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Der Zorn Gottes

Der Zorn Gottes

Titel: Der Zorn Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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Weinfässer
     zu legen, wo er kühl bleiben und nicht stinken würde, schenkten
     sie keinen Blick.
    Cranston und Athelstan traten
     beiseite, als die Bediensteten, unter ihrer grausigen Bürde fluchend
     und murrend, vorüberhasteten. In der hinteren Ecke des Gartens lagen
     die beiden großen Wolfshunde einsam im Gras, als wüßten
     sie, daß ihr privilegiertes Leben nun vorbei war. Sir John trat
     schwungvoll vor die sitzenden Männer, den bleichen Boscombe immer
     noch bei der Hand. Goodman sprang auf, und die übrigen beobachteten
     Sir John mit schmalen Augen und mißbilligenden Mienen.
    Eine unangenehme Bande,
     dachte Athelstan: Männer, die sich der Anhäufung von Macht und
     Reichtum verschrieben hatten, dunkle Seelen
     mit unheimlichen Gedanken und gewaltigem Ehrgeiz. Sie erinnerten ihn an
     Falken in einem Burghof, die an ihren Fesseln zerrten, bereit, ihren Sitz
     zu verlassen und zum Töten auf ihre Beute herabzustoßen.
     Goodman trat Sir John mit großer Geste entgegen.
    »Dieser Mann ist ein
     Gefangener der Stadt!«
    »Und ich bin der
     Coroner der Stadt«, antwortete Cranston. Er hatte Mountjoy auch nie
     leiden können, aber Goodman verabscheute er als einen Mann, der seine
     eigene Mutter verraten würde, solange der Preis stimmte.
    »Ihr seid aber nicht
     ermächtigt, ihn freizulassen«, stammelte Goodman.
    »Was gibt's, Sir John?
     fragte Lord Adam Clifford, der neben dem Regenten saß, in trägem
     Tonfall. Der junge Mann beschirmte seine Augen vor der Spätnachmittagssonne,
     als er aufblickte. »Gütiger Gott, Mann, Ihr wollt ihn doch
     jetzt nicht hängen, oder? Ich habe noch nichts gegessen, und dieser
     Garten hat für einen Tag genug Gewalttätigkeit gesehen.«
    Cranston wandte sich an den
     Regenten. »Mylord, ein kleines Theaterspiel - wenn Ihr gestattet?« 
    Ohne eine Antwort abzuwarten,
     machte Cranston kehrt, zwinkerte Athelstan zu und schob den armen Boscombe
     in Mountjoys Laube. Achselzuckend stellte der Regent seinen Weinbecher auf
     den Boden und folgte Cranston. Lord Adam lächelte Athelstan zu.
    »Ein feines
     Theaterspiel«, murmelte er. »Tja, Gentlemen, ich denke, wir
     sollten Seiner Gnaden folgen.«
    In der Laube wurde Boscombe
     wieder nervös. Er zitterte wie ein Aspik, als Cranston ihn zu der
     blutbefleckten Rasenbank führte.
    »So!« Cranston
     strahlte Gaunt und die übrigen an, die am Tor standen.
     »Nun, Master Boscombe« - er zog seinen eigenen langen Dolch -,
     »jetzt sollst du mich ermorden.« Cranston ließ sich auf
     die Rasenbank fallen, ohne auf das geronnene Blut zu achten, und schaute
     grinsend zum Bürgermeister hinüber. »Sir Christopher, seid
     so gut - einen Becher von dem Wein, den Ihr da trinkt?«
    Der Coroner wischte sich die
     Stirn und befeuchtete seine Lippen. Goodman wollte protestieren, aber
     Gaunt schnippte mit den Fingern. Der Bürgermeister eilte davon und
     kam mit einem randvollen Becher zurück, den er dem Coroner in die große
     Pranke drückte. Wortlos prostete Cranston dem Regenten zu und starrte
     dann den jämmerlichen Boscombe an, der mit spitzen Fingern den Dolch
     festhielt, als fürchte er, sich daran zu schneiden, von Sir John ganz
     zu schweigen.
    »Also!« blaffte
     Cranston und nahm einen Schluck aus seinem Becher. »Erstich mich,
     Boscombe!«
    Athelstan trat vor. »Na
     los, Mann«, murmelte er. »Mach schon.«
    Mit vorgestrecktem Dolch
     tappte Boscombe auf Sir John zu. Was dann geschah, hätte Athelstan
     nicht genau sagen können. Cranston trank weiter von seinem Wein,
     Boscombe stieß zu - aber im nächsten Augenblick hatte der
     Coroner ihm den Dolch aus der Hand geschlagen und den Diener der Länge
     nach ins Gras geschleudert. Cranston trank seinen Becher leer und stand
     auf.
    »Der Lord Coroner hat
     klargemacht, worauf es ihm ankam«, stellte Athelstan taktvoll fest.
     »Boscombe kann einen Dolch nicht einmal richtig halten. Genau wie
     Sir John war Sir Gerard ein feuriger Mann. Er hätte Widerstand
     geleistet, von den Hunden ganz zu schweigen. Und was noch wichtiger ist,
     Mylord«, fügte Athelstan hinzu, an Gaunt gewandt,
     »wenn Boscombe ihm den Dolch so tief in die Brust gestoßen hätte,
     dann müßte er Blutflecken an Händen und Ärmeln haben.
     Aber«, schloß er und half Boscombe auf die Beine, »solche
     Flecken gibt es nicht.«
    Gaunt starrte erst Athelstan,
     dann Boscombe an. Seufzend blies er die Wangen auf; dann wühlte er
     eine Münze aus seinem Beutel und warf sie Boscombe zu, der

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