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Der Zorn Gottes

Der Zorn Gottes

Titel: Der Zorn Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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wünschen! Um Gottes
     willen, Bruder, sieh dir bloß diesen Reichtum an!«
    Athelstan betrachtete seinen
     Becher, den Teller und die Messer; alles war aus purem Gold und Silber.
     Der Becher, den er beim Essen kaum angerührt hatte, war mit einem
     Vermögen an Edelsteinen besetzt; sie stammten aus der Beute, die
     Gaunt von seinen Kriegszügen in Frankreich mitgebracht hatte.
    »Was haben wir denn bis
     jetzt gegessen, Bruder?«
    »Neunaugen, Lachs,
     Hirsch, Eberbraten, Schwan und Pfau«, zählte Athelstan grinsend
     auf. »Und der Nachtisch kommt noch.«
    Er wollte Sir John weiter
     necken, als plötzlich Fitzroy, der Gildemeister der Fischhändler,
     aufsprang und an seinem pelzbesetzten Kragen zerrte; sein sonst immer
     rotes Gesicht war jetzt violett angelaufen, und er hustete und würgte.
     Die übrigen Gäste starrten ihn erstaunt an. Niemand rührte
     sich, als Fitzroy gegen die Tischkante taumelte, eine halbe Drehung machte
     und krachend zu Boden fiel. 
    Trotz seines vollen Bauchs
     sprang Cranston auf und eilte zu ihm, gefolgt von Athelstan. Fitzroy lag
     ausgestreckt auf der Seite; Augen und Mund standen offen, aber Athelstan fühlte
     kein Leben, als er an der bräunlichen Kehle nach dem Puls tastete. Er
     schob dem Mann den Finger in den Mund und vergewisserte sich, daß
     die Zunge frei lag; möglicherweise war Fitzroy ja daran erstickt. Er
     verbarg seinen Ekel und schob die Finger weiter hinein, aber die Kehle des
     Mannes war nicht blockiert. Cranston betastete Fitzroys Handgelenk, dann
     sein Herz.
    »Er ist hinüber«,
     knurrte er. »Tot wie einer von seinen verdammten Fischen, Gott hab
     ihn selig.«
    Die anderen stürzten
     unter Schreien und Rufen herbei, auch der junge König. Seinen jungen
     Jahren zum Trotz, drängte Richard sich kraftvoll vor.
    »Ist der Mann tot, Sir
     John?«
    »Gott schenke ihm die
     ewige Ruhe. Jawohl, Sire.«
    »Und was ist der Grund?«
    Athelstan zuckte die Achseln.
     »Ich bin kein Arzt, Euer Gnaden. Ein Schlaganfall vielleicht.«
    »Neffe, Ihr solltet
     nicht hier sein.« Gaunt schob sich heran und legte dem jungen
     Richard eine beringte Hand auf die Schulter.
    »Aber wir bleiben,
     Onkel, bis die Todesursache ermittelt ist. Du da, Mann!« Der König
     nickte einem der königlichen Bogenschützen zu, der an der Tür
     auf Posten stand. »Geh und hole Master de Troyes.«
    Gaunt schluckte seinen Ärger
     herunter, nickte dem Soldaten zu und bestätigte so den Befehl seines
     Neffen. Athelstan starrte den Toten an.
    »Das war kein
     Schlaganfall, Sir John«, sagte er leise. »Ich glaube nicht, daß
     Fitzroy eines natürlichen Todes gestorben ist.«
    Die übrigen
     protestierten lautstark, aber Sir John hockte sich neben Athelstan nieder
     und hielt schweigengebietend einen Finger an den Mund.
    Athelstan beugte sich über
     den Toten und schnupperte an seinem Mund. Er roch Wein, Braten und den
     bittersüßen Duft von etwas anderem, das ihn an eine verwelkende
     Rose mit einer starken Wermutnote erinnerte.
    »Hat Fitzroy vor dem
     Essen über Unwohlsein geklagt?« fragte Sir John unvermittelt.
    Bremmer, Sudbury, Marshall,
     Denny und Goodman standen beieinander und schüttelten die Köpfe.
    »Er war bester
     Gesundheit«, quiekte Denny.
    »Familie?« fragte
     Sir John, der immer noch neben der Leiche hockte.
    »Eine Frau und zwei
     verheiratete Söhne. Aber sie sind alle nicht in der Stadt.«
    Cranston nickte. Wie Lady
     Maude, verließen viele der Frauen führender städtischer
     Beamter und Kaufleute in den warmen Sommermonaten die Stadt und zogen
     hinaus in die kühlen Landhäuser. Athelstan blickte auf und
     betrachtete diese klugen, undurchschaubaren Männer eingehend. Einer
     von ihnen war seiner Meinung nach ein Giftmischer. Er stand auf, stieg
     über den Leichnam hinweg und setzte sich an Fitzroys Tisch. Der
     Silberteller enthielt Fleisch und andere Essensreste. Zwei Weinbecher
     standen da, jeder zu etwa einem Drittel voll mit rotem oder weißem
     Wein. Athelstan griff nach der goldgesäumten Serviette und
     betrachtete sie gründlich; er roch daran und dann auch an den Bechern
     und den Speiseresten. Es wurde still im Saal, und als er aufblickte,
     stellte er fest, daß alle ihn neugierig beobachteten.   
    »Was ist los, Bruder?«
     Gaunts Stimme war von Mißtrauen erfüllt.
    »Ich glaube«,
     sagte Athelstan, ohne sich um Cranstons warnenden Blick zu kümmern,
     »daß Master Fitzroy nicht an einem Anfall gestorben ist,
     sondern vergiftet worden

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