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Der Zorn Gottes

Der Zorn Gottes

Titel: Der Zorn Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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Gaunts drohendem Löwen auf ihrer
     Livree.
    »Lord Adam scheint mir
     ein kluger Kopf zu sein«, bemerkte Athelstan.
    »Ein guter Apfel in
     einem Faß voll fauler«, flüsterte Cranston aus dem
     Mundwinkel. »Er kommt aus dem Norden und hat seine Geschicke mit
     Gaunts Stern verbunden. Ich hoffe, daß das klug war. Wenn der Regent
     stürzt, stürzt er mit.«
    Endlich erreichten sie den
     Rosensaal, die luxuriöse, wenn auch kleine private Banketthalle des
     Rathauses. Der Diener führte sie hinein, und Athelstan und Cranston
     mußten blinzeln, als ihnen Hunderte von Kerzen entgegenfunkelten. Die
     anderen Gäste saßen bereits; sie achteten kaum auf die Neuankömmlinge
     und tuschelten miteinander, während ein Mundschenk Cranston und
     Athelstan zu ihren Plätzen führte.
    »Ein sehr vornehmer Ort«,
     flüsterte der Ordensbruder.
    »Vergiß nicht,
     Bruder«, murmelte Cranston, als sie sich setzten, »heute abend
     speisen wir mit einem Mörder!«

 
    Vier
    Cranston saß auf seinem
     Stuhl im Rosensaal und umschloß einen Weinbecher liebevoll mit
     beiden Händen.
    »Bin das erste Mal hier«,
     raunte er Athelstan zu.
    Der Ordensbruder musterte
     seinen dicken Freund besorgt. Wenn Cranston einen richtigen Rausch hatte,
     war er beängstigend unberechenbar. Er konnte einschlafen oder auch
     anfangen, diesen mächtigen Männern Vorträge zu halten. Aber
     im Augenblick schien der Coroner ganz ruhig zu sein, und Athelstan, der
     sparsam gegessen und getrunken hatte, schaute sich beifallig im Rosensaal
     um.
    Der Raum war kreisrund und
     erinnerte ihn an das Bild eines griechischen Tempels, das er einmal in
     einem Stundenbuch gesehen hatte. Die Decke war eine Kuppel mit geschickt
     verzierten, blankpolierten Stichbalken, die sich in der Mitte zu einer
     riesigen hölzernen und mit Blattgold belegten Rose trafen. Die Wände
     und die dunklen Tür- und Fensternischen waren aus behauenem Stein,
     und zwischen den Stützpfeilern aus Porphyr spannten sich Brokatbanner
     mit dem Königswappen oder den Insignien des Hauses Lancaster. Auf dem
     Marmorboden lag ein Teppich mit einer roten Rose in der Mitte, von der
     purpurne und weiße Strahlen ausgingen; am Ende eines jeden stand der
     Name eines der Ritter aus König Arthurs Tafelrunde. Über jedem
     Namen saß ein Gast an einem separaten Tisch, einer kleinen, mit
     silberweißem Tuch bedeckten Eichenholztafel. Auf
     dem Platz König Arthurs saß der junge Richard. Sein goldenes
     Haar war kunstvoll frisiert, und er trug ein silbernes Band um die blasse
     Stirn. Gekleidet war der junge König von Kopf bis Fuß in
     purpurroten Damast.
    Athelstan achtete nicht auf
     die Gespräche, die ihn umschwirrten; er betrachtete Richard, der ohne
     mit der Wimper zu zucken in den Saal starrte. Schließlich merkte er,
     daß der Bruder ihn anschaute, und er lächelte und zwinkerte
     boshaft. Athelstan grinste verlegen und wandte den Blick ab. Er hatte
     keine Angst vor Gaunt, der in scharlachroten Gewändern zur Rechten
     des Königs saß, aber er wußte, wie eifersüchtig der
     Regent auf die offensichtliche Zuneigung war, die der König Sir John
     Cranston und auch seinem Secretarius, Bruder Athelstan, entgegenbrachte.
     Der junge König wandte sich Hussey zu seiner Linken zu und plauderte
     mit ihm. Dabei hielt er in einer freundschaftlichen Geste das Handgelenk
     seines Lehrers umfaßt. Cranston war inzwischen bei seinem achten
     Becher Rotwein angekommen, aber jetzt schaute er doch Athelstan an und zog
     eine Grimasse: Daß der König bei einem formellen Bankett
     jemanden berührte, war ein Verstoß gegen die Etikette und
     zugleich das Zeichen höchster königlicher Gunst.
    Athelstan blickte zu Gaunt
     hinüber und war scharfsichtig genug, um den Hauch von Ärger zu
     sehen, der über das schwermütige Gesicht des Regenten huschte,
     obwohl Gaunt es zu verbergen versuchte, indem er sich über den sauber
     gestutzten, goldblonden Bart strich.
    »Wie ich schon sagte«,
     flüsterte Cranston dem Ordensbruder ziemlich geräuschvoll ins
     Ohr, »da gibt's kein Liebesgesäusel mehr. Hussey ist jetzt der
     Favorit des Königs und noch dazu sein
     Lehrer. Ein Mann von der Universität«, fügte er hinzu.
     »Was Hussey und der König wohl von Gaunts Freundschaft mit den
     Gildemeistern halten? Sieh dir diese Mistkäfer nur an!«
    Athelstan drückte
     Cranstons Arm. »Sir John, dämpft Eure Stimme. Habt Ihr gut
     gegessen?«
    Cranston lächelte.
     »So würde ich's mir im Paradies

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