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Der Zusammenbruch

Der Zusammenbruch

Titel: Der Zusammenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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durchschneiden,trat ein Pfleger heran und flüsterte ihm etwas ins' Ohr.
    »Nummer zwei ist eben zusammengebrochen.«
    In dem fürchterlichen Lärm verstand der Stabsarzt ihn nicht.
    »Sprechen Sie doch laut, Herrgott noch mal! Mir bluten die Ohren von deren ihrem verdammten Geschieße.«
    »Nummer zwei ist eben zusammengebrochen.«
    »Was für 'ne Nummer zwei?«
    »Der Arm.«
    »Ah! Schön! ... Na ja, dann bringen Sie mir Nummer drei, den Kinnbacken.«
    Und mit außerordentlicher Geschicklichkeit zertrennte er, ohne wieder abzusetzen, die Muskeln mit einem einzigen Schnitt bis auf den Knochen. Dann legte er Schienbein und Wadenbein bloß und führte zwischen sie eine dreiköpfige Kompresse ein, um sie festzuhalten. Mit einem einzigen Sägeschnitt trennte er sie dann ab. Und der Fuß blieb in der Hand des Lazarettgehilfen, der ihn gehalten hatte.
    Dank dem Druck, den der Hilfsarzt weiter oben am Schenkel ausübte, lief nur wenig Blut heraus. Das Abbinden der drei Schlagadern ging schnell. Aber der Stabsarzt schüttelte den Kopf, und als der Hilfsarzt einen Finger losließ, prüfte er die Wunde und flüsterte, da er sicher war, daß der Kranke ihn nicht verstand:
    »Das ist ärgerlich, die kleinen Schlagadern geben gar kein Blut mehr.«
    Durch eine Handbewegung vollendete er dann seinen Befund: wieder so ein armer Kerl zum Teufel! Und auf seinem schweißüberströmten Gesicht trat wieder die ungeheure Ermattung und Traurigkeit hervor, dies verzweiflungsvolle:Wozu denn noch? Weil von zehn ja doch keine vier zu retten waren. Er trocknete sich die Stirn und ging dann an das Überschlagen der Haut und die Anlage der drei zusammenlaufenden Nähte.
    Gilberte hatte sich wieder umgedreht. Delaherche hatte ihr gesagt, alles wäre in Ordnung und sie könne wieder hinsehen. Aber sie sah noch, wie ein Lazarettgehilfe das Bein des Hauptmanns hinter die Goldregenbüsche trug. Der Totenhaufen wuchs immer mehr an, zwei neue streckten sich dort schon wieder aus, der eine mit übermäßig weit aufgerissenem, ganz schwarzem Munde, so daß es aussah, als schrie er noch, der andere in einem gräßlichen Todeskampfe ganz zusammengeschrumpft, so daß er kaum noch die Größe eines schmächtigen, mißgestalteten Kindes hatte. Das Übelste war, daß der Abfallhaufen bereits auf den vorbeilaufenden Weg überzugreifen begann. Der Lazarettgehilfe wußte nicht recht, wo er das Bein des Hauptmanns am besten unterbringen könnte, und zauderte etwas; aber schließlich warf er es doch auf den Haufen.
    »Sehen Sie, nun sind wir fertig!« sagte Bouroche zu Beaudouin, als er erwachte. »Nun sind Sie darüber weg!«
    Aber der Hauptmann empfand beim Erwachen nicht die Freude, die gewöhnlich auf gut geglückte Operationen folgt. Er wollte sich etwas aufrichten, sank aber wieder zurück und stammelte mit kraftloser Stimme:
    »Danke, Herr Stabsarzt! Mir wäre es lieber, es wäre vorbei.«
    Jetzt empfand er aber doch das Brennen des Alkoholverbandes. Und als die Träger mit der Bahre herankamen, um ihn zurückzubringen, erschütterte ein furchtbarer Krach die ganze Fabrik; hinter dem Schuppen war eine Granate geplatzt,in dem kleinen Hofe, wo die Pumpe stand. Fensterscheiben flogen zersplittert umher und dichter Rauch drang in das Lazarett. Im Saale jagte ein panischer Schrecken die Verwundeten von ihrem Strohlager empor, alle schrien sie vor Furcht und wollten fliehen.
    Delaherche stürzte halbnärrisch davon, um sich über den angerichteten Schaden klarzuwerden. Sollte ihm jetzt alles vernichtet werden und sein Haus in Flammen aufgehen? Was ging denn nur vor? Wenn der Kaiser doch befohlen hatte, das Feuer einzustellen, warum fing es dann von neuem wieder an?
    »Herrgott noch mal! Tummeln Sie sich!« schrie Bouroche den schreckenstarren Trägern zu. »Waschen Sie mir den Tisch ab und bringen Sie Nummer drei her!«
    Der Tisch wurde abgewischt und abermals ein Eimer rotes Wasser im Bogen über den Rasen ausgegossen. Das Margueritenbeet war nur noch eine rote Masse mit Blut vermengter Blätter und Blüten. Und der Stabsarzt, dem jetzt Nummer drei hergebracht wurde, suchte sich dadurch etwas Erholung zu verschaffen, daß er eine Kugel ausfindig machte, die erst den Unterkiefer zerschmettert hatte und dann unter der Zunge steckengeblieben sein mußte. Das Blut lief heftig und klebte ihm die Finger zusammen.
    Hauptmann Beaudouin war im Saale wieder auf seine Matratze gelegt worden. Gilberte und Frau Delaherche waren der Bahre gefolgt. Sogar Delaherche selbst kam

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