Der Zorn Gottes
wünschen! Um Gottes
willen, Bruder, sieh dir bloß diesen Reichtum an!«
Athelstan betrachtete seinen
Becher, den Teller und die Messer; alles war aus purem Gold und Silber.
Der Becher, den er beim Essen kaum angerührt hatte, war mit einem
Vermögen an Edelsteinen besetzt; sie stammten aus der Beute, die
Gaunt von seinen Kriegszügen in Frankreich mitgebracht hatte.
»Was haben wir denn bis
jetzt gegessen, Bruder?«
»Neunaugen, Lachs,
Hirsch, Eberbraten, Schwan und Pfau«, zählte Athelstan grinsend
auf. »Und der Nachtisch kommt noch.«
Er wollte Sir John weiter
necken, als plötzlich Fitzroy, der Gildemeister der Fischhändler,
aufsprang und an seinem pelzbesetzten Kragen zerrte; sein sonst immer
rotes Gesicht war jetzt violett angelaufen, und er hustete und würgte.
Die übrigen Gäste starrten ihn erstaunt an. Niemand rührte
sich, als Fitzroy gegen die Tischkante taumelte, eine halbe Drehung machte
und krachend zu Boden fiel.
Trotz seines vollen Bauchs
sprang Cranston auf und eilte zu ihm, gefolgt von Athelstan. Fitzroy lag
ausgestreckt auf der Seite; Augen und Mund standen offen, aber Athelstan fühlte
kein Leben, als er an der bräunlichen Kehle nach dem Puls tastete. Er
schob dem Mann den Finger in den Mund und vergewisserte sich, daß
die Zunge frei lag; möglicherweise war Fitzroy ja daran erstickt. Er
verbarg seinen Ekel und schob die Finger weiter hinein, aber die Kehle des
Mannes war nicht blockiert. Cranston betastete Fitzroys Handgelenk, dann
sein Herz.
»Er ist hinüber«,
knurrte er. »Tot wie einer von seinen verdammten Fischen, Gott hab
ihn selig.«
Die anderen stürzten
unter Schreien und Rufen herbei, auch der junge König. Seinen jungen
Jahren zum Trotz, drängte Richard sich kraftvoll vor.
»Ist der Mann tot, Sir
John?«
»Gott schenke ihm die
ewige Ruhe. Jawohl, Sire.«
»Und was ist der Grund?«
Athelstan zuckte die Achseln.
»Ich bin kein Arzt, Euer Gnaden. Ein Schlaganfall vielleicht.«
»Neffe, Ihr solltet
nicht hier sein.« Gaunt schob sich heran und legte dem jungen
Richard eine beringte Hand auf die Schulter.
»Aber wir bleiben,
Onkel, bis die Todesursache ermittelt ist. Du da, Mann!« Der König
nickte einem der königlichen Bogenschützen zu, der an der Tür
auf Posten stand. »Geh und hole Master de Troyes.«
Gaunt schluckte seinen Ärger
herunter, nickte dem Soldaten zu und bestätigte so den Befehl seines
Neffen. Athelstan starrte den Toten an.
»Das war kein
Schlaganfall, Sir John«, sagte er leise. »Ich glaube nicht, daß
Fitzroy eines natürlichen Todes gestorben ist.«
Die übrigen
protestierten lautstark, aber Sir John hockte sich neben Athelstan nieder
und hielt schweigengebietend einen Finger an den Mund.
Athelstan beugte sich über
den Toten und schnupperte an seinem Mund. Er roch Wein, Braten und den
bittersüßen Duft von etwas anderem, das ihn an eine verwelkende
Rose mit einer starken Wermutnote erinnerte.
»Hat Fitzroy vor dem
Essen über Unwohlsein geklagt?« fragte Sir John unvermittelt.
Bremmer, Sudbury, Marshall,
Denny und Goodman standen beieinander und schüttelten die Köpfe.
»Er war bester
Gesundheit«, quiekte Denny.
»Familie?« fragte
Sir John, der immer noch neben der Leiche hockte.
»Eine Frau und zwei
verheiratete Söhne. Aber sie sind alle nicht in der Stadt.«
Cranston nickte. Wie Lady
Maude, verließen viele der Frauen führender städtischer
Beamter und Kaufleute in den warmen Sommermonaten die Stadt und zogen
hinaus in die kühlen Landhäuser. Athelstan blickte auf und
betrachtete diese klugen, undurchschaubaren Männer eingehend. Einer
von ihnen war seiner Meinung nach ein Giftmischer. Er stand auf, stieg
über den Leichnam hinweg und setzte sich an Fitzroys Tisch. Der
Silberteller enthielt Fleisch und andere Essensreste. Zwei Weinbecher
standen da, jeder zu etwa einem Drittel voll mit rotem oder weißem
Wein. Athelstan griff nach der goldgesäumten Serviette und
betrachtete sie gründlich; er roch daran und dann auch an den Bechern
und den Speiseresten. Es wurde still im Saal, und als er aufblickte,
stellte er fest, daß alle ihn neugierig beobachteten.
»Was ist los, Bruder?«
Gaunts Stimme war von Mißtrauen erfüllt.
»Ich glaube«,
sagte Athelstan, ohne sich um Cranstons warnenden Blick zu kümmern,
»daß Master Fitzroy nicht an einem Anfall gestorben ist,
sondern vergiftet worden
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