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Der Zorn Gottes

Der Zorn Gottes

Titel: Der Zorn Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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auf seinen hochlehnigen
     Stuhl setzte und Athelstan ihm gegenüber Platz nahm, während sie
     ihrem »Herrn und Meister« die passenden Erfrischungen
     servierte.
    Endlich legte sich das
     Durcheinander. Sir John und Athelstan tauschten Neuigkeiten und
     Klatschgeschichten mit Lady Maude. Eine schwitzende Magd brachte die beiden Kerlchen herunter; sie
     schrien ihren Vater, der sie auf den Knien schaukelte, aus Leibeskräften
     an, bis sie vor Wut immer röter wurden. Athelstan betrachtete die
     strammen Säuglinge und warf dann einen bewundernden Blick auf Lady
     Maude. Insgeheim fragte er sich, wie ein so zartes Wesen zwei Kinder hatte
     zur Welt bringen können, die er für die stämmigsten Babys
     hielt, die er je gesehen hatte. Sie glichen einander wie ein Ei dem
     anderen mit ihren dicken Backen und kahlen Köpfen.
    Gog und Magog kamen herbei,
     schnupperten, stupsten und leckten - bis sogar Cranston, der solch
     liebevolles Chaos genoß, erklärte, nun sei es genug, und zum Rückzug
     in seine Kanzlei blies. Als er und Athelstan wohlbehalten in dem
     angekommen waren, was er sein »Heiligtum« nannte, lehnte der
     Coroner sich an die Tür und wischte sich den Schweiß von der
     Stirn.
    »Gott schütze uns«,
     sagte er leise. »Gottlob geruhte die Domina, gnädig zu sein.
     Glaub mir, Bruder, der alte John Cranston hat vor nichts Angst - außer
     vor Domina Maude und ihrer Wut.«
    Von Ferox und Bonaventura
     einmal nicht zu reden, dachte Athelstan, aber das behielt er für
     sich.
    »Nun«, begann
     Cranston, »wollen wir einen Blick in meine Akten werfen.« Er
     klappte den Deckel einer großen, eisenbeschlagenen Truhe auf, grub
     darin wie ein großer Hund und warf allerlei Pergamente über die
     Schulter hinter sich. Murmelnd und fluchend entrollte er eine Schriftrolle
     nach der anderen, nur um sie beiseite zu werfen.
    »Endlich!« krähte
     er dann triumphierend und hockte sich mit dem Rücken zur Wand auf den
     Boden. Er las die Pergamentrolle, studierte gierig ihren Inhalt; hin und
     wieder schrie er auf und schlug sich auf den Schenkel.
    »Schmutzige kleine
     Geheimnisse! Und der alte John kennt sie alle.« Er stand auf, warf
     Athelstan das Pergament zu und ging hinaus an die Treppe, um Boscombe zu
     rufen.
    »Geh hinauf zum Rathaus«,
     befahl er, »und sag dem Bürgermeister und den Gildeherren, der
     Lord Coroner wünsche sie unverzüglich zu sprechen, wegen der
     Geheimnisse des Master Sturmey.« Er grinste den bleichen Diener an.
     »Guck nicht so ängstlich! Du richtest ihnen aus, was ich dir
     gesagt habe, und beobachtest ihre Gesichter. Ich bin in einer Stunde im
     Ratszimmer.«
    Cranston wandte sich ab und räumte
     sein Arbeitszimmer auf, während Athelstan auf einem Schemel saß
     und das Pergament las.
    »Das kann ich nicht
     glauben«, murmelte er.
    »Oh doch.«
     Cranston grinste böse. »Wo Reichtum ist, da ist auch Sünde.
     Und sie sind alle auf die eine oder andere Weise darin verwickelt.«    
    Athelstan las weiter. Das
     Pergament war zwei Fuß lang, die Schrift klein und dicht. Das Ganze
     enthielt Memoranden und Berichte, Nachrichten und Abrechnungen. Athelstan
     mußte schließlich damit zum Fenster gehen, um es genauer zu
     studieren.
    »Ist Euch noch ein Name
     aufgefallen, Sir John?«
    »Welcher?«
    »Ein Master Nicholas
     Hussey, Chorist in St. Paul.«   
    Cranston kam herbei und las
     die Zeile über Athelstans Zeigefinger.
    »Bei den Eiern des
     Teufels!« hauchte er. »Bruder, du hast recht.« 
    Athelstan las weiter.
     Boscombe kam zurück und grinste von einem Ohr zum anderen; die
     Gildeherren und der Bürgermeister wollten Sir John sogleich
     empfangen, meldete er. Schnaubend wie ein Stier packte Cranston seinen
     Mantel und rannte geradezu die Treppe hinunter. Er rief Lady Maude ein
     Lebewohl zu und marschierte dann mit bösem Grinsen auf den Lippen die
     Cheapside hinauf. Athelstan hastete hinterher; er versuchte immer noch,
     den Bericht zu Ende zu lesen, gab aber schließlich auf und stopfte
     die Pergamentrolle in die Ledertasche zu seinem Schreibwerkzeug.
    »Das wird mir Spaß
     machen«, sagte Cranston leise. »Beobachte nur ihre Gesichter,
     Athelstan.«
    Der Bürgermeister und
     die Gildeherren warteten in der Ratskammer. Athelstan sah, daß die
     Diener fortgeschickt worden waren; keine Erfrischungen wurden angeboten,
     als Cranston und er mit knappen Worten aufgefordert wurden, an dem großen
     ovalen Tisch Platz zu nehmen. Goodman sah noch

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