Der Zorn Des Skorpions
Schlange wäre …« Er ließ den Whiskey in seinem Glas kreisen, dass die Eiswürfel klirrten. »Oder war’s eine Klapperschlange. Oder eine Kobra?« Es war, als wäre er in die Vergangenheit eingetaucht, als nähme er weder die Glasflaschen noch Dell Blights schnaubendes Gelächter wahr.
»Ah, jetzt hab ich’s … Sie griff an ihren Gürtel, das war’s, eine Art Warnung, denn damit verdrosch Lila den Jungen. Und dann sagte sie: ›Gib acht oder ich …‹ Nein …« Ivors Züge versteinerten; er zog eine Grimasse und bleckte die Zähne. »Sie sagte: ›Meidet des Skorpions Zorn‹, und griff nach dem schmalen Ledergürtel, und dabei stand ein Glitzern in ihren Augen, als wollte sie den Widerstand des Jungen herausfordern.«
Inzwischen ertönte »We Wish You a Merry Christmas«, doch Ivor bemerkte es nicht.
»Aber sie war eine Schönheit, meine Lila. Und sie war früher reich … angeblich. Hatte immer geglaubt, die alte Silbermine wäre ein Vermögen wert, aber sie täuschte sich. Wir alle vielleicht.«
»Diese Silbermine, auf der steht dein Haus.«
»Eine alte Baracke«, pflichtete Ivor ihm bei. »Aber ja, sie ist mein Zuhause.« Er streifte Santana mit einem Blick. »Ist alles anders, seit sie tot ist. Herzanfall.« Er schnippte mit den Fingern. »Einfach so.«
»Tut mir leid.«
»Ach. Das war vor Jahren.« Er steckte wieder die Nase ins Glas, suchte das letzte Restchen flüssigen Trosts, das er noch finden konnte.
Santana hatte das unbestimmte Gefühl, dass ihm irgendeine Assoziation entging und dass Ivors Geschwafel doch irgendetwas Brauchbares enthielt, doch bevor er dem Rätsel weiter auf die Spur kommen konnte, klingelte sein Handy. Er legte ein paar Scheine auf den Tresen, versetzte Ivor einen kameradschaftlichen Schlag auf den Rücken und ging nach draußen.
Chilcoates Nummer erschien auf dem Display.
Das wurde aber auch Zeit.
»Was haben Sie herausgefunden?«, wollte er wissen. Er stellte fest, dass es nicht mehr schneite. Gut. Die Wolkendecke riss stellenweise auf und ließ blauen Himmel sehen.
»Wir müssen reden.«
»Tun wir doch.«
»Aber nicht am Telefon.«
Chilcoates Angst, vom FBI abgehört zu werden, hatte MacGregor bereits erwähnt. Santana wusste, dass der Mann nicht nachgeben würde. »Ich kann in zwanzig Minuten bei Ihnen sein«, sagte er und war bereits auf dem Weg zu seinem Pick-up.
»Besser in zehn.«
Mit klappernden Zähnen, nach Luft ringend, umrundete Regan im heftigen Schneegestöber die aus Stein und Holz gebaute Hütte. Der Wind zerrte an ihrem Haar. Sie fand die Fußstapfen, die von der Tür fortführten, ihre, die sich nach rechts wandten, und nach links eine weitere Spur, die sie nicht beachtet hatte, schon zur Hälfe mit Schnee gefüllt. Vielleicht von zwei Personen. Große Stiefelabdrücke und daneben bedeutend kleinere Spuren. Diese stammten, wie sie jetzt entsetzt feststellte, von völlig nackten Füßen.
Ihr Mut sank. Das war mit Sicherheit Elyssa O’Learys Spur. Wie angedroht hatte der Perverse sie bereits fort von der Hütte in den Wald getrieben, wo sie ihre letzten wachen Minuten oder Stunden erfrierend dem Tod entgegensehen musste. Vor ihrem inneren Auge sah Regan die anderen Opfer, sämtlich ohne einen Faden am Leib. Ihre Fußabdrücke im Schnee führten zu den Bäumen, an denen sie ihr Leben ausgehaucht hatten.
»Du Schwein«, knirschte sie, wehrte sich gegen das Zähneklappern und taumelte, die Spuren im Blick, zum Waldrand und den steilen Abhang hinunter. Der unablässig fallende Schnee bildete einen Vorhang – einen Vorhang, den ihr Verfolger, wie sie fürchtete, bald zur Seite schieben würde. Sie entdeckte keinerlei Orientierungshilfe, die ihr verraten hätte, wo sie sich befand.
Aber du warst in einer Mine, Regan. In einer Gold- oder Silbermine.
In den Bergen befand sich ein Labyrinth von Minen aus einer vergangenen Ära, doch die meisten waren klein und mit Brettern vernagelt. Vergessen. Nur diese nicht. Sie war groß. Und diese Tunnel waren nicht das Werk eines einzelnen Mannes. Der Mörder mochte einige von ihnen abgestützt haben; es war offensichtlich, dass er viele Stunden dort verbracht hatte. Doch die ursprünglichen Minenschächte dehnten sich weit aus.
Sie kannte die Geschichte dieser Gegend, die Namen derer, die als Erste Land beansprucht hatten und reich geworden waren, doch die meisten von ihnen waren weitergezogen, auch Hubert Long, dessen Familienvermögen auf Kupfer beruhte …
Aber Gold und Silber …
Sie
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