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Der Zusammenbruch

Der Zusammenbruch

Titel: Der Zusammenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Mülhausens herübertönenden Glockenklänge in Liedern Luft.
    Als es aber auf neun Uhr ging, verbreitete sich eine Bewegung, Offiziere liefen vorbei, und Leutnant Rochas, dem Hauptmann Beaudouin einen Befehl übermittelt hatte, ging an den Zelten seines Zuges vorbei.
    »Zelte abbrechen! Alles einpacken! es geht weiter.«
    »Aber unsere Suppe?«
    »Nächstens gibt's mal Suppe! es geht sofort weiter!«
    Gaudes Horn ertönte gebieterisch. Bestürzung, stummer Zorn herrschte. Was? aufbrechen ohne zu essen, nicht mal eine Stunde warten, bis die Suppe fertig war! Die Korporalschaft wollte trotzdem die Brühe trinken, aber sie war noch nichts als heißes Wasser, und das ungare Fleisch widerstand den Zähnen wie Leder. Chouteau brummte wütendes Zeug vor sich hin. Jean mußte dazwischenfahren, um die Vorbereitungen seiner Leute zu beschleunigen. War es denn so eilig, daß sie losziehen mußten und die Leute herumgehetzt wurden, ohne daß sie Zeit hatten, wieder zu Kräften zu kommen? Und als jemand Maurice erzählte, es ginge gegen die Preußen, um sich Genugtuung zu holen, da zuckte er ungläubig die Achseln. In weniger als einer Viertelstunde war das Lager abgebrochen, waren die Zelte zusammengenommen und auf den Tornistern verpackt, die Gewehre wieder auseinandergenommen, und auf der nackten Erde blieb nichts als die allmählich verlöschenden Feuer zurück.
    Ernste Gründe hatten General Douay zum Entschluß des sofortigen Rückzuges gefühlt. Die schon drei Tage alte Meldung des Unterpräfekten von Schlettstadt fand sich bestätigt: er erhielt telegraphisch die Nachricht, daß die Wachtfeuer der Markolsheim bedrohenden Preußen abermals gesehen wären, und andererseits meldete ein Telegramm, daß die Preußen den Rhein bei Hüningen überschritten hätten. Genaue Einzelheiten folgten im Überfluß: Artillerie und Kavallerie beobachtet, marschierende Truppen strebten von allen Seiten ihren Treffpunkten zu. Wartete er nur eine Stunde, so war seine Rückzugslinie auf Belfort sicher abgeschnitten. Nach den Niederlagen bei Weißenburg und Fröschweiler konnte der General auf seinem vereinsamten Vorposten keinen andern Gegenzug tun als sich schnellstens zurückzuziehen, um so mehr, als heute morgen eingetroffene Meldungen die der Nacht noch verschlimmerten.
    Der Stab war in scharfem Trabe vorausgegangen und bearbeitete die Gäule mit den Sporen, in der Angst, die Preußen möchten ihnen zuvorkommen und man sie schon in Altkirch vorfinden. General Bourgain-Desfeuilles, der einen harten Marsch voraussah, war so vorsichtig gewesen durch Mülhausen zu marschieren, um dort gründlich zu frühstücken, wobei er auf diese Herumschubserei schimpfte. Mülhausen war bei dem Durchzug der Offiziere tief betrübt; die Bewohner kamen bei der Ankündigung des Rückmarsches auf die Straße und beklagten sich laut über den plötzlichen Abmarsch der Truppen, deren Sendung sie so dringend erbeten hatten: sie sollten also im Stich gelassen werden? und sollten die auf dem Bahnhofe aufgehäuften, ganz unschätzbarenWerte dem Feinde überlassen werden, sollte ihre eigene Stadt noch vor Abend nichts weiter sein als eine eroberte Stadt? Weiterhin standen an den Straßen entlang und auf den Feldern die Bewohner der Dörfer und der einzeln liegenden Häuser voller Erstaunen und Bestürzung vor ihren Türen. Was? die Regimenter, die sie erst am Abend vorher hatten in die Schlacht ziehen sehen, die gingen zurück und flohen kampflos? Die Offiziere trieben düster ihre Pferde an und wollten keine Fragen beantworten, als ob das Unglück hinter ihnen her hetzte. Also hatten die Preußen wirklich bereits das Heer vernichtet, daß sie so von allen Seiten über Frankreich hereinbrachen wie das Hochwasser eines über seine Ufer getretenen Flusses? Die von panischem Schrecken ergriffenen Leute glaubten schon, in der stillen Luft das Rollen des entfernten Einmarsches zu hören, das von Minute zu Minute lauter wurde; schon füllten die Karren sich mit Möbeln, leerten sich die Häuser; reihenweise brachten sich Familien auf den Wegen in Sicherheit, auf denen die Furcht vorbeijagte.
    In der Unordnung des am Rhein-Rhône-Kanal entlang führenden Rückzuges mußten die 106er bei einer Brücke, dem ersten Kilometer ihres Marsches, haltmachen. Die schlecht ausgestellten und noch schlechter ausgeführten Marschbefehle brachten hier die ganze zweite Division zusammen, und der Übergang war so eng, höchstens fünf Meter breit, daß die Überschreitung sich ewig in die

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