankstelle mit Mini-Markt zu klettern.
Als ich mich entferne, sehe ich den Rest des Weihnachtsmannkörpers bäuchlings auf dem Dach liegen, wo er sich festzuklammern scheint. Sein Sack quillt über von Spielzeug.
Alle in dieser Stadt sind Schwachköpfe, außer mir. Es ist zum Gotterbarmen.
Mit gefülltem Tank und Alibis in der ganzen Stadt schlage ich den Weg aus der Stadt heraus in die Berge der Umgebung ein. Ich habe meinen Spaß gehabt; jetzt ist es Zeit, mich um Regan Pescoli zu kümmern, denn sie ist noch nicht gebrochen. Und plant wahrscheinlich in diesem Moment ihren nächsten Fluchtversuch.
Oder sie flüchtet bereits.
Mein Herz setzt einen Schlag aus.
Du hast sie gefesselt und erschöpft von dem Kampf zurückgelassen, aber sie gibt nicht so schnell auf. Hast du die Tür abgeschlossen?
Im Rückspiegel erkenne ich die Sorge in meinem Blick und gebe Gas. Die Fahrt bis zur Mine dauert knapp eine halbe Stunde.
Lauf! Weiter, weiter! Lauf, so schnell du kannst!
Lieber Himmel, wie war das kalt draußen.
Doch Regan lief weiter, kämpfte sich durch den Schnee, und die Angst saß ihr in den Knochen.
Als Regan Pescoli sah, dass sie frei war, hatte sie sich eine Jacke geschnappt, sie übergeworfen, die Hütte verlassen und war losgerannt. Blindlings. Wie eine Verrückte. Überzeugt, dass der Feind ihr auf den Fersen war. Sie hatte keine Ahnung, wo sie sich befand, und da es schneite, war die Sonne nicht zu sehen, und sie wusste nicht einmal, in welche Himmelsrichtung sie lief.
Sie lief einfach. So weit und so schnell, wie ihr geschundener Körper es zuließ.
Doch jetzt war die Hütte außer Sichtweite, und sie musste stehen bleiben, tief und schmerzhaft durchatmen und sich orientieren. Sie musste ihre Lage kritisch abschätzen und anfangen, wie eine Polizistin zu denken, nicht wie ein gehetztes Reh.
Regan schloss die Augen ganz fest, verzog das Gesicht und drängte Panik und Schmerz tief in ihr Bewusstsein zurück, versuchte verzweifelt, ruhiger zu werden und die kalte berechnende Seite ihres Gehirns, alles, was sie in der Ausbildung gelernt hatte, zu aktivieren. Sie wehrte sich gegen den Drang, wie eine Verrückte die Flucht zu ergreifen.
Nacktes Entsetzen half ihr nicht, Elyssa O’Leary zu finden.
Denk nach, Regan, denk nach.
Sie öffnete die Augen. Atmete noch einmal tief durch, um sich zu beruhigen. Spürte den Schnee auf ihren Wangen schmelzen. Aber schon jetzt war ihr ein Fehler unterlaufen. Denn ihre Fußspuren würden noch eine ganze Weile sichtbar bleiben, trotz des Schneefalls.
Sobald der Abartige zurückkam, brauchte er nur den Spuren im Schnee zu folgen. Er musste kein erfahrener Fährtensucher sein, um sie zu finden. Leise fluchend wischte sie sich den Schnee aus den Augen, stülpte sich die Kapuze ihrer Jacke über den Kopf und betrachtete niedergeschlagen ihre allzu deutlich sichtbaren Fußabdrücke.
Genauso gut hätte sie einen Wegweiser mit greller roter Aufschrift aufstellen können: Hier entlang zu Regan Pescoli.
Reiß dich zusammen, sonst stirbst du hier draußen, wenn nicht von der Hand des Unglücksstern-Mörders, dann durch deine eigene Dummheit.
Auf keinen Fall würden Schneefall oder Wind ausreichen, um ihre Spuren zuzudecken.
Aber was war mit seinen Spuren?
Sie wusste, dass der Perverse Elyssa aus der Hütte geholt hatte. Erst kürzlich. Er musste doch Spuren hinterlassen haben? Vielleicht halb zugeschneit, aber immerhin Spuren, die zu einem Fahrzeug führten … zu dem verflixten Pick-up, in dem sie hierhergebracht worden war.
Sie musste zurück. Einen Bogen schlagen. Damit es so aussah, als führte ihr Weg sie bergab, dann auf dem gleichen Weg wieder zur Hütte gehen und seine Spuren suchen.
Sie zitterte, hatte Schmerzen am ganzen Körper und wollte nicht zurück zur Hütte. Doch sie hatte keine Wahl, nein, im Grunde nicht. Um sich zu retten. Und um Elyssa zu retten. Sie musste ihn aufspüren.
Santana
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