Der Zorn Gottes
auf seinen hochlehnigen
Stuhl setzte und Athelstan ihm gegenüber Platz nahm, während sie
ihrem »Herrn und Meister« die passenden Erfrischungen
servierte.
Endlich legte sich das
Durcheinander. Sir John und Athelstan tauschten Neuigkeiten und
Klatschgeschichten mit Lady Maude. Eine schwitzende Magd brachte die beiden Kerlchen herunter; sie
schrien ihren Vater, der sie auf den Knien schaukelte, aus Leibeskräften
an, bis sie vor Wut immer röter wurden. Athelstan betrachtete die
strammen Säuglinge und warf dann einen bewundernden Blick auf Lady
Maude. Insgeheim fragte er sich, wie ein so zartes Wesen zwei Kinder hatte
zur Welt bringen können, die er für die stämmigsten Babys
hielt, die er je gesehen hatte. Sie glichen einander wie ein Ei dem
anderen mit ihren dicken Backen und kahlen Köpfen.
Gog und Magog kamen herbei,
schnupperten, stupsten und leckten - bis sogar Cranston, der solch
liebevolles Chaos genoß, erklärte, nun sei es genug, und zum Rückzug
in seine Kanzlei blies. Als er und Athelstan wohlbehalten in dem
angekommen waren, was er sein »Heiligtum« nannte, lehnte der
Coroner sich an die Tür und wischte sich den Schweiß von der
Stirn.
»Gott schütze uns«,
sagte er leise. »Gottlob geruhte die Domina, gnädig zu sein.
Glaub mir, Bruder, der alte John Cranston hat vor nichts Angst - außer
vor Domina Maude und ihrer Wut.«
Von Ferox und Bonaventura
einmal nicht zu reden, dachte Athelstan, aber das behielt er für
sich.
»Nun«, begann
Cranston, »wollen wir einen Blick in meine Akten werfen.« Er
klappte den Deckel einer großen, eisenbeschlagenen Truhe auf, grub
darin wie ein großer Hund und warf allerlei Pergamente über die
Schulter hinter sich. Murmelnd und fluchend entrollte er eine Schriftrolle
nach der anderen, nur um sie beiseite zu werfen.
»Endlich!« krähte
er dann triumphierend und hockte sich mit dem Rücken zur Wand auf den
Boden. Er las die Pergamentrolle, studierte gierig ihren Inhalt; hin und
wieder schrie er auf und schlug sich auf den Schenkel.
»Schmutzige kleine
Geheimnisse! Und der alte John kennt sie alle.« Er stand auf, warf
Athelstan das Pergament zu und ging hinaus an die Treppe, um Boscombe zu
rufen.
»Geh hinauf zum Rathaus«,
befahl er, »und sag dem Bürgermeister und den Gildeherren, der
Lord Coroner wünsche sie unverzüglich zu sprechen, wegen der
Geheimnisse des Master Sturmey.« Er grinste den bleichen Diener an.
»Guck nicht so ängstlich! Du richtest ihnen aus, was ich dir
gesagt habe, und beobachtest ihre Gesichter. Ich bin in einer Stunde im
Ratszimmer.«
Cranston wandte sich ab und räumte
sein Arbeitszimmer auf, während Athelstan auf einem Schemel saß
und das Pergament las.
»Das kann ich nicht
glauben«, murmelte er.
»Oh doch.«
Cranston grinste böse. »Wo Reichtum ist, da ist auch Sünde.
Und sie sind alle auf die eine oder andere Weise darin verwickelt.«
Athelstan las weiter. Das
Pergament war zwei Fuß lang, die Schrift klein und dicht. Das Ganze
enthielt Memoranden und Berichte, Nachrichten und Abrechnungen. Athelstan
mußte schließlich damit zum Fenster gehen, um es genauer zu
studieren.
»Ist Euch noch ein Name
aufgefallen, Sir John?«
»Welcher?«
»Ein Master Nicholas
Hussey, Chorist in St. Paul.«
Cranston kam herbei und las
die Zeile über Athelstans Zeigefinger.
»Bei den Eiern des
Teufels!« hauchte er. »Bruder, du hast recht.«
Athelstan las weiter.
Boscombe kam zurück und grinste von einem Ohr zum anderen; die
Gildeherren und der Bürgermeister wollten Sir John sogleich
empfangen, meldete er. Schnaubend wie ein Stier packte Cranston seinen
Mantel und rannte geradezu die Treppe hinunter. Er rief Lady Maude ein
Lebewohl zu und marschierte dann mit bösem Grinsen auf den Lippen die
Cheapside hinauf. Athelstan hastete hinterher; er versuchte immer noch,
den Bericht zu Ende zu lesen, gab aber schließlich auf und stopfte
die Pergamentrolle in die Ledertasche zu seinem Schreibwerkzeug.
»Das wird mir Spaß
machen«, sagte Cranston leise. »Beobachte nur ihre Gesichter,
Athelstan.«
Der Bürgermeister und
die Gildeherren warteten in der Ratskammer. Athelstan sah, daß die
Diener fortgeschickt worden waren; keine Erfrischungen wurden angeboten,
als Cranston und er mit knappen Worten aufgefordert wurden, an dem großen
ovalen Tisch Platz zu nehmen. Goodman sah noch
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