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Der Zuckerkreml

Der Zuckerkreml

Titel: Der Zuckerkreml Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vladimir Sorokin
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(missmutig): Wer! Wer! Luzifer! … Die
     Opritschniki natürlich.
    Sofron: Dort hast du ihr Zeichen über dem
     Tor. Schuld und Sühne.
    Wanjuscha: An einem Stecken, ja?
    Soplja (grimmig): Am Stecken, jawohl.
    Wanjuscha: Und rein gar nichts ist heil
     geblieben?
    Sofron: Kein Stück.
    Wanjuscha: Und der Garten?
    Frolowitsch: Welcher Garten?
    Wanjuscha: Na, wo die Äpfelbäume standen.
    Frolowitsch (schaut umher): Der Garten könnte heil
     geblieben sein … da hinter der Brandstätte. Das ist doch der Garten, Sofron, nicht
     wahr?
    Sofron: Sieht so aus.
    Vanjuscha: Ich liebe Gärten. Dieser Duft
     darinnen!
    Soplja: Duft,Duft … Mir
     tun die Füße weh, im Wanst ist bohrende Ebbe, und du redest von Düften!
    Sofron: Was zu beißen könnte wirklich nicht
     schaden. Fressen und Spaß haben.
    Frolowitsch: Sobald wir ein Plätzchen
     gefunden haben, richten wir die Küche ein. (Nähert
     sich den Ruinen.) Und das steht wirklich vollkommen leer?
    Sofron: Wer soll da noch wohnen? Hunde und
     Krähengezücht.
    Wanjuscha (hält sich an Sopljas Schulter): Hunde
     gehen mit Vorliebe dahin, wo es gebrannt hat. Da haben sie’s warm.
    Soplja: Von wegen. Das Gut ist, meine ich,
     letzten Winter abgebrannt worden. Da hat es keine Wärme mehr – nur noch verkohltes
     Holz.
    Wanjuscha: Aber dass hier einmal Menschen
     gewohnt haben, das wittern die Hunde. Wo je ein Mensch gelebt hat, bleibt immer ein
     Rest Wärme zurück.
    Frolowitsch: Wir brauchen ein Feuer. Geht und sucht ein paar Knüttel,
     derweil rühr ich mit Wanja das Süppchen ein.
    Wanjuscha: Vielleicht hat es ja noch Äpfel
     im Garten?
    Soplja (läuft zwischen den Ruinen umher, sammelt
     angekohlte Holzscheite ein): Äpfel? Im April?!
    Wanjuscha: Wenn ein Garten verwildert,
     bleiben gern ein paar Äpfelchen still unterm Schnee liegen und warten auf den
     Frühling, wo sie ihre Samen unter sich in die liebe Erde lassen.
    Soplja: Und wenn sie nicht gestorben sind,
     so warten sie noch heut … (Lacht.) Ach,
     Wanja, du bist und bleibst ein heiliger Narr!
    Wanjuscha: Nein, Sopljuscha, das bin ich
     nicht. Dafür bete ich zu wenig. Um ein Gottesnarr zu werden, musst du zu Gott beten,
     dass der Heilige Geist herniederkommen und dich umfangen möge. Erst wenn das
     geschieht, wird einGottesnarr aus dir. Und so einer fürchtet weder
     Hunger noch Kälte, denn der Heilige Geist ist mit ihm. Ich hingegen friere und habe
     schrecklichen Kohldampf. (Lacht.) Ein
     schöner Gottesnarr!
    Soplja und Sofron schleppen einen Haufen Holzreste
     heran. Frolowitsch zückt ein Gasfeuerzeug und entfacht das Feuer, stellt ein
     Dreibein darüber, hängt einen Kessel an.
    Frolowitsch (an Sofron
     gewandt): Siehst du die Schneewehe am Zaun? Geh und füll den Kessel!
    Sofron nimmt den Kessel, geht Schnee schöpfen,
     kehrt zurück.
    Wanjuscha: Sag bloß, da liegt noch Schnee?
    Sofron: Und ob. Wo soll der so schnell hin sein! (Hängt den Kessel wieder an das Dreibein, schürt das
     Feuer.)
    Frolowitsch (breitet vor dem Feuer ein
     Stück Wachstuch aus): Was ist, packen wir aus?
    Soplja: Wer was hat zum Auspacken … Die anderen gucken zu.
    Sofron: Lass gut sein, Soplja. Heute hattest
     du kein Glück und morgen ich. (Schnürt sein Bündel
     auf.)
    Frolowitsch: Weißt du nicht mehr, Soplja,
     was der selige Zao immer gesagt hat? Du darfst dich nicht absondern. Bettle mit den
     anderen. Alle zusammen kriegen mehr, als der Einzelne kriegen kann.
    Sofron: Das ist die heilige Wahrheit. Zao
     war ein weiser Mann. Du hingegen, Soplja, bist ein Bruder Leichtfuß.
    Frolowitsch: Nicht mal ich ohne Bein geh alleine auf Tour! Und sogar
     Samson-auf-dem-Stumpf kriecht neuerdings mit den anderen. Es sind andere Zeiten
     heute! Einer ist keiner. Nur du willst alleine bleiben. Und nun bist du’s – ohne
     deinen Sack! (Lacht.)
    Soplja (gerät außer sich): Ja, was denn, hab ich
     etwa nurfür mich was einheimsen wollen? Ich hab nur das Beste
     gewollt …
    Sofron: Gewollt, ja. Nun stehst du da ohne
     Sack.
    Frolowitsch und Sofron lachen.
    Soplja: Ihr könnt mich mal …
    Vanjuscha (berührt Soplja): Haben sie dir den Sack abgenommen, Sopljuscha? Sei’s drum. Es gibt viele böse
     Menschen heutzutage. Das Böse heckt, es heckt, solange das Gute ihm nicht den Riegel
     vorschiebt. Und dafür braucht es Zeit … Nimm meinen Sack, Sopljuscha. Ich hab tiefe
     Taschen, da kann ich die Gaben verstauen. Nimm!
    Sofron: Es geht nicht um den Sack, Wanja.
     Mitdenken muss man.
    Soplja: Du und Frolowitsch, ihr seid

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