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Der Zorn Gottes

Der Zorn Gottes

Titel: Der Zorn Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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Gold der Gildemeister. Und als nächstes« - ein drittes
     Stück Brot erschien - »haben wir die Partei des Königs.
     Unser junger Prinz ist noch nicht volljährig, aber seine Anhänger,
     Hussey zum Beispiel, würden nur zu gern die Macht des Regenten
     brechen und sich an seine Stelle setzen. Außerdem haben wir die Große
     Gemeinschaft des Reiches, die Bauernführer mit ihrem geheimen Rat und
     dem mysteriösen Anführer, der sich Ira Dei nennt. Und schließlich
     noch das Unbekannte: Wurde Mountjoy vielleicht aus persönlichen und
     nicht aus politischen Motiven ermordet?«
    Cranston senkte die Stimme.
     »Wer weiß? Es könnte Boscombe gewesen sein oder jeder
     andere aus London. Ich wette, wenn du eine Versammlung derer einberufst,
     die den Sheriff gehaßt haben, dann gibt es in der
     St.-Paul-Kathedrale keine Stehplätze mehr, und die Warteschlange
     derer, die hineinwollen, würde bis zur Themse hinunterreichen.«
    »Aber, Sir John, auf
     der Messerklinge stand der Name Ira Dei.«
    »Aber, aber, mein
     schlauer Ordensbruder!« dröhnte Sir John. »Spiel mir
     nicht den Unschuldsengel. Bestimmt tauchte irgend so ein Mörder auf,
     als all diese Honoratioren im Rathaus versammelt waren, und fragte nach
     dem Weg zum Sheriff, damit er ihn umbringen könnte! Es liegt doch auf
     der Hand«, stellte er fest und richtete sich auf. Sein weißer
     Schnurrbart zitterte. »Ich spreche nur laut aus, was diese
     scheinheilige Bande von Schweinehunden insgeheim weiß: Der Mörder
     war bereits im Rathaus. Weder der Regent noch dieser Fettkloß
     Goodman hat gesagt, daß ein Fremder in ihrem vermaledeiten Rathaus
     gesehen wurde.«
    Athelstan grinste. »Concedo,
     oh Aufmerksamster unter den Coroners. Die Sache wird also um so
     verzwickter?«
    »Natürlich.«
     Cranston nahm die Brotstücke vom Tisch. »Und was ist«,
     überlegte er, »wenn es ein Bündnis zwischen all diesen
     Gruppen gibt? Eine unheilige Verbindung wie zwischen Pilatus und Herodes?«
    »Wenn das der Fall ist«,
     sagte Athelstan, »dann haben wir es mit einer Serie von komplexen
     Verstrickungen zu tun, die sich jeder logischen Analyse widersetzt. Die
     Gildemeister sind vielleicht nicht einig. Vielleicht sind sie
     unentschlossen, vielleicht sogar tückisch, und machen sowohl Gaunt
     als auch der Bauernpartei den Hof.«
    »Oder, schlimmer noch«,
     erwog Cranston, »die Gildemeister könnten Gaunt, dem König
     und den Bauern den Hof machen.« Er wedelte die Patschhand. »Vielleicht
     ist nur einer der Gildemeister ein Verräter. Oder hat Gaunt den
     Mountjoy umbringen lassen, weil er der einzige Wurm an ihrer Rose war?«
    Athelstan hob die Hände.
     »Ich stimme Euch zu, Sir John. Wie Sir Gerard ermordet wurde, ist
     ein Geheimnis. Wer ihn ermordet hat… nun, es könnte jeder
     gewesen sein. Also bleibt uns die Frage: Warum?«
    »Und die haben wir
     schon beantwortet.« Cranston stand auf, klopfte
     sich mit der flachen Hand auf den Bauch und strahlte seinen Schreiber an.
     »Vielleicht hat Sir Gerard dem Regenten zuviel Schwierigkeiten
     gemacht? Eines wissen wir jedenfalls. In diesem Spiel geht es um Macht,
     und der Sieger wird König im Schloß und kann zusehen, wie seine
     Feinde vernichtet werden. Ich kann nur sagen: Wir dürfen niemandem
     trauen.«
    »Ich glaube folgendes«,
     sagte Athelstan. »Da der Mord just an dem Tag geschehen ist, als
     Gaunt seine Allianz mit der Stadt besiegeln wollte, muß ich daraus
     schließen, daß Sir Gerards Tod nicht auf eine Privatfehde zurückzuführen
     ist, sondern diese Allianz zerstören und die Saat der Zwietracht und
     des Mißtrauens säen soll. In diesem Fall…«
    »In diesem Fall - was?«
    »In diesem Fall, teurer
     Coroner, wird es, ehe wir beide sehr viel älter sind, noch einen Mord
     geben.«
    Cranston fluchte leise, fegte
     die letzten Brotreste vom Tisch und schaute zu, wie Gog und Magog langsam
     herankamen, um zu sehen, was ihr Herr ihnen da anbot. Die Glocken von St.
     Mary Le Bow begannen zu läuten. Sir John blickte zum Himmel; es wurde
     dunkler.
    »Komm, Bruder. Wir sind
     zum Bankett des Regenten im Rathaus eingeladen.«
    »Sir John, ich sollte
     in meine Pfarrei zurück.«
    Cranston grinste. »Bei
     den Zitzen des Teufels! Der Regent hat dich eingeladen, und du mußt
     hin!«
    Cranston ging ins Haus und brüllte
     nach Boscombe. Athelstan wusch sich an einer Wasserschüssel in der Spülküche.
     Unterdessen stieg Sir John in seine Kammer hinauf, kleidete sich in ein
     Gewand aus

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